Stimmen Sie den öffentlichen Stellungnahmen des BUND und der IPPNW zum "10-Micro-Sievert-Konzept" zu?
Sehr geehrte Frau Kopf!
In den Stellungnahmen des BUND
www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/atomkraft/atomkraft_radioaktive_stoffe_freigabe.pdf
und der IPPNW
www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Atomenergie/Ulmer_Expertentreffen_-_Gefahren_ionisierender_Strahlung.pdf
wird aufgezeigt, daß das "10-Mikro-Sievert-Konzept" wissenschaftlich nicht haltbar ist und zu nicht unerheblichen Teilen auf falschen Annahmen beruht. Damit fällt zugleich die vermeintliche wissenschaftliche Grundlage des seit vielen Jahren praktizierten "Freimessens" radioaktiver Abfälle in sich zusammen. In Ihrer Antwort (20.01.22) auf meine Anfrage vom 19.09.21 berufen Sie sich auf eine "Grenze der Unbedenklichkeit im Sinne des 10-Mikrosievertkonzeptes."
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Anfragen.
Das Freimessungsverfahren führt zu Sorgen in der Bevölkerung. Es bedarf erhöhter Transparenz und umfangreicher Information der Gesellschaft, insbesondere hinsichtlich Überprüfungen des Freigabeverfahrens. Die Strahlung freigegebener Stoffe ist um den Faktor 200 kleiner als die natürliche Strahlung in Deutschland und vor diesem Hintergrund einzuordnen, ohne deshalb als unbedenklich erklärt zu werden. Ein „Deponie Plus“-Modell, wie es in Schleswig-Holstein diskutiert wurde, ermöglicht die Dokumentation der Chargen und ihre Rückholbarkeit und kann so Vertrauen in das Verfahren fördern. Vor dem Hintergrund der baldigen Stilllegung aller deutschen AKW und der bereits stark wachsenden Mengen an Rückbauschutt aus dem Nuklearbereich braucht es einen nachvollziehbaren, glaubwürdigen Prozess.
Die IAEA (International Atomic Energy Agency) hat 1988 die Basis für das 10 Mikrosievert-Konzept gelegt. Grundlage der Bewertung, dass die Auswirkungen einer effektiven Strahlendosis im Bereich von 10 Mikrosievert im Jahr vernachlässigbar sind, war unter anderem die Überlegung, dass eine zusätzliche Strahlendosis im Bereich von einem bis zu wenigen Prozent der mittleren natürlichen Strahlendosis tolerierbar ist. Der Bundestag hat sich in der Vergangenheit der internationalen Expertenmeinung angeschlossen, nach der das 10-Mikrosievert-Konzept einen ausreichenden Schutz für die Bevölkerung darstellt.
Zuletzt hat der Vorstand der Bundesärztekammer in einem Beschluss festgehalten, „dass das international gebräuchliche und bundesweit gültige 10 Mikrosievert-pro-Jahr-Konzept bei freigegebenen Abfällen aus dem Rückbau von Kernkraftwerken das mögliche Risiko der Bevölkerung auf ein vernachlässigbares Niveau senkt.“ Mehr Informationen bietet der baden-württembergische Landtag unter: https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP17/Drucksachen/1000/17_1461_D.pdf.
Alle Strahlenexpositionen, müssen auch unterhalb der Grenzwerte so niedrig wie möglich gehalten werden. Es gilt, dass unnötige Strahlenbelastungen oder Kontaminationen zu vermeiden sind. Außerdem gelten für Strahlenexposition die Grundsätze der Notwendigkeit, der Rechtfertigung und der Dosisbegrenzung.
Ich hoffe, damit die Hintergründe für die bestehenden Grenzwerte für Sie nachvollziehbar gemacht zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Chantal Kopf