Hallo Fr. Kopf, wie kann es sein, dass bei der aktuellen Finanzlage die geplante Bürgergelderhöhung nicht gestoppt wird - 12% !! ist doch Wahnsinn. Wie rechtfertigen Sie diese 12%
Ein Rentner hat Zeit seines Arbeitslebens für seine Rente einbezahlt und soll lt. Schätzung eine Erhöung von 3,5% in 2024 bekommen (Quelle: https://www.finanzen.de/altersvorsorge/rentensystem/rentenerhoehung: "Einen ersten greifbaren Hinweis über die Höhe der Rentenanpassung 2024 enthält der sogenannte Rentenversicherungsbericht. Der erste Entwurf dazu erscheint meist im November – wie auch in diesem Jahr. Aus diesem geht nun eine Schätzung von 3,5 Prozent hervor. Damit bliebe die Rentenerhöhung 2024 deutlich hinter den Erwartungen zurück").
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Bürgergeld und Renten. Bitte entschuldigen Sie die Verzögerung bei der Antwort, ich erhalte eine Vielzahl von Anfragen und versuche, alle zu beantworten. Eine gute Nachricht zuerst: wie Sie möglicherweise wissen, werden die Renten nicht um 3,5 %, sondern um 4,57 % steigen.
Ein wichtiger Unterschied zwischen Renten und Bürgergeld: die Renten sind nicht an die Inflation gekoppelt, sondern an die Löhne. Über die Jahre hinweg entwickeln sich die Renten dadurch nicht schlechter als die Preise, also die Inflation. Wir wollen, dass das so bleibt und werden deshalb das gesetzliche Rentenniveau dauerhaft stabilisieren.
Beim Bürgergeld dagegen fließt die Lohnentwicklung nur zu einem geringen Teil ein. Es wird vor allem entsprechend der Inflation erhöht, und zwar für 2024 entsprechend der Inflation zwischen den Jahren 2022 und 2023. Dabei werden insbesondere die Kosten berücksichtigt, die für Menschen mit geringem Einkommen relevant sind, wie z. B. Lebensmittel und Strom ("regelbedarfsrelevante Preise"). Hier war die Inflation in den Jahren 2022/23 deutlich höher als bei Luxusgütern. Bei den Kosten, die für Bürgergeldempfänger relevant sind, betrug sie sogar mehr als 12 Prozent. Das erklärt die Anpassung von etwa 12 Prozent in diesem Jahr.
Zum Vergleich: Im Januar 2022 – also vor der Bürgergeldreform – stieg die Grundsicherung nur um 3 Euro. Das sind 0,7 Prozent. Aber die Inflation betrug im Jahresverlauf 7 Prozent, bei den Kosten, die für Bürgergeldempfänger relevant sind, wie gesagt mehr als 12 Prozent. Das Geld reichte also schlicht nicht aus. Eine Reform war überfällig. Davon profitieren im Übrigen auch knapp 700.000 Rentner*innen, die Grundsicherung im Alter beziehen.
Mit der Bürgergeldreform wurde ein zusätzlicher Berechnungsschritt eingeführt. Er soll dafür sorgen, dass die Grundsicherung nicht nur im Januar, sondern auch noch im Dezember reicht. Mit Blick auf das Inflationsgeschehen in der Vergangenheit wird also ein Inflationspuffer für die Zukunft gebildet. Steigt die Inflation dann weniger stark an als berechnet, so wird die Erhöhung in den Folgejahren abgeschmolzen. Das heißt, dann gibt es erst einmal keine Erhöhungen mehr.
Das Bürgergeld schützt uns alle in finanziellen Notlagen. Es ist eine wertvolle soziale Errungenschaft, denn das Grundgesetz gewährt ein Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum. Mit dem Bürgergeld erhalten Menschen, die längere Zeit nach Arbeit suchen oder die aufgrund von Krankheit oder Kinderbetreuung weniger arbeiten können, die notwendige Unterstützung. Zudem ermöglicht es Menschen Fortbildung und Qualifizierung für einen neuen Arbeitsstelle. Dass wir mit dem Bürgergeld Menschen gut qualifizieren und in Beschäftigung bringen, ist auch angesichts der Fachkräftekrise, in der Unternehmen händeringend nach gut ausgebildeten Beschäftigten suchen, von größter Relevanz.
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass wir mit dem Bürgergeld ein menschenwürdiges Existenzminimum für alle garantieren müssen. Deshalb kann man das Niveau nicht willkürlich absenken. Und auch in der Vergangenheit, als die Union regiert hat, gab es immer eine Anpassung an die Inflation.
Mit freundlichen Grüßen
Chantal Kopf