Frage an Carsten Ovens von Matthias M. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Ovens,
mit großem Interesse las ich Ihre ausführliche und persönliche Stellungnahme bzgl. der Frage F. B. zur Idee des bedingungslosen Grundeinkommens. Ich freue mich sehr, dass Sie an dieser potentiell wichtigen Idee, welche wesentlich zur Genesung unseren maroden Sozialsystems beitragen könnte, Interesse zeigen.
Aus Ihrem Schreiben wirft sich mir eine Frage auf, welche ganz grundlegender Natur ist. Sie lautet: Verfügen Sie über eine allgemein gültige Definition für das, was man als "Leistung" und "Arbeit" bezeichnen darf?
Zwischen "Leistung" und "Arbeit" sehe ich keinen Unterschied. Man könnte doch sagen: Wer arbeitet, leistet etwas und wer etwas leistet, der arbeitet. Wahrhaft leistungslos ist, wer keine Motivation hat, zu leben.
Das Problem ist, dass Arbeit und Leistung heute mit Geld in Beziehung stehen und Geld mit unserem täglich Brot. Dadurch lässt sich definieren, was Arbeit sein soll und was nicht. Arbeit ist in erster Linie das, womit Geld erwirtschaftet werden kann. Ehrlichkeit, die Erziehung der Kinder oder dieses Schreiben sind dadurch zweitrangig, schließlich verdient sich damit kein Geld. Ein Paradoxon.
Wäre es nicht intelligent, Arbeit und Einkommen nicht ganz, aber zumindest in so weit voneinander zu trennen, sodass die grundlegendsten Bedürfnisse eines jeden menschlichen Lebens sichergestellt sind? Eine Existenzsicherung würde klar stellen, dass zumindest nicht bewiesen werden muss, dass man leben/arbeiten *will* - wenn man schon keinen Rechtsanspruch auf ein Stückchen Land zur Selbstversorgung mehr hat.
Unser Sozialsystem möchte zum Lebenswillen (Arbeitsbereitschaft) verpflichten. Es hat bislang nicht erkannt, das jeder Mensch von Grund auf und aus freiem Willen heraus leben will. Oder mit poetischeren Worten gesagt: Wer zum Leben verpflichtet wird, vermag dieses nicht mehr als Geschenk zu begreifen.
Die Einführung einer bedingungslosen Existenzsicherung ist eine humanitäre Not-wendigkeit.
Sehr geehrter Herr Magg,
vielen Dank für Ihre Frage.
Wie Sie meiner Antwort an Frau Bossbach bereits entnommen haben, definiert sich unsere Gesellschaft aus meiner Sicht immer noch über die vollbrachte Arbeit, körperlicher wie geistiger Natur.
Die von Ihnen angesprochenen grundlegendsten Bedürfnisse eines jeden Menschen werden bereits von unserem Sozialsystem abgedeckt. Die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens ist demnach wohl keine humanitäre Notwendigkeit. Im Gegenteil, zu befürchten ist eine Verfestigung der vorherrschenden Kultur der Abhängigkeit von staatlichen Zahlungen.
Persönlich begreife ich jedes Leben, mein eigenes eingeschlossen, als Geschenk. In diesem Punkt stimme ich Ihnen voll und ganz zu. Vor diesem Hintergrund muss doch auch jeder Mensch die Chance bekommen, das beste aus seinem Leben zu machen. Gleichzeitig ergibt sich aus meiner Sicht aber auch die Pflicht, der Gesellschaft etwas zurückzugeben.
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Ovens