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Christel Happach-Kasan
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Frage von Christian V. •

Frage an Christel Happach-Kasan von Christian V. bezüglich Wirtschaft

Auf Ihrer Homepage schrieben Sie gestern:

"Das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit darf nicht von PR-Strategen staatlich geförderten Öko-Konzernen als Instrument des Marketing instrumentalisiert werden."

Sie nennen in diesem Zusammenhang die Unternehmen Lichtblick, Naturstrom und EWS, die allesamt Ökostrom verkaufen und damit als drei von wenigen Unternehmen in Deutschland gerade keinen EEG-Strom mit garantierter Einspeisevergütung im Angebot haben. Die Bezeichnung "Konzern" ist für diese mittelständischen Unternehmen mit etwa dreißig bis dreihundert Mitarbeitern zudem grob irreführend.

Bitte erläutern Sie, worin die staatliche Förderung dieser Unternehmen besteht.

MfG, Christian Völker

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Völker,

ich bedanke mich für Ihre Frage. Ich bin mir bewusst, dass ich in meiner Pressemitteilung eine Meinung vertreten habe, die der vielfach vorherrschenden Meinung widerspricht. Ich bin jedoch der Auffassung, dass mit Demonstrationen gegen die Stromerzeugung keine einzige Kilowattstunde Strom produziert wird. Angesichts von Protesten gegen Kernenergie genauso wie gegen Biogasanlagen oder Windkraft, gegen die CCS-Technologie sowie den Ausbau der Stromnetze bin ich als Politikerin aufgefordert, darauf aufmerksam zu machen, dass wir Stromproduktion und Stromnetze brauchen.

Die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien wollen den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben. Dies folgt der Einsicht, dass wir mittel- bis langfristig einen Umbau der Energieproduktion brauchen. Der Ersatz fossiler Brennstoffe wie Braunkohle, Steinkohle, Erdöl und letztlich auch Erdgas durch erneuerbare Energieträger ist eine dringende Aufgabe. Dadurch werden verschiedene Ziele erreicht: Der Schutz des Klimas, die Verminderung der Abhängigkeit von Importen von Energieträgern, die Schonung der Vorräte von endlichen Energieträgern.

Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, bis 2020 20% des Primärenergieverbrauchs aus erneuerbaren Energien zu erreichen. Um dies Ziel zu erreichen, werden erneuerbare Energien in Deutschland gefördert. Dies ist ein ehrgeiziges Ziel. Der Anteil erneuerbarer Energien steigt pro Jahr zwischen ein und zwei Prozent, derzeit sind wir bei einem Anteil von etwa 9% angelangt.

Das wichtigste Förderinstrument im Bereich der Stromproduktion ist das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG). Die Netzbetreiber werden verpflichtet, Strom aus erneuerbaren Energien einzuspeisen und an die Produzenten werden politisch festgelegte Strompreise gezahlt. Erst die Garantie der Einspeisung und die politisch festgesetzten Preise machen es für Investoren attraktiv, in erneuerbare Energien zu investieren. Diese politisch im EEG festgesetzten Preise werden von den Stromkunden bezahlt. Das heißt, wir haben eine politische Förderung, die von den Stromkunden bezahlt wird.

Das Unternehmen Lichtblick schreibt dazu: "2010 steigen auch die Kosten für den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Dann entfallen etwa acht Prozent Ihrer Stromrechnung auf die Förderung der umweltfreundlichen Stromerzeugung. Die Süddeutsche Zeitung schreibt zu Recht: "Ein Vorschuss auf die günstige Energie von morgen." Denn Windkraft-, Fotovoltaik- und Biomasseanlagen, die durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert werden…" Die vom Unternehmen bekannt gemachte Preissteigerung für Strom ist möglicherweise dem über der Erwartung liegenden verstärkten Zubau von Photovoltaikanlagen im vergangenen Jahr geschuldet. Diese war Anlass für die Koalition, jetzt das EEG zu novellieren.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) warnt in seiner Pressemitteilung vom 22. 4. „Mit einer zusätzlichen Strompreiserhöhung um zehn Prozent müssen die privaten Haushalte in Deutschland im kommenden Jahr rechnen. (…) Grund ist das enorme Wachstum von Solaranlagen, die Stromkunden über eine Umlage subventionieren.“ Derzeit beträgt die Umlage zwei Cent pro kWh. Der vzbv erwartet, dass sie sich verdoppelt, das entspricht einer Strompreiserhöhung um etwa 10 % (http://www.vzbv.de/go/presse/1299/index.html).

