Frage an Christian Carstensen von Günter B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Guten Tag, Hr.Carstensen,
werden Sie dem Tornado-Einsatz in Afghanistan zustimmen?
Wie stehen Sie zur Forderung aus Kreisen der NATO nach
deutschen Bodentruppen im Süden Afghanistans?
Mit freundlichem Gruß
Günter Busse
PS.
Kommen Sie noch zum Gitarre-Spielen?
Sehr geehrter Herr Busse,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage.
Die Internationale Sicherheitsbeistandtruppe (ISAF) unterstützt die Regierung Afghanistans bei ihrer Aufgabe, für Sicherheit, Recht und Ordnung im ganzen Land zu sorgen. ISAF soll eine friedliche, politische Entwicklung Afghanistans gewährleisten.
ISAF hat beim Wiederaufbau Afghanistans Erfolge vorzuweisen. Insbesondere die deutsche Bundeswehr hat in ihrem Verantwortungsbereich zu einer Stabilisierung des Nordens Afghanistans beigetragen. Das ISAF-Mandat beinhaltet das Recht der ISAF-Soldaten auf Selbstverteidigung. Militärische Gewalt ist auch dann zulässig, wenn es darum geht, die Regierung und die Menschen in Afghanistan zu schützen. ISAF ist dabei klar abzugrenzen von der „Operation Enduring Freedom“, die die Bekämpfung des internationalen Terrorismus zum Ziel hat. Die relative Sicherheit unserer Soldaten beruht nicht zuletzt darauf, dass der Einsatz für den Wiederaufbau Afghanistans (ISAF) klar vom Antiterrorkampf (OEF) zu unterscheiden war.
Der jetzt geplante Einsatz von Tornados der Bundeswehr über ganz Afghanistan führt zu erheblichen Unschärfen bei dieser Aufgabenteilung.
Die Luftaufklärung der Bundeswehr-Tornados dient nach Aussage des Bundesverteidigungsministers Dr. Franz Josef Jung dem Schutz der ISAF-Truppen und der „Zielaufklärung vermuteter Stellungen militanter Widerstandgruppen“ (Operation Enduring Freedom).
Auch wenn es gelingt, die Einsatzbedingungen - insbesondere hinsichtlich der Zusammenarbeit zwischen ISAF und OEF - detailliert zu regeln, steht zu befürchten, dass Widerstandsgruppen in Afghanistan eine solche Differenzierung nicht nachvollziehen werden und die deutschen Tornados als Feindmaschinen bewerten.
Deutsche Soldaten könnten damit für Kriegsoperationen verantwortlich gemacht werden, auf deren Planung und Durchführung sie keinerlei Einfluss haben.
Dies hätte letztlich Auswirkungen auf das gesamte deutsche ISAF-Kontingent. Deutsche Stellungen der ISAF-Truppe könnten zunehmend Ziel von Angriffen und Anschlägen werden.
Der Einsatz deutscher Tornados wäre damit kein Beitrag zur Stabilisierung der Lage in Afghanistan. Das Gegenteil wäre der Fall.
Ich sehe daher in der Entsendung von „Recce-Tornados“ nach Afghanistan ein nicht vertretbares Risiko für unsere deutschen Soldaten und für das Gelingen des ISAF-Einsatzes insgesamt und habe deshalb den Antrag zum Einsatz im Bundestag abgelehnt.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Carstensen