Frage an Cem Berk von Vanessa S. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
1. Auf Basis welcher Rechtsverordnung, Dienstanweisung oder Gesetzes (bitte jeweils mit Datum) wird das Vorkaufsrecht zur Anwendung gebracht?
2. Wie kann es sein, dass aktuell am Ochsenwerder Norderdeich Häuser im Deichgrund in Bau befindlich sind, vor 3 Jahren Allermöher Deich 94 verkauft wurde und Allermöher Deich 88 im Deichgrund errichtet werden durfte?
3. BGB und HWaG verlangen rechtlich haltbare Begründungen für die Anwendung des Vorkaufsrechts. Wie lautet diese?
4. Die BUE bezieht sich für den aktuellen Bedarf auf die Studie: BINNENHOCHWASSERSCHUTZ UNTER BERÜCKSICHTIGUNG VON ÖKOLOGIE UND ÖKONOMIE, sie ist von einer Mitarbeiterin der LSBG erstellt und sich auf Oberflächenwasserableitung, modellhaft für die Kolau und Dove Elbe bezieht. Neben dem fehlenden Bezug zum Deichschutz wird lediglich die Schaffung von Stauräumen im Vorland empfohlen. Das Haus Allermöher Deich 95, welches betroffen ist, steht im Hinterland, also der wasser- abgewandten Seite. Wie ist das mit dem Bezug auf diese Studie und der Anwendung des Vorkaufsrechts zu vereinbaren?
5. Die RICHTLINIE 2007/60/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 23. Oktober 2007 über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken fordert in Artikel 1
„Ziel dieser Richtlinie ist es, einen Rahmen für die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken zur Verringerung der hochwasserbedingten nachteiligen Folgen auf die menschliche Gesundheit, die Umwelt, das Kulturerbe und wirtschaftliche Tätigkeiten in der Gemeinschaft zu schaffen.”
Wie wurde die Bewertung für das Kulturerbe vorgenommen und mit welchem Ergebnis?
6. Die interaktive Flutrisikokarte zeigt ein Flutrisiko an der Dove Elbe erst bei einem extremen Flutereignis und der Annahme, dass der Deichschutz versagt hat.
Wie lässt sich daraus ein Risiko für die Binnendeiche und damit der Bedarf ableiten?
7. Das BUE sagt, dass man in den nächsten 100 Jahren vom gesetzlichen Vorkaufsrecht konsequent Gebrauch machen wird und dass es zu keinen Enteignungen kommen wird. Von gleicher Stelle heißt es, dass die Öffnung der Dove Elbe zu Tide Elbe eine Erhöhung der Deiche fordern wird.
Abgesehen davon, dass es nicht einmal eine abschließende Studie zu diesem Thema gibt und eine vollständige Öffnung vom Forum Tide-Elbe gar nicht in Erwägung gezogen wird, heißt dies verbindlich, dass es erst zu Maßnahmen kommt wenn der Letzte freiwillig verkauft hat?
Welche Garantien erhalten aktuelle Eigentümer?
8. Die LIG teilte in Abstimmung mit der LSBG mit, dass Häuser im Deichgrund lediglich geduldet sein.
Wann und in welcher Form hat man dies den Eigentümern mitgeteilt?
9. Was bietet man den betroffenen Eigentümern jetzt an, die ab sofort ihren Grund und Boden nicht mehr verkaufen können und daher im besten Fall einen Verkehrswert erhalten, der sich an Bodenrichtwerten orientiert, die ins Bodenlose fallen werden?
10. Wie ist der genaue zeitliche Ablauf der Maßnahme?
11. Welche Häuser sind betroffen
12. Was im einzelnen genau geplant?
13. Wann wird mit uns endlich gesprochen?
14. Was ist im Oktober oder November in der Hamburger-Bürgerschaft genau geplant. Worüber soll da entschieden werden?
15. Warum ist in den letzten Jahren die Deichpflege so extrem vernachlässigt worden?
16. Aus FORUM TIDEELBE, Titelthema DOVE-ELBE, Durch Wiederanbindung könnte zusätzliches Tidevolumen in relevantem Umfang geschaffen werden. Dazu aus DHI 7.1.1 Wirkung der Dove Elbe Anbindung in Höhe Brunsbüttel bis zu 3 cm. Frage: Wird die Zerstörung dieses einmaligen Ökoparadieses ca. 10 Minuten von der Stadtmitte entfernt für 1-2 fingerbreite Wasserhöhe in kauf genommen?
