Frage an Christian Carstensen von Ralf E. bezüglich Verkehr
Guten Tag Herr Carstensen,
mir bereitet es seit Jahren große Sorgen, wie sich die deutsche Radverkehrslandschaft entwickelt. Oft kommt es einem so vor, als wäre es unvorstellbar, dass sich Menschen aufs Rad setzen, ohne dass ein Radweg vorhanden ist. In manchen Kreisen sind die Bauämter der Meinung, dass Radfahrer auf der Fahrbahn immer gefährdeter sind und deshalb der Bau eines Radweges automatisch legitimiert ist.
Besonders bedenklich ist allerdings, dass es eigentlich keine Möglichkeit gibt, Radwege eindeutig als solche auszuschildern, ohne sie benutzungspflichtig zu machen. Deshalb werden überall die sog. Blauschilder (überwiegend 240) eingesetzt, die jedoch straßenbegleitend eine absolute Ausnahme sein müssen und einer sorgfältigen Überprüfung bedürfen. Doch bei all meinen Anfragen bzw. Beschwerden konnte mir noch *überhaupt* keine Behörde irgendein Gutachten hierzu vorlegen, rückt aber auch nicht von der Benutzungspflicht ab. Ich könnte 10.000e Klagen führen - zu Lasten der Steuerzahler!
Nun habe ich mehrfach mitbekommen, dass Bürgermeister oder Bauamtsleiter ihre Verkehrsplaner sogar dazu zwingen würden, wider besseren Wissens Radwege zu bauen und "blau" auszuschildern, obwohl die Voraussetzungen hierfür völlig fehlen. Frage: Wie viele Menschen müssen noch sterben, bis man endlich von diesen gefährlichen innerörtlichen Bordsteinradwegen ablässt, für deren Finanzierung ich keine Steuern zahlen möchte?
Weiterhin haben Sie vielleicht mitbekommen, dass "Ihr" Hamburg 2007 den Pannenflicken-Sonderpreis der Initiative Cycleride erhalten hat: http://cycleride.de/rund_ums_fahrrad/pannenflicken/2007/#sonderpreis
Ständig erreichen uns Beschwerden über die Radverkehrspolitik dieser Stadt, doch diese hat - entgegen aller anderen Preisträger - überhaupt nicht reagiert! Ich finde das nicht nur beschämend, sondern auch bezeichnend. Wie in aller Welt soll sich der Normalbürger gegen diese unglaubliche Behördenwillkür wehren?
Ralf Epple
Initiative Cycleride
Sehr geehrter Herr Epple,
vielen Dank für Ihre Frage nach Radwegen in Verbindung mit dem Zeichen 240 vom 29. August 2008.
Ich denke, dass wir uns einig sind, dass ein sicherer Straßenverkehr für alle Verkehrsteilnehmer das Ziel jeglicher Gesetzgebung sein muss.
Die nach § 2 Abs. 4 Satz 2 Straßenverkehrsordnung (StVO) vorgeschriebene Radwegebenutzungspflicht und das Zeichen 240 dienen der Entmischung des Fahrzeugverkehrs und erhöhen so die Sicherheit für Radfahrer und Kraftfahrzeugführer. Die Entscheidung für das Zeichen 240 als Kennzeichnung der Radwegebenutzungspflicht kann nur dann in Betracht kommen, wenn die Interessen des Radverkehrs das notwendig machen und wenn es nach den örtlichen Gegebenheiten und unter Berücksichtigung der Belange der Fußgänger im Hinblick auf die Verkehrssicherheit vertretbar scheint.
Dass Hamburg den Pannenflicker-Sonderpreis 2007 erhalten hat, passt in das Bild der vergangenen Jahre, in denen der Senat der allein regierenden CDU die Mittel für den Radverkehr in empörendem Maße zusammen gestrichen hat. Ich hätte mir bei der letzten Bürgerschaftswahl in Hamburg 2008 natürlich andere Mehrheitsverhältnisse gewünscht, um hier entgegenzusteuern. So ist für die Radfahrerinnen und Radfahrer in Hamburg nun zu befürchten, dass der CDU-Senat an den desaströsen Verhältnissen der Radwege nichts ändern wird.
In diesem Sinne verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Christian Carstensen