Wieso ist die Anbinde für Rinder mit einer Übergangsfrist erlaubt? Und wieso gibt es danach noch Ausnahmen?
Sehr geehrte Frau Kopf, was rechtfertigt denn die Übergansfrist für die Anbindehaltung, wenn nicht finanzielle Gründe der Landwirte. Wie kann es sein, daß der Gewinn der Landwirtschaft höher angesiedelt ist, als das bewußte Quälen von Tieren.? Die Landwirtschaft wird doch in vielen Bereichen für entgangene Gewinne entschädigt. Wäre das Beenden von Tierleid nicht auch ein guter Grund um Subventionen zu zahlen ? Oder wäre ist nicht sogar zumutbar, sich nach neuen Betätigungsfeldern umzusehen, wenn die bisherigen gesetzlich verboten wären, sogar ohne Übergangsfrist?

Sehr geehrte Frau H.,
vielen Dank für Ihre Nachfrage. Die Anbindehaltung von Rindern wird im neuen Tierschutzgesetz aus Tierschutzgründen grundsätzlich verboten, da sie die natürliche Bewegung der Tiere massiv einschränkt. Dennoch gibt es – wie Sie richtig feststellen – eine zehnjährige Übergangsfrist und eine eng begrenzte Ausnahme für kleine Bestandsbetriebe mit maximal 50 Tieren, sofern die Tiere im Sommer auf die Weide dürfen und ganzjährig regelmäßig Zugang zum Freien haben.
Der Grund für die Übergangsfrist liegt vor allem in der wirtschaftlichen Realität vieler kleinerer Höfe, insbesondere im Süden Deutschlands. Diese Betriebe müssen ihre Ställe baulich umstellen, was mit erheblichen Investitionen verbunden ist. Ohne Übergangszeit bestünde die Gefahr, dass zahlreiche Höfe aufgeben müssten, bevor Alternativen geschaffen wurden – mit negativen Folgen auch für die Weidehaltung und den ländlichen Raum. Deshalb stellt der Bund gezielte Fördermittel bereit: Allein für den Umbau der Tierhaltung stehen bis 2026 insgesamt 1 Milliarde Euro zur Verfügung. Zusätzlich gibt es Förderprogramme der Länder, die den Stallumbau unterstützen. Zudem müssen auch neue Stallhaltungssysteme tiergerecht sein – mit ausreichend Platz, Tageslicht und Bewegungsmöglichkeiten. Das Tierschutzgesetz setzt hier neue Standards.
Langfristig setzen wir darauf, positive Anreize dafür zu setzen, dass auch Rinder in kleinen Bestandsbetrieben nicht angebunden gehalten werden. So honorieren wir etwa im 2024 beschlossenen Agrarpaket über eine bessere GAP-Förderung ökologische Leistungen von Landwirtschaftsbetrieben. Das ist eine wichtige Maßnahme, um mehr Rinder auf die Weide zu bringen. Wer mehr für Klimaschutz, den Artenerhalt und die Bewirtschaftung von Grünland macht, soll künftig durch eine Weideprämie stärker gefördert werden. Mehr Infos dazu finden Sie hier: https://www.gruene-bundestag.de/unsere-politik/fachtexte/zukunftspaket-fuer-die-landwirtschaft/
Unser Ziel bleibt also klar: Ein Ende der Anbindehaltung und eine zukunftsfähige Tierhaltung, die Tierschutz, wirtschaftliche Perspektiven und den Erhalt bäuerlicher Strukturen miteinander verbindet. Mit dem Tierschutzgesetz sind wir diesem Ziel einen gehörigen Schritt nähergekommen. Klar ist jedoch auch: Wie in anderen Themenfeldern, so ist auch im Tierschutzbereich immer eine Mehrheit in der Koalition bzw. dem Bundestag erforderlich. Nicht alle wollen einen so konsequenten Tierschutz wie wir als Grüne. Auch wenn wir in der Ampel-Koalition zahlreiche Verbesserungen beim Tierschutz erreichen konnten, so gibt es zweifelsohne nach wie vor viel zu tun. Dafür ist ein starkes Wahlergebnis bei der Wahl am 23. Februar entscheidend.
Mit freundlichen Grüßen
Chantal Kopf