Frage an Christian Carstensen von Georg W. bezüglich Soziale Sicherung
Mich bewegen viele Fragen aber z.Zt. insbesonders folgendes. Ich bin seit Jahren Mitglied bei einer BKK und zahle aktuell einen Beitrag von 12,8 % (50% Zuschuss durch den Rententräger) . Nach Einführung des Gesundheitsfonds per 01.01.09 wird dieser Beitragssatz nach bisherigen Erkenntnissen über 15% liegen, d.h. mein Anteil wird dann von z.Zt. 6,4% auf voraussichtlich über 7,5% steigen. Das ist für mich als Rentner also eine deutliche Rentenkürzung und führt zu dem Ergebnis, dass meine Rente (trotz der sog. Erhöhung per 01.07.08 um ca. 1,1% weiter in der Kaufkraft verliert. Die letzten Jahre mit den ständig steigenden Inflationsraten lassen für die Zukunft nichts Gutes vermuten. Die Aussicht, dass die per 01.07.08 vorgenommenen Aussetzung des Riesterfaktors in 2 Jahren wieder zurück genommen werden soll, trägt nicht zu mehr positiver Erkenntnis bei. Mein Eindruck ist, dass ich als Rentner nur noch als "Kostenfaktor" wahrgenommen werde, den es zu "reduzieren" gilt. Was mich insbesondere dabei stört ist der Eindruck, dass es in unserem Lande immer mehr Ungerechttigkeit bei der Verteilung des Bruttosozialproduktes gibt. Der prozentuale Anteil der arbeitenden Bevölkerung geht ständig zurück während der Anteil der Kapitalseite ständig ansteigt. Erst heute habe ich wieder gelesen dass Lohnzurückhaltung empfohlen wird, damit keine Lohn-Preis-Spirale in Gang gesetzt wird. So etwas kann einem nach der Entwicklung der letzten Jahre wirklich nur noch ein müdes Lächeln entlocken. Auch durch ständige Wiederholung dieser Parole wird sie nicht zur Wahrheit. Was meinen Sie, wird eine derartige Politik, gerichtet gegen die Arbeitnehmer und Rentner, zu stabilen Wahlergebnissen bei der nächsten Bundestagswahl beitragen? Befürchten Sie nicht, dass Sie das nächste Mal (2009) nicht mehr gewählt zu werden? Ich mache mir Sorgen darum, dass die gute Politik der "sozialen" Marktwirtschaft auf der Strecke bleibt.
Sehr geehrter Herr Wulff,
herzlichen Dank für Ihre E-Mail vom 18. April 2008.
Zunächst zu Ihren Anmerkungen zum geplanten Gesundheitsfond:
Ziel des Gesundheitsfonds – der ab dem 01.01.2009 in Kraft treten wird – ist Neugestaltung der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Dabei sollen Beitragszahler den gleichen Beitragssatz zahlen. Somit wird im System der GKV etwas eingeführt, was in der gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung längst üblich ist – nämlich einheitliche Beitragssätze.
Jede Krankenkasse erhält in Zukunft pro versichertem Mitglied eine pauschale Zuweisung sowie ergänzende Zu- bzw. Abschläge je nach Alter, Geschlecht und Krankheit der Versicherten. Durch die Berücksichtigung schwerer und kostenintensiver chronischer Krankheiten trägt der Risikostrukturausgleich dem unterschiedlichen Versorgungsbedarf der Versicherten einer Krankenkasse Rechnung. Dieser Risikostrukturausgleich wird zeitgleich mit dem Gesundheitsfonds eingeführt. Durch das neue Finanzierungssystem wird die Arbeit der GKVen beim Leistungs- und Kostenmanagment transparent. Sie als Versicherter können dann in Zukunft selber beurteilen, ob Ihre Krankenversicherung gut wirtschaftet und Sie dies über finanzielle Vergünstigungen und Prämienauszahlungen an Sie auszahlt, oder ob Ihre Versicherung schlecht wirtschaftet und sogar noch Zusatzbeiträge erheben muss. Sollte letzteres der Fall sein, haben Sie haben die Möglichkeit, die Krankenkasse zu wechseln.
Das bedeutet: Ob ein einheitlicher Beitragssatz eine Rentenkürzung für Sie bedeutet hängt auch davon ab, welche Krankenkasse Sie persönlich wählen.
Zur Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung für Rentnerinnen und Rentner verweise ich auf eine Antwort des Kollegen Wiefelspütz hier bei Abgeordnetenwatch, der diesbezüglich eine Anfrage an Bundesgesundheitsministerium gestellt hatte. Das Ministerium antwortete wie folgt:
„Grundlage für die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge auf Renten ist nach § 247 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) der allgemeine Beitragssatz der einzelnen Krankenkasse. Aufgrund der Tatsache, dass Rentner keine Krankengeldanspruch haben, könnte zwar daran gedacht werden, den Beitragssatz für die Renten nicht an den allgemeinen Beitragssatz, sondern an dem "ermäßigten" Beitragssatz, der nach § 243 SGB V für alle Versicherten ohne Krankengeldanspruch gilt, zu orientieren. Die Beiträge der Rentner decken aber die für Sie entstehenden Leistungsaufwendungen nur zum Teil; der größere Teil dieser Aufwendungen wird aus den Beiträgen der Aktiven mitfinanziert.
Zwar haben auch die heutigen Rentner während ihres Arbeitslebens die damaligen Rentner mitfinanziert. Wegen der damals niedrigeren Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung und der vergleichsweise niedrigeren Leistungsausgaben der Krankenkassen war der von den Rentnern zu tragende prozentuale Anteil an den Leistungsaufwendungen aber erheblich geringer als der, der von den heutigen aktiven Beschäftigten aufgebracht werden muß. Um zu verhindern, dass dieser Anteil noch weiter steigt, ist es erforderlich, dass auch Rentner nach dem allgemeinen Beitragssatz zahlen. ..."
Ich kann Ihre persönliche Situation gut verstehen, möchte jedoch vor dem Hintergrund meiner vorgetragenen Argumente darauf verweisen, dass aktuelle Problematiken wie zum Beispiel die Folgen des gravierenden demographischen Wandels nicht aus dem Blick geraten. Und wenn wir weiterhin das Ziel einer „sozialen“ Marktwirtschaft verfolgen, dürfen wir auch die Situation der jüngeren Generation nicht aus dem Blick verlieren. Nur so schaffen einen vernünftigen gesellschaftspolitischen und generationsübergreifenden Ausgleich.
Sehr geehrter Herr Wulff, ich hoffe ich konnte Ihnen mit diesen Informationen eine wenig weiterhelfen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Christian Carstensen