Frage an Christian Carstensen von Gerd Dr. L. bezüglich Verkehr
H A M B U R G E R S E G L E R – V E R B A N D
Sehr geehrter Herr Carstensen!
Wir befürchten, dass unter dem Deckmantel der Entbürokratisierung eine weitere Bürokratisierung des Wassersports betrieben wird. Das gilt insbesondere für Verschärfungen der Ausbildungsbestimmungen, Ausrüstungspflicht für Segelyachten und Kennzeichnungspflicht. In div. Presseberichten wird über die Liste der „Grausamkeiten“ für den Segelsport berichtet. Im Juni soll nach unserer Kenntnis der Verkehrsausschuss des Bundestages über die eingebrachten Anträge zu entsprechenden Regulierungsmaßnahmen von Großer Koalition und Opposition beraten. Der Segelsport gehört zu den sichersten Sportarten und wird vornehmlich in den Vereinen gepflegt. Dort erfolgt auch auf freiwilliger Basis die bestmögliche Ausbildung. Ich bitte Sie im Namen der Segler politisch darauf hinzuwirken,
• dass keine weiteren Pflicht-Führerscheine eingeführt werden. Ziel sollte sein, die Freiwilligkeit der verantwortungsbewussten Ausbildung zu fördern.
• die positive Wirkung des UKW-Seefunks zu fördern und den kleinen amtlichen Funkschein/ beschränkt gültiges Sprechfunkzeugnis mit praktischen, auf das Wesentliche beschränkten Prüfungsinhalten wieder einzuführen,
• die heute gültige Kennzeichnung: Flagge, Bootsname u. Heimathafen wie international üblich beibehalten und nicht erweitert wird,
• alle zu engen Auslegungen der Ausrüstungsvorschriften abgelehnt werden. Die wesentlichen Sicherheitsausrüstungen sind bekanntlich durch SOLAS geregelt und werden durch allgemeine seemännische Praxis selbstverständlich (z.B. Kompass, Seekarten, Ankergeschirr etc.) erfüllt.
• zu Einzelheiten eventueller Regelungen die betroffenen Sportverbände und weniger die industriellen Interessengruppen gehört werden.
Ich würde mich freuen, von Ihnen in dieser Angelegenheit zu hören.
Mit freundlichen Grüßen
i.A. Dr. Lau ( 2. Vorsitzender)
Sehr geehrter Herr Dr. Lau,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Wie Sie sicherlich wissen steht der Deutsche Segler-Verband bereits seit längerem in engem Kontakt mit meiner Fraktionskollegin Annette Faße.
Gerne erläutere ich Ihnen aber auch auf diesem Wege noch mal die Hintergründe des Antrags der Koalitionsfraktion „Attraktivität des Wassertourismus und des Wassersports stärken“.
Ziel ist, den Einstieg in Vereinfachungen für den Wassertourismus und den Wassersport zu erreichen bzw. Regeln daraufhin zu überprüfen, ob deren Aktualität noch gegeben ist. Der Antrag beinhaltet folglich Vorschläge, die der Zielsetzung entsprechen, den Bereich Wassersport zu fördern und explizit nicht zu überregulieren.
So wird die Bundesregierung in dem Antrag aufgefordert
1. durch eine öffentlichkeitswirksame Kampagne zur Erhöhung des Sicherheitsbewusstseins in der Sportschifffahrt beizutragen. Dazu soll das vorhandene Informationsmaterial überarbeitet und zusammengefasst werden.
2. die Sportschifffahrt betreffende Gesetze und Verordnungen auf den Internetseiten des Bundesministeriums für Verkehr unter der Rubrik Wassersport zu veröffentlichen.
3. eine zentrale Unfalldatenbank zu initiieren, in der die Unfälle mit Sportbooten gesondert erfasst werden.
4. die Rechtsvorschriften über die Sport- und Freizeitschifffahrt im Seebereich zum Zweck der besseren Übersichtlichkeit zusammenzuführen.
5. Zulassungskriterien und Prüfungsinhalte für den Erwerb eines Sportbootführerscheins grundsätzlich zu überprüfen, um veränderten Anforderungen im Wassertourismusbereich gerecht zu werden. Dabei ist der Praxisanteil zu erhöhen, der theoretische Teil zu reduzieren. Die Prüfungsinhalte der unterschiedlichen Führerscheine sind besser aufeinander abzustimmen, damit gleichartige Prüfungsgegenstände gegeneinander anerkannt werden können. Die Prüfung soll auf ein Multiple-Choice-Verfahren umgestellt werden. Im Bereich des Führerscheinwesens unterstütze ich die Erhöhung des praktischen Anteils und setze mich dafür ein, den Theorieteil zu kürzen.
6. die Einbeziehung des Sachkundenachweises für pyrotechnische Signalmittel in Form einer Einweisung in die Prüfungsinhalte für die amtlichen Sportbootführerscheine zu prüfen.
7. ein freiwilliges Weiterbildungsangebot der Ausbildungsstätten weiterhin zu unterstützen.
8. eine Überprüfung der Fragenkataloge zum Erhalt der Funkzeugnisse vorzunehmen mit dem Ziel, den Inhalt auf für die Handhabung des Funkverkehrs notwendige Fragen zu begrenzen.
9. die bestehenden verbindlichen Ausrüstungsstandards zu überarbeiten, um klare und übersichtliche Vorgaben zu erzielen. Zusätzlich soll eine Informationskampagne, die gemeinsam mit den Verbänden vorbereitet und durchgeführt wird, die Einhaltung der freiwilligen Sicherheitsstandards fördern.
Zudem soll die Einführung einer Kennzeichnungspflicht aus Sicherheitsgründen im Seebereich analog zum Binnenbereich unter Beachtung von bürokratischen und finanziellen Aspekten überprüft werden.
Ich denke, anhand der aufgelisteten Ziele des Antrags wird klar, dass Befürchtungen, von Seiten der Politik sei eine massive Regulierung geplant, unbegründet sind. Über die Einführung einer Kennzeichnungspflicht im Seebereich wird nach den Ergebnissen der Prüfung durch das Verkehrsministerium noch einmal verhandelt.
Der Verkehrsgerichtstag in Goslar und der Sicherheitsbeirat des Verkehrsministeriums haben sich ebenfalls mit Fragen der Sicherheit befasst und Empfehlungen erarbeitet. In der Folge wurde von einigen befürchtet, dass diese Überlegungen nun übergangslos eine Gesetzeswirkung entfalten, was nicht der Fall ist. Gleichwohl muss eine sachliche Überprüfung der Vorschläge durch das Ministerium möglich sein, denn Fragen der Sicherheit erhalten durch veränderte Rahmenbedingungen wie wachsender Verkehr immer wieder neue Aktualität. Diese Entwicklungen unbeachtet zu lassen wäre fahrlässig.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Carstensen