Frage an Cem Özdemir von Joachim P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Cem Özdemir,
Simone Peter, B90/DIE GRÜNEN Vorsitzende, neben Ihnen, fragt in der "hart aber fair" Sendung (s. ab 1:11:58 Minute) 31.8.2015.
http://www1.wdr.de/daserste/hartaberfair/sendungen/fluechtlingeschafftdeutschlanddas100.html
""Warum setzen wir Leute aus Syrien mit 100 % sicherer Asylperspektive nicht in den Flieger nach Deutschland?"
Ist das, angesichts des Ansturms von Kriegsflüchltingen aus Syrien, mit normalen Linienflügen zu bewältigen? Braucht es da nicht der Anstrengung einer Luftbrücke aus Deutschland?, die auf dem Hinflug nötigste Güter, Nahrung, Kleidung, Medikamente, Brennstoff, dort ringsum Syriens in Flüchltingslager bringt?
Stimmen Sie der Forderung Simone Peters zu?, wenn ja, welche parlamentarischen Inititativen, Gesetzesvorlagen wollen Sie als MdB starten, um Ihrer gemeinsamen Forderung nach legalen Wegen für Kriegsflüchltinge zum Durchbruch zu verhelfen?
Meinen Sie, dass dies, ohne eine Luftbrücke zu bewältigen ist?, wenn ja, welche anderen Maßnahmen halten Sie humanitär für notwendig?
B90/Die Grünen haben der Einschränkung grundgesetzlich garantierten individuellen Rechts auf Asyl in Deutschland durch die Benennung sicherer Herkunftsstaaten zugestimmt.
Sehen Sie da Asylgründe, wie Unterdrückung durch Strukturen organisierten Verbrechens bis hinein in staatliche Administration, u. a. im KOSOVO als "EU- Mandatsgebiet, nicht außer Kraft gesetzt?
Airlines nehmen Personen, ohne Visum, im Ausland nicht an Bord ihrer Flugzeuge.
Das geschieht, weil, gemäß EU-Richtlinie2001 Airlines die Kosten für Übernachtung, Rückflug aufgebürdet werden, wenn eine Person in europäische Länder nicht einreisen darf.
Stimmen Sie mir zu, dass diese EU- Richtlinie2001 suspendiert gehört? Droht hier nicht Asylberechtigften die Verkürzung ihrer Rechte auf Asyl, weil Airlines, verfassungsrechtlich n. m. E. bedenklich, mit hoheiltichen Aufgaben betraut, überfordert sind?
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Petrick
Sehr geehrter Herr Petrick,
in der Tat wäre eine Kontingentlösung auf europäischer Ebene sehr wünschenswert. Das würde Ordnung ins System bringen, vielen Flüchtlingen die lebensgefährliche und inhumane Reise ersparen sowie Schlepper ihres Geschäfts mit dem Elend berauben. Mit ist es jedoch wichtig zu betonen, dass dies nur möglich ist, wenn Europa gemeinsam handelt. Dafür setze ich mich ein.
Der Bundesparteitag von Bündnis 90/Die Grünen hat dazu vor wenigen Wochen beschlossen:
„Wir wollen nicht, dass Flüchtlinge ihr Leben riskieren müssen, um bei uns Schutz zu finden. Deshalb fordern wir legale und sichere Zugangswege für Flüchtlinge, z.B. humanitäre Visa zum Zweck der Asylantragstellung, Visafreiheit für Syrer*innen und ein massiv ausgebautes Resettlement-Programm, also die Aufnahme von notleidenden Menschen aus überfüllten Flüchtlingslagern in den Krisenregionen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk sucht für jede zehnte Syrer*in einen Resettlement-Platz, aktuell sind das circa 400.000 – die EU-Mitgliedstaaten dürfen sich hier nicht verweigern. Die Resettlement-Programme der UN müssen großzügig umgesetzt werden. Für die Familienzusammenführung, wie auch für die Vergabe humanitärer Visa braucht es in den Krisenregionen die Schaffung entsprechender Strukturen sowie den Ausbau der deutschen Auslandsvertretungen. Ein weiterer Weg um dem Geschäft von Schleppern die Grundlage zu entziehen und Schutzsuchenden die lebensbedrohliche Mittelmeerüberquerung zu ersparen, ist die Ermöglichung von sicheren Einreisen sowie die Abschaffung der EU-Richtlinie 2001/51/EG, die es Geflüchteten unmöglich macht, Fähr- und Flugverbindungen zu nutzen. Dem tausendfachen Sterben von Flüchtlingen im Mittelmeer muss ein Ende gemacht werden. Deshalb fordern wir ein menschenrechtsorientiertes europäisches Seenotrettungsprogramm. Die Grenzschutzagentur Frontex ist dafür der falsche Akteur. Die EU-Mission EUNAVFOR, die mit militärischen Mitteln Jagd auf Schlepper macht, lehnen wir ab. Es bedarf einer europäischen Lösung, die der Rettung von Menschen und deren Verbringen in Sicherheit absoluten Vorrang vor der Grenzsicherung einräumt.“
Mit freundlichen Grüßen
Cem Özdemir