Frage an Charlotte Schneidewind-Hartnagel von Helmut S. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Schneidewind-Hartnagel,
während der rotgrünen Regierungszeit hat die Partei der Grünen u.a. bei der Liberalisierung der Finanzmärkte durch Veränderung entsprechender Gesetze als treibende Kraft mitgewirkt! Diese Gesetzesänderungen haben doch das Wirken von Hedgefonds auch in der deutschen Wirtschaft erst möglich gemacht. Sie sind zwar nicht Ursache der derzeitigen Weltwirtschaftskrise, aber doch Ausdruck und somit Teil davon! Ist die Partei der Grünen bereit und in der Lage, politische Lehren aus dieser fatalen Fehleinschätzung zu ziehen?
Gibt es bei den Grünen, bzw. bei Ihnen selbst, außer der Idee einer industriellen Trendwende, z.B. umweltverträgliche Technologien voranzubringen und so wieder Arbeitsplätze zu schaffen, auch die Bereitschaft, das derzeitige Wirtschafts- und wertesystem als Wegbereiter dieser katastrofalen Auswüchse grundsätzlich kritisch zu hinterfragen? Gerade formieren sich die weltweiten Finanzmärkte und ihre Macher wieder neu, um das gleiche Spiel von vorne zu beginnen, nach dem ihnen hilflos wirkende Politiker mit Steuermitteln wieder auf die Beine geholfen haben!
Sie persönlich stehen politisch für ein bedingungsloses Grundeinkommen ein. Das ist fast schon visionär gedacht, aber es gefällt mir, weil so die Bedeutung von Leben und Arbeiten neu definiert wird. Aber ist z.B. diese Forderung innerhalb der Partei der Grünen überhaupt mehrheitsfähig?
Ich vermisse in Hinblick auf die anstehende Bundestagswähl klare Bekenntnisse der Grünen auch zum Schlüsselthema Sozialpolitik! Es sei daran erinnert, daß Hartz 4 und seine traurigen Folgen für immer mehr schuldlos Betroffene ohne die Zustimmung der Grünen auch nicht möglich gewesen wäre. Wie sehen Sie das?
Mit freundlichen Grüßen
Helmut Seibert
Guten Tag Herr Seibert,
Zu Teil 1 ihrer Frage:
Das Wirken der Finanzmärkte in den vergangenen Jahren war auch in den nichtkrisenhaften Zeiten schon problematisch. Deshalb ist es jetzt höchste Zeit, einen effektiven Ordnungsrahmen für die globale Wirtschaft zu schaffen, der die Märkte in den Dienst sozialer und ökologischer Entwicklungen stellt. In Zukunft muss das Prinzip gelten: alle Produkte müssen in die Finanzmarktordnung und -aufsicht einbezogen werden. Es darf nicht sein, dass ausserhalb der Börsen und fernab jeder Aufsicht rund 95 Prozent der Finanzgeschäfte abgewickelt werden. Wir wollen die Einführung einer europäischen Finanzumsatzsteuer, die den Finanzsektor an der Finanzierung des Gemeinwohls beteiligt und die Spekulationen bremst. Steuerliche Privilegien für Finanzprodukte lehnen wir ab. Die Finanzmarktaufsicht muss unabhängiger und schlagkräftiger gemacht werden und wir brauchen dringend verbindliche Regeln für die Rating-Agenturen.
Zu Teil 2 :
Wir wollen die Verbindung gesellschaftlicher Anliegen mit unternehmerischem Handeln unterstützen. In der Grünen Marktwirtschaft wollen wir die solidarische Ökonomie, in der sich die Freiheit selbstbestimmten Handelns und Demokratie mit sozialer Gerechtigkeit verbindet, gezielt fördern und weiter entwickeln. Dazu gehört zum Beispiel eine institutionelle Verankerung der Förderung der Solidarischen Ökonomie im Arbeits- und Sozialministerium. Wir wollen die genossenschaftliche Rechtsform entbürokratisieren und die Diskriminierung von Gemeinschaftsunternehmen bei Gründungs- und Förderprogrammen beenden.
Zu Teil 3:
Es liegt an Grünen wie mir, sie mehrheitsfähig zu machen!
Zu Teil 4:
Ich gebe Ihnen Recht, es sind Fehler gemacht worden aber Fehler können erkannt und korrigiert werden. Ich habe mich deshalb auch als Delegierte des KV Odenwald-Kraichgau bei der Programmdiskussion dafür eingesetzt die Korrekturen an HartzIV, wie sie jetzt in unserem Programm verankert sind (Erhöhung des Schonvermögens, Anhebung des Regelsatzes auf 420.- Euro, Zuverdienst bis 400.- Euro, keine Anrechnung des Partnereinkommens) durchzusetzen.Ebenso ist die Forderung nach einer eigenständigen und bedingungslosen Kindergrundsicherung und die Garantierente von mir vehement unterstützt worden.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen damit ansatzweise beantworten und bedanke mich für Ihr Interesse. Weitere Informationen und Stellungnahmen finden Sie auf meiner Homepage http://www.charlotte2009.de .
Mit herzlichen und grünen Grüßen
Ihre
Charlotte Schneidewind-Hartnagel