Ohne das EEG wäre das Angebot an Strom aus regenerativen Energiequellen deutlich geringer. Die Förderung durch das EEG gibt Produzenten sichere Absatzwege und sichere Preise, kommt aber auch den Stromhändlern im Sektor "Ökostrom" zu Gute. Ohne das EEG spielten diese Anbieter auf dem Markt keine wesentliche Rolle, da derzeit Ökostrom weitgehend noch immer nicht zu wettbewerbsfähigen Preisen angeboten werden könnte. Vor diesem Hintergrund ist es legitim, von einer Förderung der von ihnen genannten Unternehmen zu sprechen.

Sie stellen in Ihrer Frage fest, es handele sich um Anbieter, die "keinen EEG-Strom mit garantierter Einspeisevergütung im Angebot haben". Dagegen stellt "Lichtblick" auf seiner Website fest: "Der EEG-Anteil von LichtBlick-Strom liegt mit 19 Prozent höher als der bundesweite Durchschnitt von 16 Prozent." Die Firma EWS erklärt auf Ihrer Homepage, der EEG-Anteil am EWS-Strom läge bei 17,9 Prozent.

Der von ihnen kritisierte Begriff "Konzern" sagt nichts über die Größe eines Unternehmens aus. Als Konzern bezeichnet man den Zusammenschluss mehrerer rechtlich selbstständiger Unternehmen zu einer wirtschaftlichen Einheit unter einer einheitlichen Leitung. Die dabei verbundenen Unternehmen nennt man Konzernunternehmen. Laut wikipedia sind die NaturStromQuelle Eins GmbH & CO KG, die NaturStromQuelle Drei GmbH & Co KG und die WindStrom Hüll GmbH & Co KG drei Projektgesellschaften, die regenerative Erzeugungsanlagen betreiben und an denen die Naturstrom AG mit mindestens 50 % beteiligt ist. Darüber hinaus bestehen weitere Minderheitsbeteiligungen. Die NaturStromAnlagen GmbH (50-%-Tochterunternehmen, die anderen 50 % werden von der eco eco AG gehalten) projektiert und errichtet Anlagen zur Erzeugung regenerativer Energien und kümmert sich um Betriebsführung und Service.

Die Lichtblick AG ist eine 100prozentige Tochter der Turina Holding GmbH & Co KG. Die Turina Holding ist laut Lichtblick im Besitz überwiegend Hamburger Kaufleute. Sie gehört zu 90 Prozent dem Hamburger Unternehmer Michael Saalfeld. Laut wikipedia ist Michael Saalfeld Gründer und Miteigentümer der Concord Power GmbH, die in der Zeit von April 2002 bis Februar 2004 zusammen mit EnBW ein GuD-Kraftwerk in Lubmin geplant hat. Im Jahre 2008 stellte Lichtblick nach Angaben von Geschäftsführer Tschischwitz der schwarz-grünen Koalition in Hamburg Pläne für ein 500 bis 800 Millionen Euro teures Gaskraftwerk für 400 bis 800 Megawatt Strom und 400 Megawatt Fernwärme vor.

Sowohl Lichtblick als auch Naturstrom wurden 1998 gegründet. Das ist das Jahr des Regierungsantritts von rot-grün. 2000 trat das erste EEG in Kraft. Es erweiterte das von der christlich-liberalen Koalition zuvor für Strom aus Windkraftanlagen verabschiedete Einspeisungsgesetz auf weitere Energieträger.

Ich teile nicht die Auffassung dieser Unternehmen, dass die Verlängerung der Laufzeit der Kernkraftwerke die Absatzchancen für erneuerbare Energien mindern. Angesichts des hohen Anteils der fossilen Energieträger am Primärenergieverbrauch sollten alle Anstrengungen unternommen werden, diese zu ersetzen, statt vorrangig auf die Abschaltung der Kernkraftwerke zu setzen.

Anbieter von so genanntem Ökostrom sind normale Wirtschaftsunternehmen. Nach meiner Auffassung gehört das Sponsoring von Demonstrationen nicht zu deren Geschäftsfeldern.

Im "Cleantech-Magazin" habe ich im Dezember des vergangenen Jahres meine Position zum Thema Solarstrom dargelegt: http://www.happach-kasan.de/?seite=search&newsid=1375.

Mit freundlichen Grüßen
Christel Happach-Kasan