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Christel Happach-Kasan
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Frage von Dennis R. •

Frage an Christel Happach-Kasan von Dennis R. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Dr. Happach-Kasan,

ausschlaggebend für meine Kontaktaufnahme ist dieses TAZ-Zitat ( http://www.taz.de/Sieg-fuer-Anti-Gentech-Bewegung/!117205 ), in dem Sie sich zu dem Monsanto-Beschluss wie folgt äußersten: „Monsantos Entscheidung ist ein Verlust für Deutschland und Europa."

Auch sind Sie als Biologin für eine sog. grüne Gentechnik und schreiben auf Ihrer Internetseite "Gentechnisch veränderte Baumwolle verbessert nachweislich in Indien das Einkommen von vielen Kleinbauern."

Meine erste Frage an Sie: wie kommen Sie zu der Auffassung, dass gentechnisch veränderte Baumwolle in Indien den Lebensstandart vieler Kleinbauern erhöht? Wo doch selbst so ein "kritisch" berichtendes Blatt wie der Spiegel einst berichtete, dass "die Pflanzenkeime, die der Saatgut-Multi Mahayco-Monsanto Biotech vor vier Jahren eingeführt hat, dreimal so teuer sind wie konventionelle Samen" und "heute als Flop für die Bauern gelten?"

Meine zweite Frage: können Sie als Biologin mit Sicherheit sagen, wie sich in kommenden Generationen gentechnisch veränderte Lebensmittel langfristig auf die Gesundheit der Menschen auswirken werden, wo doch nirgendwo auf der Welt dazu untersucht wird?

Und vor allem: wie sehen Sie das als Mensch, als Verbraucher? Wenn wir uns als Gesellschaft einer Technologie bedienen, die wir mangels Abschätzung der Konsequenzen, nicht durchschauen können, meinen Sie, wir können dann von Fortschritt reden? Wem gilt dieser Fortschritt? Den Bilanzen multinationaler Konzerne wie Monsanto, denen die Gesundheit ihrer Abnehmer am Herzen liegt?

Mit freundlichen Grüßen,

Dennis Roemer

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Roemer,

nach Bayer und BASF verzichtet nun auch Monsanto darauf, für Produkte der Grünen Gentechnik in Deutschland zu werben. Alle drei Unternehmen haben wie auch andere Unternehmen, deren Engagement in der Anwendung der Gentechnik weniger öffentlich geworden ist, schon vorher ihre Forschungsaktivitäten in Deutschland eingestellt und ins Ausland verlagert.
Aus diesem Grund habe ich in meiner Pressemitteilung formuliert:
"Gentechnik ist auch in Europa Alltag. Jeder hat Geldscheine im Geldbeutel hergestellt aus GVO-Baumwolle und isst Käse, hergestellt mit Enzymen von gentechnisch veränderten Organismen. Dennoch wird die Züchtungsmethode, auf der diese Produkte beruhen von vielen Menschen abgelehnt. Der Jubel der Gegner dieser Züchtungsmethode darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Entscheidung der Unternehmen, in Europa auf die Entwicklung und Vermarktung von GVO-Sorten zu verzichten, ein Verlust für Deutschland ist. Pflanzensorten, die weniger Pflanzenschutzmittel erfordern, stehen den Landwirten damit nicht zur Verfügung. Das schadet dem Naturschutz. Die Entscheidung der Unternehmen bedeutet den Verlust von Wissen, den Verlust von Arbeitsplätzen für hoch qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, den Verlust von Chancen für gut ausgebildete Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und damit den Verlust von Wertschöpfung im eigenen Land."

Europa importiert etwa 40 Mio. Tonnen Futtermittel, zumeist hergestellt aus gentechnisch veränderten Pflanzen. Wir importieren also Monsanto-Technologie, statt eigene Entwicklungen voranzubringen. Vor 30 Jahren war das Max-Planck-Institut in Köln bei der Gentechnik Spitze, jetzt wird gefeiert, dass Unternehmen, Europa allein als Importmarkt sehen, nicht jedoch als Standort für Forschung. Das ist keine gute Entwicklung für junge Menschen mit guter Ausbildung. Die FDP tritt dafür ein, entsprechend der wissensbasierten Bewertung der Gentechnik für die Züchtung von Mikroorganismen zur Produktion von Arzneimitteln und Zusatzstoffen für Nahrungs- und Futtermitteln auch die Anwendung der Gentechnik bei der Züchtung von Pflanzen wissensbasiert zu beurteilen.

Zum Baumwollanbau in Indien:
Zur Situation der Baumwollbauern in Indien gibt es im Internet sehr viele Darstellungen. Es ist die Frage, wem kann ich vertrauen. Einzelfallschilderungen sind ungeeignet, die Situation der Baumwollbauern in Indien zu erfassen.
Ich vertraue den Untersuchungsergebnissen von Prof. Matin Qaim, Agrarwissenschaftler an der Universität Göttingen, der sich seit mehreren Jahren mit dem Thema beschäftigt und im vergangenen Jahr eine Langzeitstudie veröffentlicht hat. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass Bt-Baumwolle 24 % höhere Erträge erbrachte als konventionell gezüchtete Baumwolle, der Gewinn der Landwirte, die Bt-Baumwolle angebaut haben um 50% höher war und die Konsumausgaben der Bt-Baumwollbauern um 18% höher waren. Diese Effekte waren stabil.

