Frage an Carsten Schatz von Oliver M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Schatz,
Ihre Fraktionskollegin Helm ist leider nicht willens oder in der Lage meine Frage zu beantworten, weswegen ich diese jetzt an Sie als das naechste Mitglied des Medienausschusses Ihrer Partei weiterleite.
im Rahmen des seit 2013 geltenden Rundfunkbeitrags haben sich aus einer Anfrage an die Landesbeauftragte für Datenschutz (LDB) Fragen im Bezug auf die Weiterleitung von Meldedaten ergeben.
Seit 2013 gilt ja bekanntlich die Losung "Eine Wohnung - ein Beitrag". Was genau eine Wohnung und was ein Haushalt ist, ist ohnehin schwammig definiert, aber darum geht es mir hier nicht.
Zur Feststellung wer für einen Haushalt zahlungspflichtig ist, werden auf Vermutung(!) der Landesrundfunkanstalten (LRAn) Bewohner angeschrieben und dürfen dann diese Vermutung widerlegen. Hierzu bitten die LRAn regelmäßig um Weitergabe der Beitragskontonummer möglicherweise schon zahlender Haushaltsmitglieder.
Nach Auskunft der LDB an mich ist es angeblich legal, sowohl diese als auch "weitere Daten" (nicht näher spezifiziert!) abzufragen um o.g. Vermutung zu widerlegen. Welche Daten dann als glaubhaft eingestuft werden liegt anscheinend im Ermessen der LRAn.
Auch schrieb mit die LDB jedoch, dass es keine Handhabe gibt, die entsprechenden Daten bei Mitbewohnern einzufordern - d.h. die LRAn fordern zum Widerlegen ihrer Vermutung Daten ein die ich als nicht-zahlungspflichtiger Mitbewohner gar nicht bekommen kann.
Im Endeffekt liegt es also im Ermessen der LRAn ob man Personen glaubt daß sie zusammenwohnen und welche "Beweise" dazu als ausreichend gelten.
Die Gefahr daß Haushalte als Strafe für sicheren Umgang mit personenbezogenen Daten doppelt belastet werden ist akut.
Meine Fragen an Sie:
1) ist es beabsichtigt, daß die Bürger hier auf eigenes Risiko die Erhebungsdefizite der LRAn beheben?
2) welche Möglichkeit hat man im Rahmen der erlassenen Gesetzeslage, das oben beschriebene Dilemma zu lösen?
3) Worin besteht bei diesem Datenchaos die Verwaltungsvereinfachung?
Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre Frage. Gerne beantworte ich Ihre Fragen.
1) ist es beabsichtigt, dass die Bürger hier auf eigenes Risiko die
Erhebungsdefizite der LRAn beheben?
2) welche Möglichkeit hat man im Rahmen der erlassenen Gesetzeslage, das
oben beschriebene Dilemma zu lösen?
Sicherlich ist es kein Ziel, das mit dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (RBStV) verbunden ist, dass Bürger*innen, wie Sie schreiben, Erhebungsdefizite der Landesrundfunkanstalten beheben. Dennoch ergibt sich für die Bürger*innen eine Mitwirkungspflicht aus § 8 RBStV [1]. Dabei
ist zu beachten, dass bei Wohnungen, die von mehreren Personen bewohnt
werden, die Bewohner*innen als Gesamtschuldner*innen haften, wie §§ 2 Abs. 3
RBStV, 44 AO [2] zu entnehmen ist. Dies bedeutet, auch wenn nur ein Beitrag geschuldet wird
können alle in Anspruch genommen werden. Daraus folgt der von Ihnen als Ärgernis erlebte Umstand, dass die Landesrundfunkanstalten nicht nur von der Hauptmieter*in Daten erheben
können. Um abzugleichen, dass für die Wohnung ein Rundfunkbeitrag
gezahlt wird, muss die Wohnung irgendwie einem Beitragskonto zugerechnet
werden. Ohne dies zu werten: Eine andere Möglichkeit ergibt sich durch die Umstellung von personen- auf wohnungsbezogene Beitragszahlung für die Landesrundfunkanstalten nicht.
Haben Sie Ihre oder ihren Mitbewohner*in denn schon einmal um die Weitergabe der Beitragskontonummer gebeten? Ich selbst wohne in zwei Wohngemeinschaften. In der einen zahle ich selbst den Beitrag, in der anderen ein Mitbewohner. Wenn jemand von uns angeschrieben wurde, haben wir bislang immer mit der Beitragskontonummer des jeweils anderen geantwortet. Uns kostet dies nur wenig Mühe, und in einer Zeit, wo es eine wahre Datensammelwut des Staates und großer Unternehmen gibt und Datenschutz in vielen Bereichen verteidigt werden muss, handelt es sich hier nach meiner Auffassung nicht um einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dies um so weniger, als sehr genau festgelegt ist, welche Daten die Landesrundfunkanstalten für die Beitragserhebung verarbeiten dürfen [§§ 11 Abs. 6 i.V.m. 8 Abs. 4 RBStV].
3) Worin besteht bei diesem Datenchaos die Verwaltungsvereinfachung?
Im Kern handelt es sich hier um zwei nicht zueinander passende Datenbanksysteme, die aufgrund der oben erwähnten Umstellung der Beitragszahlung von Person auf Wohnung dennoch miteinander abgeglichen werden: Rundfunk- und Meldedaten. Inwiefern die Bereinigung der Datenbanken der Landerundfunkanstalten und die Umstellung auf andere Anknüpfungspunkte erfolgreich war oder zusätzlichen Verwaltungsaufwand geschaffen hat, kann ich nicht abschließend beurteilen.
In der Hoffnung, dass Ihnen meine Antworten weitergeholfen haben, verbleibe ich
freundlich grüßend,
Carsten Schatz