Sehr geehrter Herr Träger, wann kommt das Selbstbestimmungsgesetz?
Das TSG wurde vom Bundesverfassungsgericht als Verfassungswidrig eingestuft. Das vom Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Auftrag der Berliner Humboldt-Universität hat ergeben, (Zitat) "Die Ergebnisse der hier durchgeführten sowie anderer Erhebungen zeichneten ein Bild der Begutachtungsverfahren, das in vielen Fällen von unverhältnismäßigem Zeit- und Kostenaufwand sowie von entwürdigenden und diskriminierenden Erfahrungen geprägt ist und somit die antragstellenden Personen in ihren Grundrechten verletzt.". Andere Länder haben längst ein Selbstbestimmungsgesetz verabschiedet - mit guter Erfahrungen. Ich habe persönlich nichts von dem Gesetz, aber wenn ich daran denke, dass täglich Trans-Bürger mit staatlichem Auftrag und ohne jegliche Kontrollinstanz in erniedrigende Fragen/Aufgaben gezwungen werden, weil sie fremdbestimmt um die Anerkennung Ihres Geschlechts betteln müssen, dreht sich mir der Magen um. Ich appelliere an Ihre Menschlichkeit.
Sehr geehrte Frau S.,
für die SPD-Bundestagsfraktion steht fest, dass Grundlage einer Reform das Prinzip der Anerkennung der Geschlechtsidentität und der Schutz der Selbstbestimmung bei der Geschlechterzuordnung sein muss. Wir wollen die Lage von trans- und intergeschlechtlichen Menschen verbessern, das betrifft medizinische, gesundheitliche, soziale und rechtliche Aspekte. Verfahren müssen so gestaltet werden, dass die Würde und die Bedürfnisse der Betroffenen im Mittelpunkt stehen.
In diesem Zusammenhang ist für uns klar, dass es zukünftig keine medizinische Begutachtungspflicht mehr geben darf. Das vorgesehene Angebot einer flächendeckenden qualifizierten – nicht medizinischen – Beratung muss so ausgestaltet werden, dass es von Betroffenen nicht als bevormundend wahrgenommen wird. Gegebenenfalls müssen wir über diesen Aspekt auch im parlamentarischen Verfahren noch weiter diskutieren. Ein weiterer Diskussionspunkt ist die Frage, inwieweit Gerichte in diesem Verfahren eine Rolle spielen sollen. Kritisiert wurde hier neben der Ehegattenbefragung die neue Regelung in § 409g FGG-E. Zwar macht die Entwurfsbegründung deutlich, dass es nicht um eine Dreijahres-Sperre nach Ablehnung des Antrags auf Geschlechtsänderung geht, sondern um die Frist, wann nach erfolgreicher Änderung eine erneute Änderung beantragt werden kann. Dies muss allerdings auch im Regelungsteil klargestellt werden.
Vor diesem Hintergrund hat sich die SPD-Bundestagsfraktion schon in der 18. Wahlperiode für eine umfassende Reform ausgesprochen. Dies war mit der CDU/CSU-Fraktion aber nicht umsetzbar. Dies wird nun anders, da die Fortschrittkoalition der SPD, Grünen und FDP ein Selbstbestimmungsgesetz für Trans-Personen vereinbart hat. Mit dem Gesetz zur Änderung der in das Geburtsregister einzutragenden Angaben und der Verbesserung der Situation intergeschlechtlicher Menschen konnten wir schon früher als SPD-Bundestagsfraktion erste Verbesserungen für intergeschlechtliche Menschen erreichen. Daran wollen wir jetzt anknüpfen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Carsten Träger