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Carola Reimann
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Frage von Miro T. •

Frage an Carola Reimann von Miro T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Reimann,

ich möchte gerne erfahren, wie Sie heute zu der Einführung der Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung stehen, und weshalb es die SPD nun doch befürwortet, mich anlasslos zu überwachen?

Ergänzend dazu:
- Warum soll die Unschuldsvermutung nicht mehr gelten?
- Welche Belege gibt es für die Wirksamkeit dieses Instruments?
- Weshalb hat das Gutachten des max Planck Instituts, das die Bundesregierung selbst beauftragt hat und das die Wirksamkeit widerlegt, Unrecht?
- Wie werden Whistleblower noch gesichert kommunizieren können?
- Welche Fallbeispiele aus anderen Ländern sind Ihnen bekannt, in denen die Vorratsdatenspeicherung nachweislich zum Ermittlungserfolg beigetragen hat und nicht widerlegt ist wie bei Anders Breivik, den NSU Morden, den Charlie Hebdo Attentaten?
- Empfehlen Sie mir, aufgrund der anscheinend sehr hohen Gefährdungslage nicht mehr in Länder zu reisen die die Vorratsdatenspeicherung abgeschafft haben, wie z.B. die Niederlande, Bulgarien oder die Slowakei?

Freundliche Grüße,

Miro Tunk

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Tunk,

vielen Dank für Ihre E-Mail zur Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten. Bitte entschuldigen Sie die späte Rückmeldung.

Mit dem von Bundesjustizminister Maas vorgelegtem Gesetzentwurf wird eine eng begrenzte Pflicht für alle Telekommunikationsanbieter zur Speicherung von wenigen, genau bezeichneten Verkehrsdaten unter Ausnahme von Diensten der elektronischen Post – also E-Mail – eingeführt.

Dieser Gesetzentwurf ist damit viel restriktiver als das vom Bundesverfassungsgericht aufgehobene, ehemalige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung und auch viel restriktiver als CDU/CSU es gefordert hatten. Die Regelung zur Höchstspeicherfrist von Verkehrsdaten ist zudem deutlich enger als die alte EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung. Es werden weniger Daten für einen deutlich kürzeren Zeitraum gespeichert.

- Gespeichert werden müssen nur genau bezeichnete Verkehrsdaten, die bei der Telefonkommunikation anfallen (Rufnummer, Beginn und Ende des Telefonats, im Fall von Internet-Telefondiensten auch die IP-Adressen). Diese Daten sollen zehn Wochen gespeichert werden.

- Für die Bezeichnung der Funkzellen, die durch den anrufenden und den angerufenen Anschluss bei Beginn der Verbindung genutzt werden, gilt eine deutlich kürzere Speicherfrist von vier Wochen. Diese kurze vierwöchige Speicherfrist ist vorgesehen, weil über Funkzellendaten der Aufenthaltsort des Mobilfunknutzers bestimmt werden kann und wir nicht wollen, dass mittels dieser Daten Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile erstellt werden können. Zusätzlich muss im richterlichen Anordnungsbeschluss einzelfallbezogen begründet werden, warum der Abruf von Funkzellendaten erforderlich und angemessen ist. Anders als etwa in Frankreich dürfen Kommunikationsinhalte und aufgerufene Internetseiten nicht gespeichert werden.

- Um die Grundrechte der Betroffenen auf Datenschutz und Schutz ihrer Privatsphäre zu wahren, ist der Datenabruf nur zur Verfolgung von schwersten Straftaten möglich. Erfasst werden insbesondere terroristische Straftaten und Straftaten gegen höchstpersönliche Rechtsgüter, insbesondere Leib, Leben, Freiheit und sexuelle Selbstbestimmung. Daten von Berufsgeheimnisträgern wie Journalisten, Anwälten, Apothekern oder Ärzten unterliegen einem Verwertungsverbot. Dies gilt auch bei Zufallsfunden.

- Wichtig ist, dass der Zugriff auf die gespeicherten Daten transparent und restriktiv geregelt ist: Es gibt einen strengen Richtervorbehalt, d.h. nur auf richterlichen Beschluss hin dürfen Ermittlungsbehörden die Daten abrufen und es gibt keine Eilkompetenz der Staatsanwaltschaft oder der Polizei. Im Vergleich zu der vom Bundesverfassungsgericht verworfenen Regelung zur Vorratsdatenspeicherung ist der von Minister Maas vorgelegte Straftatenkatalog deutlich reduziert worden. Der Abruf von Daten wird nur für schwerste Straftaten möglich sein. Darüber hinaus müssen die Betroffenen grundsätzlich über jeden Abruf informiert werden. Nach Ablauf der Speicherfrist von zehn bzw. vier Wochen müssen die gespeicherten Daten gelöscht werden. Verstöße gegen die Löschpflichten oder die Weitergabe von Daten haben strenge Sanktionen für die Dienstanbieter zur Folge.

- Nur Strafverfolgungsbehörden dürfen die gespeicherten Daten zu eng definierten Strafverfolgungszwecken abrufen. Den Ländern wird ermöglicht, einen Abruf der Verkehrsdaten in ihren Polizeigesetzen zu regeln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für bestimmte konkrete schwerste Gefahren vorliegen. Nachrichtendienste wie der BND sind nicht Gegenstand des Gesetzentwurfs und erhalten keinen Zugriff auf die Daten.

- Um die Sicherheit der gespeicherten Daten zu gewährleisten, werden die Dienstanbieter zudem verpflichtet, die Daten zu schützen. Auch müssen die Server, auf denen die Daten gespeichert werden, innerhalb Deutschlands stehen. Wenn ein Dienstanbieter mit den gespeicherten Daten Datenhandel treibt und diese unbefugt an Dritte weitergibt, ist dies zukünftig eine Straftat nach dem neu zu schaffenden Tatbestand der Datenhehlerei.

Im Juni wurde der Gesetzentwurf in der 1. Lesung beraten. Aktuell liegt der Gesetzesentwurf zur Stellungnahme bei der EU-Kommission in Brüssel. Dieses sogenannte Notifizierungsverfahren dauert drei Monate. Nun ist die EU am Zug, den Gesetzentwurf zu prüfen. Im September wird dieser dann im Bundestag beraten, auch im Zuge einer Anhörung mit Expertinnen und Experten am 21. September.

Wir haben zum Thema Höchstspeicherfrist zahlreiche Zuschriften bekommen. Sie können sicher sein, dass die von Ihnen vorgebrachten Kritikpunkte auch Gegenstand der Diskussion im weiteren Beratungsgang sein werden.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carola Reimann MdB