Frage an Carola Reimann von Silke A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Reimann,
wird das derzeit an einer Gesetzesänderung gearbeitet, die eine Privatisierung von Autobahnen und ebenso von Schulen ermöglicht? Angeblich soll dazu heute im Bundesrat sogar eine GG-Änderung beschlossen werden.
Wie stellt sich die SPD dazu? Was bleibt von den großen Gerechtigkeits- und Teilhabe-Ankündigungen des Martin Schulz?
Ist dieses nicht ein Thema, das im bevorstehenden Wahlkampf diskutiert werden sollte, anstatt kurz vorher auf kaltem Wegeg Fakten zu schaffen? Sollte nicht für mehr Steuergerechtugkeit gesorgt werden, um den Staat in die Lage zu versetzen die Lasten zu stemmen, anstatt den Großunternehmen die durch Steuerspartmodelle gewonnenen Einnahmen zusätzlich zu versüßen?
Wenn das so stimmt und heute mit Zustimmung der SPD Nägel mit Köpfen gemacht werden, ist diese Partei für mich endgültig nicht mehr wählbar.
Mit freundlichen Grüßen,
Silke Arning
Sehr geehrte Frau Arning,
vielen Dank für Ihre Anfrage auf abgeordnetenwatch.de.
Es wurde nicht an einer Gesetzesänderung gearbeitet, die eine Privatisierung von Autobahnen und Schulen ermöglicht. Am 1. Juni hat der Deutsche Bundestag ein umfangreiches Gesetzespaket zur Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen beschlossen. Dazu gehörten mehrere Grundgesetzänderungen.
Ausgangspunkt dieses Gesetzgebungsverfahrens war eine Einigung zwischen allen 16 Landesregierungen und der Bundesregierung im Oktober und Dezember 2016 über ein Paket von Maßnahmen, die zum Teil Änderungen des Grundgesetzes erfordern, zum Teil einfachgesetzlich geregelt werden. Über diese Vorhaben wurde auch medial seither viel berichtet.
Kernpunkt des Pakets ist die Neuregelung des Länderfinanzausgleichs ab dem Jahr 2020. In dem Paket enthalten ist auch eine Lockerung des Kooperationsverbots im Bildungsbereich, die es dem Bund ermöglicht, Geld für Bildungsinfrastruktur in finanzschwachen Kommunen zur Verfügung zu stellen, um beispielsweise Schulgebäude zu sanieren und zu modernisieren. 3,5 Mrd. Euro stehen dafür zur Verfügung. Das Geld geht vom Bund über die Länder an die Kommunen, die dann vor Ort entscheiden, wie es investiert wird.
Des Weiteren wird im Rahmen des Pakets der Unterhaltsvorschuss neu geregelt, den Alleinerziehende erhalten, wenn das eigentlich unterhaltspflichtige Elternteil nicht zahlt: künftig wird nicht nur bis zum 12. Geburtstag des Kindes gezahlt, sondern bis zum 18. Geburtstag, und während bislang maximal sechs Jahre lang gezahlt wurde, entfällt diese Befristung künftig komplett. Ich habe mich seit langem für die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses eingesetzt. Damit schaffen wir eine substantielle Verbesserung für Alleinerziehende und ihre Kinder, auch im Hinblick auf Teilhabe.
Ein weiteres Element des Paketes sind die Gesetzentwürfe, mit denen Verwaltung und Bau von Auotobahnen und sonstigen Bundesfernstraßen in Deutschland neu geordnet werden, indem eine Verkehrsinfrastrukturgesellschaft gegründet wird. Von vielen Seiten wurde die Sorge an mich herangetragen, dass im Zuge dieser Gründung eine Privatisierung von Autobahnen möglich sei. Ich habe auf diese Sorge bereits in meinen Antworten an Herrn Dr. Martin Arning und Herrn Oliver Goetz hier bei abgeordnetenwatch.de reagiert.
Ich stimme Ihnen zu, dass wir in den nächsten Wochen und Monaten unbedingt über mehr Steuergerechtigkeit in Deutschland diskutieren sollten. Die Steuerpolitik in den vergangenen Jahrzehnten hat durch viele Eingriffe die Umverteilungsfunktion stark eingeschränkt. Die Abschaffung der Vermögensteuer, die Privilegierung von Kapitaleinkommen durch die Abgeltungsteuer sowie von großen Betriebsvermögen im Rahmen der Erbschaftsteuer, zahlreiche Steuersenkungen für Bezieher hoher Einkommen und Unternehmen haben dazu geführt, dass Vermögende, reiche Erben und Spitzenverdienende im Verhältnis zu wenig zur Finanzierung des Gemeinwohls beitragen. Der Handlungsbedarf ist unübersehbar. Es darf nicht zugelassen werden, dass eine Parallelgesellschaft entsteht, in der Reiche und Vermögende von staatlichen Leistungen profitieren, sich aber bei der Finanzierung nicht nach angemessenen Kräften beteiligen. Ich denke mit Martin Schulz haben wir einen ganz starken Kämpfer für mehr Steuergerechtigkeit an unserer Spitze.
Gerne können wir uns auch persönlich über das Thema und die Ziele der SPD für mehr soziale Gerechtigkeit unterhalten. Für eine Terminabsprache wenden Sie sich bitte an mein Braunschweiger Büro. Die Kontaktdaten finden Sie hier: http://www.carola-reimann.de/kontakt/buergerbuero .
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carola Reimann MdB