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Frage von Bodo W. •

Frage an Carola Reimann von Bodo W. bezüglich Gesundheit

Schönen Guten Tag, Frau Reimann!

Ich bin Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse mit einem Beitragssatz von 12,9%.
Erklären Sie bitte mal mir und meinem Arbeitgeber, warum wir voraussichtlich ab Januar 09 durch Einführung des Gesundheitsfonds Mehrbelastungen von jeweils ca. 1% haben werden.
Uns als vierköpfige Familie wird es empfindlich treffen, monatlich ca. 1% weniger Nettogehalt zur Verfügung zu haben.

Ich bin gespannt auf Ihre Antwort und verbleibe mit freundlichen Grüßen
B. Wiedemann

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Sehr geehrter Herr Wiedemann,

vielen Dank für Ihr Schreiben auf abgeordnetenwatch.de. Gerne möchte ich auf Ihre Frage zur Einführung des Gesundheitsfonds eingehen.

Die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wird mit der Einführung des Gesundheitsfonds neu gestaltet. Ab dem 1. Januar 2009 zahlen alle Beitragszahler den gleichen Beitragssatz. Damit gelten – so wie bereits heute in der gesetzlichen Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung – einheitliche Beitragssätze auch in der GKV.

In welchem Bereich sich der Einheitsbetrag genau bewegen wird, kann derzeit noch nicht gesagt werden. Seriös feststellen lässt sich die zu erwartende Höhe des einheitlichen Beitragssatzes erst im Herbst, da das dritte Quartal benötigt wird, um die Finanzentwicklung der GKV beurteilen zu können. Dafür Zahlen zum Beispiel aus dem Jahr 2006, oder 2007 herzunehmen wäre verfehlt und käme keiner sachgerechten Würdigung gleich, da natürlich auch auf die aktuelle wirtschaftliche und soziale Lage Rücksicht genommen werden muss. Daher ist der Herbst als Bestimmungspunkt des allgemeinen Beitragssatzes bewusst gewählt worden.

Die Einführung des einheitlichen Beitragssatzes wird dazu führen, dass Versicherte, die heute einen sehr niedrigen Beitragssatz haben, künftig mit einem höheren einheitlichen Beitragssatz rechnen müssen. Andererseits wird es gesetzlich Versicherte geben, für die jetzt ein weitaus höherer Beitragssatz gilt; bis zu 16 % bei gleichen Leistungen. Für diese Versicherten und ihre Arbeitgeber kann die Einführung des Gesundheitsfonds zu einer Entlastung führen. Das heißt, dass die heutige Schieflage, dass für in etwa gleiche Leistungen völlig unterschiedliche Beitragssätze gelten, beseitigt wird.

Weitere Verbesserungen wird der Gesundheitsfonds hinsichtlich des seit 1994 geltenden Prinzips des Risikostrukturausgleichs (RSA) bringen. Der RSA soll die finanziellen Auswirkungen der von den Krankenkassen nicht beeinflussbaren Unterschiede ihrer Risikostrukturen ausgleichen. Es soll verhindert werden, dass die Krankenkassen sich dadurch Beitragsvorteile verschaffen, indem sie vor allem möglichst viele gesunde und gut verdienende Mitglieder anwerben und die Versorgung der kranken und chronisch kranken Versicherten vernachlässigen. Insgesamt aber wurde der Gesundheitszustand der Versicherten im Risikostrukturausgleich noch immer unzureichend berücksichtigt. Krankenkassen mit einer hohen Zahl kranker, insbesondere chronisch kranker Versicherter sind im Wettbewerb benachteiligt. Die Spanne zwischen den teuersten und den billigsten Kassen würde sich rasant vergrößern. Daher wird mit der Einführung des Gesundheitsfonds das bisherige Verfahren des RSA ab dem 1. Januar 2009 zielgerichteter ausgestaltet und darüber hinaus wesentlich vereinfacht.