Link zur an die Presse gegebenen Veröffentlichung:
http://www.transgen.de/aktuell/1679.doku.html

Link zur Originalveröffentlichung:
http://www.pnas.org/content/early/2012/06/25/1203647109.full.pdf+html

Link zu Diskussionen über Bt-Baumwolle in Indien:
http://www.gute-gene-schlechte-gene.de/mythen-und-legenden-teil-3/
http://www.gute-gene-schlechte-gene.de/gentechnik-baumwolle-indien/

Das Ergebnis von Prof. Qaim ist sehr plausibel. Innerhalb von 11 Jahren hat der Anbau von Bt-Baumwolle in Indien einen Flächenanteil von 90% erreicht. Indien wurde zum Baumwollexportland. Dieser Erfolg der Bt-Baumwolle fußt auf den Entscheidungen der Kleinbauern, die gezielt diese Baumwollsorten ausgewählt haben. Sie hätten sich auch für konventionell gezüchtete Sorten entscheiden können.
Laut einer 2010 veröffentlichten Broschüre der Deutschen Forschungsgemeinschaft standen 2007 den Kleinbauern in Indien 131 Bt-Baumwollsorten zur Verfügung. Bei Beginn der Einführung von Bt-Sorten in Indien sind Sorten angewendet worden, die nicht an den jeweiligen Standort angepasst waren. Diese Situation beschreibt der Spiegelartikel, den Sie erwähnt haben. Dies hat sich inzwischen geändert.
http://www.dfg.de/download/pdf/dfg_magazin/forschungspolitik/gruene_gentechnik/broschuere_gruene_gentechnik.pdf

Zur Sicherheit:
Die Züchtungsmethode der Entwicklung transgener Organismen wird seit 1973 genutzt, um Mikroorganismen zu züchten, die Wirkstoffe für Arzneimittel wie Insulin, Impfstoffe, Zusatzstoffe für Nahrungs- und Futtermittel wie Vitamine und Aminosäuren, Enzyme wie Chymosin für die Käseproduktion herzustellen. Mir sind keine Probleme mit zugelassenen Produkten bekannt. Die Methode, ein aus einem Organismus isoliertes Gen, in ein anderes Genom einzufügen, ist nach menschlichem Ermessen sicher.
1983 wurde die erste transgene Pflanze gezüchtet (MPI Köln und Monsanto). Transgene Pflanzen sind seit 1996 für den kommerziellen Anbau zugelassen. Sie werden inzwischen auf über 170 Mio. Hektar angebaut. Mir ist kein einziges Beispiel bekannt, das einen Schaden bei Mensch oder Tier durch den Verzehr von Produkten von transgenen Pflanzen belegt. Nach menschlichem Ermessen sind die zugelassenen transgenen Sorten sicher.
Im Übrigen: Gene sind nicht giftig, wir alle essen täglich fast ein Gramm Genmaterial. Von welchem Organismus das Genmaterial stammt, ist für unser Verdauungssystem ohne Bedeutung. Es unterscheidet auch nicht, ob das Eiweiß vom Ei stammt oder aus der Kartoffel. Die Wirkstoffe, die durch die in transgenen Pflanzen eingefügten Gene produziert werden, werden sorgfältig auf ihre Verträglichkeit getestet und anschließend ebenfalls die transgenen Pflanzen. Ich habe keine Bedenken, Produkte von transgenen Pflanzen zu essen. Im vergangenen Jahr habe ich für die Gäste auf meinem Dreikönigsempfang Weihnachtsplätzchen mit Zucker von transgenen Zuckerrüben gebacken. Sie wurden von den meisten Gästen gern mitgenommen.
Die Frage, wer durch die Nutzung transgener Pflanzen einen Gewinn hat und wie hoch er ist, , lässt sich nicht pauschal beantworten. Die Verteilung des Mehrwerts durch den Anbau transgener Pflanzen ist sehr unterschiedlich und stark abhängig von dem jeweiligen Rechtsrahmen der Länder, in denen diese Sorten angebaut werden. Ein Überblick ist in der erwähnten DFG-Broschüre auf S. 75 zu finden. Sicher ist jedoch, dass Landwirte solche Sorten bevorzugen, deren Anbau für sie einen Gewinn verspricht. Der seit 1996 kontinuierliche Zuwachs der Anbaufläche von gentechnisch veränderten Pflanzensorten spricht dafür, dass Landwirte unabhängig davon, wie viele Hektar sie bewirtschaften, zunehmend von den Qualitäten gentechnisch veränderter Sorten überzeugt sind.
Auch multinationale Konzerne haben das Bestreben, gute Produkte zu entwickeln, denn sonst besteht die Gefahr, dass sie ihre gute Marktposition verlieren. Gleichzeitig ist es immer eine politische Aufgabe, die Marktposition multinationaler Konzerne im Zaum zu halten, Monopolbildungen zu verhindern und für faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen. Das ist im internationalen Rahmen deutlich schwieriger als im nationalen Rahmen, wo die Kartellbehörde einen erheblichen Einfluss hat.

Mit freundlichen Grüßen

Christel Happach-Kasan