Frage an Carola Reimann von Dorstewitz U. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Dr. Reimann,
seit 1964 bzw. 1968 zahlen die Krankenkassen für die türkischen, bosnische und ehemalige jugoslawische Versicherten die in Deutschland leben, die Krankenkosten der Angehörgien in der Türkei, Bosnien, eh. Jugoslawien etc. Wie kann es sein das dem in der Bundesrepublik Versicherten höhere Beiträge auferlegt werden, wenn wir Kosten für ausländische Landsleute bezahlen, die noch nie in der Bundesrepublik Deutschland waren. Ich zahle Krankenversicherungsbeiträge und mit denen werden die Krankheiten meiner direkten Familienangehörigen (Frau und Kinder) bezahlt. Meine Eltern sind bei mir z. B. nicht mitversichert. Ich kann nicht verstehen, das allein für die türkischen Ausländer eine Betrag von fast 600 Millionen jährlich aufgebracht werden müssen. Von den anderen betroffenen Ländern habe ich mich über die Höhe nicht informiert. Wann wird die Ungerechtigkeit abgeschafft? Werden Sie dieses Thema bei Wiederwahl in der nächsten Legislatur-Periode mit in den Bundestag einbringen? mfG
Sehr geehrter Herr Dorstewitz,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Sie müssen keine Sorge haben, dass Sie und alle anderen in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten durch die Sozialversicherungsabkommen benachteiligt werden.
Bei dieser Regelung mit anderen Staaten handelt es sich nicht um eine deutsche Besonderheit. Sie entspricht vielmehr internationalen Standard, wie er bereits seit vielen Jahrzehnten üblich ist. Die Regelung findet Anwendung in der allgemeinen Praxis sowohl des zwischenstaatlichen Sozialversicherungsrechts als auch des überstaatlichen Sozialversicherungsrechts. Die Sozialversicherungsabkommen stehen im Einklang mit internationalen und supranationalen Standards wie sie innerhalb der EU bestehen und werden strikt eingehalten.
Um nicht in jedem einzelnen Behandlungsfall eine verwaltungsaufwändige Abrechnung mit der Krankenversicherung des Wohnsitzstaates der Familienangehörigen durchführen zu müssen, erfolgt die Abrechnung der Kosten durch Monatspauschalbeträge je Familie. Diese Beträge basieren auf Durchschnittskosten. Bei der Abrechnung wird auf das Kostenniveau in den Wohnsitzstaaten der Familien abgestellt. Das unbürokratische Verfahren der Monatspauschalbeträge reduziert die Kosten für die Abrechnung deutlich.
Eine Klarstellung zum versicherten Personenkreis:
Zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehören die Ehefrau, sofern sie nicht selbst versichert ist, und die minderjährigen Kinder eines Versicherten.
Eltern eines Versicherten mit Wohnsitz z.B. in der Türkei sind nur dann ausnahmsweise anspruchsberechtigt, wenn sie nicht ohnehin leistungsberechtigt nach den Rechtsvorschriften des Wohnsitzstaates aufgrund einer eigenen Versicherung (z.B. wegen sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung) oder der Versicherung einer anderen Person sind, sie dabei nicht über eigene Einkünfte bzw. Eigentum verfügen und der unterhaltsverpflichtete Versicherte ihnen gegenüber tatsächlich Unterhaltsleistungen erbringt. Geschwister eines Versicherten sind nicht anspruchsberechtigt.
Zur Größenordnung:
Gerne möchte ich Ihnen das am Beispiel der Türkei verdeutlichen. Die letzten aktuellen Zahlen, die mir vorliegen, zeigen, dass der Anteil der gegenüber der Türkei zu leistenden Erstattungsbeträge zusammengefasst gerade mal 0,007 Prozent der Gesamtausgaben der deutschen ausmacht.
Die Mitversicherung in der Familienversicherung hat den Vorteil, dass sich ein Teil der aus diesen Ländern angeworbenen Arbeitnehmer dafür entschieden hatte, ihre Familienangehörigen nicht mit nach Deutschland zu nehmen. Der deutschen Krankenversicherung - und damit auch Ihnen und allen anderen deutschen Beitragszahlern - entstehen durch diese Regelungen keine Mehrbelastungen, sondern es wird erheblich gespart. Würden die Familienangehörigen nicht in ihren Herkunftsländern verbleiben, müssten sie zu den deutlich höheren deutschen Sätzen medizinisch versorgt werden. Die Ausgaben der Krankenkassen wären deutlich höher, würden die Familienangehörigen nicht in ihren Heimatstaaten leben, sondern von ihrem Recht, nach Deutschland nachzuziehen bzw. hier zu wohnen, Gebrauch machen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carola Reimann MdB