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Christian Carstensen
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Frage von Tom V. •

Frage an Christian Carstensen von Tom V. bezüglich Verkehr

Eine einfache Frage zum Eigentumsrecht an der Deutschen Bahn AG. Die Privatisierung ist ja nicht unumstritten.
Mich treibt eine ganz andere Frage herum: Die Bahn wurde mit meinen und den Steuergeldern meiner Eltern und Großeltern aufgebaut. Warum sieht das Modell "Volksaktie" dann vor, daß ein Teil der Aktien an die Bevölkerung VERKAUFT wird? Als evtl. zukünftiger Mitaktionär der Bahn hätte ich dann das gekauft, was ich selbst finanziert habe.

Eine Privatisierung in dem Sinne, daß jeder Bundesbürger "seinen" Anteil an der DB AG in Form von Aktien erhält und damit dann verfahren kann, wie er möchte, ist anscheinend nicht diskutiert worden.

Warum nicht?

(ich habe diese Frage auch an Ihren Kollegen Herrn Fischer gestellt.)

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Vogt,

vielen Dank für Ihre Frage vom 24. Dezember 2008. Die (Teil)-Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn beschäftigt die Bundesregierung, den Bundestag und auch die Öffentlichkeit nun schon über 2 Jahre. Sie fragten, weshalb nie darüber nachgedacht wurde die Volksaktie einfach an die Bürger zu verteilen. Sicherlich werden Sie verstehen, dass es auch beim Modell der Kapitalprivatisierung über eine sog. Volksaktie nicht darum geht, einfach eine größere Zahl an Beteiligten an der Deutschen Bahn zu schaffen, sondern das Unternehmen mit zusätzlichem Kapital auszustatten.

Die aktuelle Diskussion um die (Teil-) Kapitalprivatisierung ist der Schlusspunkt einer Bahnreform, die bereits im Jahr 1994 eingeleitet wurde. Die beiden wesentlichen Ziele waren und sind, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen und den Bundeshaushalt nachhaltig zu entlasten. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die heutige Situation auf dem europäischen Eisenbahnmarkt nicht mehr mit jener aus der „alten Zeit der Staatsbahn“ zu vergleichen ist. Verkehrsdienstleistungen auf der Schiene werden in Europa nicht mehr im wettbewerbsfreien Raum angeboten und Transport und Personenverbindungen werden keineswegs nur mehr innerhalb nationaler Grenzen nachgefragt. Um sich im europäischen Wettbewerb erfolgreich behaupten zu können und strategische Investitionen zu tätigen, braucht die DB AG daher in den nächsten Jahren einen größeren finanziellen Spielraum. Einen Spielraum, der aus unserem Staatshaushalt nicht geleistet werden kann und soll. Alternative ist daher, private Investoren an der Bahn zu beteiligen um so an die nötigen finanziellen Mittel zu gelangen.

Zu Recht wurden im Zuge der Debatte um die (Teil-) Kapitalprivatisierung die Frage aufgeworfen, wer diese privaten Investoren sind und welchen Einfluss sie durch ihre Investition auf die Geschicke der Deutschen Bahn - deren Hauptaufgabe auch weiterhin die flächendeckende Personenbeförderung in Deutschland sein muß - haben sollen. Innerhalb der SPD wurde aus diesem Grund das von Ihnen erwähnte Modell der „Volksaktie“ entwickelt. Kernelement dieses Modells ist die stimmrechtslose Vorzugsaktie. Inhaber dieser Aktie verfügen über kein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung, im Gegenzug steht ihnen aber eine garantierte Mindestverzinsung zu. So soll der Einfluss von strategischen Großinvestoren auf die Unternehmenspolitik der Deutschen Bahn verhindert werden.

Dieses „Volksaktien-Modell“ wurde auf dem SPD-Parteitag Ende Oktober 2007 in Hamburg mit großer Mehrheit beschlossen. Der Koalitionsausschuss von SPD und Union hat am 12. November 2007 dem Bundesverkehrsministerium den Auftrag gegeben, dieses sowie ein weiteres Modell (sog. „Holding-Modell“, eingebracht vom Bundesfinanzministerium) zu prüfen und bis zum März 2008 einen Bericht vorzulegen. Wie Sie der Presse sicherlich entnommen haben, steht die Union dem „Volksaktienmodell“ kritisch gegenüber, allerdings mangelt es gleichzeitig an eigenen Vorschlägen.
Ich hoffe sehr, dass im März die Weichen für die parlamentarische Arbeit gestellt werden, um zu einem zukunftsweisenden Ergebnis zu kommen, das sowohl die Interessen der Bahnkundinnen und -kunden, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DB AG und des Bundes widerspiegelt.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Carstensen