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Frage von Achim E. •

Frage an Carola Reimann von Achim E. bezüglich Soziale Sicherung

Gibt es statistisches Zahlenmaterial bzw. Erkenntnisse darüber, wie viele Frauen von Ehemännern mit Migrationshintergrund häusliche Gewalt erleben? Gerade die SPD betont immer wieder, das Sie für den Schutz von Minderheiten eintritt. Und gerade die SPD betont immer wieder das sie für Gleichbehandlung der Geschlechter eintritt. Gibt es Initiativen ihrer Partei hier in Braunschweig gegen Menschenrechtsverletzende Praktiken wie z. B. Zwangsverheiratung, Genitalverstümmelung, Kontaktverbote usw. Gibt es eine Ansprech- und Betreuungsstelle für Frauen die religiöser/häuslicher Gewalt ausgesetzt sind? Ist die Information richtig, dass in Braunschweig ca. 60% der Ehefrauen die in Ehen mit Migrationshintergrund leben grundgesetzwidrig ihr Selbstbestimmungsrecht nicht ausleben dürfen, weil von Politik, Polizei und Justiz nur halbherzig gegen Menschenrechtsverletzungen in dieser Beziehung einschreiten?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Ernst,

Ihre E-Mail vom 8. November 2007 zum Thema häusliche Gewalt gegen Frauen habe ich erhalten.

Ein Viertel aller Frauen erlebt laut wissenschaftlichen Studien irgendwann in ihrem Leben häusliche Gewalt. Nach Angaben des niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit sind in 90 bis 95% der Fälle Frauen die Opfer häuslicher Gewalt und Männer die Täter. Faktisch handelt es sich also überwiegend um Gewalt gegen Frauen, ausgehend von deren Ehemännern und Partnern. Häufig sind auch Kinder von dieser Gewalt mitbetroffen, zumindest als Zeugen.

Ein großer Fortschritt zur Verbesserung der Situation von Gewalt betroffener Frauen ist das unter Rot-Grün im Jahr 2002 in Kraft getretene Gewaltschutzgesetz. Seitdem haben Frauen das Recht, den Täter durch die Polizei der Wohnung verweisen zu lassen.

Auch die jetzige Bundesregierung hat das Problem Gewalt gegen Frauen im Blick.

Die Fraktionen der Großen Koalition haben am 19.09.2007 den gemeinsamen Antrag „Häusliche Gewalt gegen Frauen konsequent weiter bekämpfen“ eingebracht. Die Bundesregierung wird darin u.a. aufgefordert, das Thema Gewalt gegen Migrantinnen verstärkt in den Blick zu nehmen und Daten in der Kriminalitätsstatistik über ihren Opferstatus zu erheben. Das Thema Gewalt muss auch in der Aus- und Fortbildung von Juristinnen und Juristen, Ärztinnen und Ärzten und bei der Polizei stärker berücksichtigt werden. In den Ländern soll darauf hingewirkt werden, dass gerade für betroffene Migrantinnen niedrigschwellige, zugehende und anonyme Beratungsangebote zur Verfügung gestellt werden und eine mehrsprachige Informations- und Öffentlichkeitsarbeit und ein Ausbau der gezielt aufsuchenden Beratungsangebote stattfinden. Eine Informationspolitik, die die Migranten-Communities mit einbezieht, soll unterstützt werden. Dabei müssen auch die männlichen Familienmitglieder gezielt angesprochen werden.

Am 26. September 2007 wurde der zweite Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen vom Bundeskabinett beschlossen. Besondere Aufmerksamkeit gilt u.a. Frauen mit Migrationshintergrund. Denn Frauen mit Migrationshintergrund werden besonders häufig Opfer körperlicher und sexueller Gewalt. Das geht aus der Studie "Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland" hervor. Die Studie wurde im Auftrag des Bundesfamilienministeriums durchgeführt und bietet ein aktuelles, umfassendes und repräsentatives Bild von Ausmaß, Hintergrund und Folgen von Gewalt gegen Frauen in Deutschland. Die Studie können Sie unter www.bmfsfj.de herunterladen oder bestellen.

Dies alles sind wichtige Schritte auf dem Weg zu einer Verbesserung der Situation von Gewalt bedrohter und betroffener Frauen und darf aber gleichzeitig noch lange nicht das Ende dieses Weges sein.

Wie Sie richtig festgestellt haben, tritt die SPD für den Schutz von Minderheiten ein. Auch beim Thema häusliche Gewalt darf es keine pauschale Verurteilung von Ehen mit Migrationshintergrund geben.

Ihre Annahme, dass ca. 60 Prozent der Braunschweiger Ehefrauen, die in Ehen mit Migrationshintergrund leben, gesetzeswidrig nicht ihr Selbstbestimmungsrecht ausleben dürfen, kann ich nicht bestätigen. Meines Wissens gibt es hierzu keinerlei Erhebungen. Das Thema häusliche Gewalt wurde weder von Rot-Grün noch von der jetzigen Regierung halbherzig behandelt. Politik, Polizei und Justiz bekämpfen Menschenrechtsverletzungen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln.

Für die Opfer häuslicher Gewalt gibt es in Braunschweig mehrere Anlaufstellen:

Frauenhaus Braunschweig
Träger: AWO-Kreisverband Braunschweig e. V.
Postfach 20 33
38010 Braunschweig
Tel.: 0531/280 12 34 (Notaufnahmen rund um die Uhr möglich!)
Fax: 0531/8 66 95 72
E-Mail: info@frauenhaus-braunschweig.de

Frauen/Mädchenberatung bei sexueller Gewalt
Madamenweg 169
38118 Braunschweig
Tel.: 05 31 / 233 66 66
Beratungs- und Interventionsstelle (BISS) Braunschweig
Hochstraße 18
38102 Braunschweig
Tel.: 0531 / 707 52 58

Opferhilfebüro Braunschweig
Hochstraße 18
38102 Braunschweig
Tel.: 0531 / 7017877
http://www.opferhilfe.niedersachsen.de/master/C3149927_N3136102_L20_D0_I281267.html

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Carola Reimann MdB