17. Aus FORUM TIDEELBE, Titelthema DOVE-ELBE, Aus ökologischer Sicht wurde das Aufwertungspotiental der Fläche gegenüber wertvollem Bestand als gering eingeschätzt.
Frage: Die Tide wurde 1952 sinnvollerweise von der Dove Elbe abgesperrt. Sind die Baumaßnahmen es wert, dass in 70 Jahren gewachsene Ökosystem, das größte Wassersportfreizeitgebiet, das Olympia-Trainingsgebiet schwer zu beschädigen.
Sehr geehrte Frau Schumacher,
vielen Dank für Ihre Fragen. Von der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft hat die SPD-Bürgerschaftsfraktion die Auskunft erhalten, dass die Prüfung, das Vorkaufsrecht der Stadt am Allermöher Deich auszuüben, in keinem Zusammenhang mit der Machbarkeitsstudie zur Dove-Elbe im Rahmen des Forums Tiedeelbe steht.
Bei den Untersuchungen im Rahmen des Forums Tideelbe geht es darum, zu prüfen, ob denkbare Maßnahmen überhaupt hydrologisch sinnvoll, technisch und rechtlich machbar sowie ökologisch vertretbar sind. Das alles passiert in einem vollkommen ergebnisoffenen und transparenten Prozess. Es gibt keine Vorab-Verabredungen oder bereits gefassten Beschlüsse zu den diskutierten Maßnahmen. Die Ergebnisse des Forums samt Gutachten, Machbarkeitsstudien und Handlungsempfehlungen werden Ende September/Anfang Oktober 2020 vorgestellt. Erst dann werden wir als SPD-Bürgerschaftsfraktion zu einem abschließenden Urteil über die verschiedenen Optionen kommen können. Der Stand des Verfahrens ist auf der Webseite des Forums veröffentlicht, hier gibt es auch viele Hintergrundinfos: https://www.forum-tideelbe.de/massnahmen/ausgewaehlte-massnahmen?id=0
Im Hinblick auf die Frage nach dem Vorkaufsrecht gilt allgemein, dass gemäß § 55b des Hamburgischen Wassergesetzes der Freien und Hansestadt Hamburg beim Verkauf von Grundstücken ein gesetzliches Vorkaufsrecht an Flächen zusteht, die an eine öffentliche Hochwasserschutzanlage angrenzen und für Zwecke des Hochwasserschutzes gegenwärtig oder zukünftig benötigt werden. Die zuständige Behörde prüft immer im Einzelfall, ob bei einem Verkauf von Immobilien das Vorkaufsrecht der Stadt aus Hochwasserschutzgründen ausgeübt werden sollte.
Vor dem Hintergrund der Klimafolgenanpassung ist der Hochwasserschutz eine langwierige Aufgabe. Dazu gehört auch die Ertüchtigung von Deichen. Im konkreten Fall des Allermöher Deichs wird sich die Umsetzungsphase der zweiten Deichlinie laut Behördenangabe über viele Jahrzehnte hinziehen. Der Plan der zuständigen Behörde ist es, in den kommenden 100 Jahren das ihr gesetzlich zustehende Instrument des Vorkaufsrechts zu nutzen, um die erforderlichen Flächen zur Sicherstellung des Hochwasserschutzes nach Deichordnung auch an der zweiten Deichlinie gewährleisten zu können. Dabei muss bedacht werden, dass auch Binnen-Hochwasser katastrophal sein können. 27.000 Bewohnerinnen und Bewohner der Vier- und Marschlande sind mehr oder weniger von der Funktionstüchtigkeit der Deiche abhängig.
Ausführliche Antworten zu Ihren Fragen gibt Ihnen alsbald der Sprecher für Umwelt, Klima und Energie der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Alexander Mohrenberg (https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/alexander-mohrenberg).
Mit freundlichen Grüßen
Cem Berk