Der steigende Beitragssatz bzw. die steigenden Ausgaben sind nicht in erster Linie eine Konsequenz aus der Einführung des Gesundheitsfonds. Die Ursachen dafür sind vielmehr an anderen Stellen auszumachen, namentlich durch Effekte wie den medizinischen Fortschritt, demographische Veränderungen (mehr ältere und auch multimorbide Menschen), steigende Arzneimittelausgaben, aber auch Ausgaben, wie von der Ärzteschaft geforderte höhere Honorare und Mehrausgaben im Krankenhausbereich. Steigende Ausgaben wären also auch bei Beibehaltung des bisherigen Systems unabwendbar. Abgesehen davon verzeichnet Deutschland im Vergleich zu allen Industrieländern den niedrigsten Kostenanstieg im Gesundheitswesen. Daran werden wir weiter arbeiten.

Neben einer gerechteren Verteilung der Einnahmen gehen mit der Einführung des Gesundheitsfonds weitere Vorteile einher. So sollen die Kassen die Weichen für gemeinsame Einrichtungen stellen, auch um hier die Arbeitgeber von unnötigem Verwaltungsaufwand zu entlasten. Ab dem 1. Januar 2011 erhalten Arbeitgeber, die dies wünschen, zusätzlich die Möglichkeit, ihre Beiträge, Beitragsnachweise und Meldungen gebündelt an eine Weiterleitungsstelle zu entrichten. Diese leitet die Beiträge an alle Sozialversicherungsträger weiter. Der neue Spitzenverband der Krankenkassen sichert eine bundesweit einheitliche Einzugspraxis. Das neue Finanzierungssystem des Gesundheitsfonds macht die Leistungen der Krankenkassen beim Leistungs- und Kostenmanagement transparenter.

Natürlich habe ich Verständnis für Ihre persönliche Situation und Ihre Sorge aufgrund möglicher finanzieller Belastungen. Wie bereits erwähnt, ist derzeit noch keine konkrete Aussage über den einheitlichen Beitragssatz möglich. Allerdings hat der Gesetzgeber den Krankenkassen die Möglichkeit eingeräumt je nach ihrer Wirtschaftlichkeit ihren Versicherten eine Prämie auszuzahlen, oder aber einen Zusatzbeitrag zu erheben. Daher empfehle ich Ihnen, sich ab dem 1. Januar 2009 genau über Prämien oder Zusatzbeiträge sowie über die unterschiedlichen Leistungen, Service und Qualität der Krankenkassen zu informieren und sich dann möglicherweise für einen Wechsel in eine andere Kasse zu entscheiden.

Wie bereits deutlich gemacht, ist aufgrund des demographischen Wandels, des medizinischen Fortschritts und anderen Faktoren mit einem Anstieg der Ausgaben zu rechnen. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, hat sich die SPD bei den Verhandlungen zur Gesundheitsreform für einen höheren Zuschuss der gesetzlichen Krankenversicherung aus Steuergeldern und auch für eine stärkere Einbeziehung der privaten Krankenkassen eingesetzt. Dies würde den Beitragssatz senken und hätte positive Auswirkungen auf die Beitragsgerechtigkeit. Beide Vorschläge scheiterten jedoch am Widerstand der Union. Außerdem strebt die SPD mit dem Modell der Bürgerversicherung eine Weiterentwicklung der Krankenversicherung an. Insbesondere sollen dabei die Beitragseinnahmen auf eine breitere Basis gestützt werden. Bisher wird das Gesundheitswesen lediglich über eine Säule, nämlich über Löhne und Gehälter finanziert. Mit dem Einbezug auch anderer Einkünfte, wie Einkünften aus Kapitalvermögen, aus gewerblicher und selbstständiger Tätigkeit, führt die Bürgerversicherung eine zweite Säule ein, die die Solidarität stärkt und zu einer Entlastung der Arbeitnehmer und Arbeitgeber führt. Deshalb werde ich mich auch weiterhin für die Einführung einer Bürgerversicherung einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Carola Reimann MdB