Hallo Frau Schneidewind-Hartnagel, zwei Fragen: 1. Warum brauchen wir 100 gesetzliche Krankenkassen? 2. Warum zahlen nicht alle Beschäftigten, auch Beamte und Beamtinnen, Sozialabgaben?
Streben Sie Änderungen in diesen Bereichen an?
Sehr geehrte Frau M.,
eine vielfältige Kassenlandschaft ist sinnvoll für den Kassenwettbewerb. Allerdings sollte sich dieser Wettbewerb darum drehen, wer die beste Versorgung für seine Versicherten anbietet, und nicht, wie es derzeit weitgehend der Fall ist, nämlich darum, welche Kasse am billigsten ist. Eine günstige Kasse nutzt gar nichts, wenn sie nicht leistet. Leider ist für Versicherte nicht nachzuvollziehen, ob eine Kasse in ihrem Fall möglicherweise Schwierigkeiten machen wird. Das kriegen sie erst zu spüren, wenn ihnen, die aufgrund einer Krankheit oder Behinderung ohnehin mit ihren Kräften haushalten müssen, eine Kur verweigert oder minderwertige Hilfsmittel geliefert werden.
Darum fordern wir Grüne Transparenz über das Leistungsgebaren und die Servicequalität der Krankenkassen. Kassen sollen künftig Widersprüche, Ablehnungsquoten und Gerichtsverfahren veröffentlichen müssen. Versichertenbefragungen liefern Auskunft darüber, wie gut der Service einer Kasse ist, ob es bspw. feste Ansprechpartner, klare Aussagen und unkomplizierte Verfahren gibt.
Diese Informationen sollen aufbereitet und in Vergleichsportalen veröffentlicht werden, so dass auf den ersten Blick ersichtlich wird, welche Krankenkassen sich in Service und Versorgung engagieren. Einige Kassen gehen bereits mit gutem Beispiel voran und veröffentlichen bereits solche Angaben. Interessanterweise waren eher kleine Betriebskrankenkassen dabei Vorreiter.
Grundsätzlich sehen wir Grüne großen Reformbedarf bei der gesetzlichen Krankenversicherung, weil wir sonst langfristig die immer stärker steigenden Kosten des Gesundheitssystems nicht in den Griff bekommen. Wir wollen mittelfristig eine Bürgerversicherung, in die alle Bürgerinnen und Bürger, also auch Beamtinnen und Beamte, gemäß ihres Einkommens einzahlen, so dass wir eine hochwertige medizinische Versorgung für alle gewährleisten können und es auch zukünftig keine Zweiklassenmedizin gibt. Diese Reform werden wir nicht von einem auf den anderen Tag umsetzen können, aber wir wollen so schnell die ersten Schritte in Richtung Bürgerversicherung gehen.
Mit freundlichen Grüßen
Charlotte Schneidewind-Hartnagel