Frage an Carola Reimann von Michael L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Dr Reimann,
vielen Dank für Ihre Antwort auf meine Fragen vom 4.9.13 und Ihr Angebot, meine letzte Frage nach ergänzenden Ausführungen noch nachträglich beantworten zu wollen.
Sie haben auch recht, meine am 4.9. gestellte Frage gab den von mir gemeinten Sinn nicht wieder.
Mich bewegt nach wie vor, ob der EURO wirklich für ein sozial gerechtes Europa wünschenswert ist. Ich anerkenne die ökonomischen Vorteile für Deutschland, diese stelle sich mir aber auch als ökonomische Nachteile der europäischen Südländer dar. Eine Währungsgemeinschaft kann ich nun leider eben nicht mit sozialer Gerechtigkeit in Verbindung bringen.
Damit wir uns an dieser Stelle nicht im Kreise drehen müssen zitiere ich kurz aus "Freiheit statt Kapitalismus" von Sahra Wagenknecht:"... Griechenland, die Wiege der europäischen Kultur und Philosophie ... fast nur noch als Synonym für Schlendrian, Faulheit und Trickserei vorkommt, ist ... Zeichen für den Verfall all dessen, was ... unter europäischen Werten zu verstehen wäre. Ohne Aischylos und Sophokles kein modernes Drama, ... ohne Platon und Aristoteles kein Descartes und kein Hegel ..."
Wenn Sie verstehen wollen, dass der EURO nicht nur nicht die Völker im Geiste von Kultur und Philosophie, sondern auch nicht im Sinne sozialer Gerechtigkeit zusammen bringen kann, sondern eben nur (!) ökonomisch, dann möchte ich Sie fragen, müsste eine sozial gerechte Europapolitik nicht erst ein Stück weit vom EURO wegrücken?
Meiner Erinnerung nach wurde die Bezeichnung "EURO" seinerzeit aus psychologischen Gründen gewählt, damit die nationalen Währungen und damit nationale Einstellungen allmählich in den Hintergrund träten. Diese "Strategie" hielt ich von Anfang an für lächerlich und sehe sie heute widerlegt, ich erinnere an Darstellungen von Frau Merkel mit Hakenkreuzsymbol.
Mir ist bekannt, dass Sie bisher den EURO verteidigten. Wäre die Wichtigkeit einer Währung nicht zu relativieren?
Mit freundlichem Gruß
M.Langer
Sehr geehrter Herr Langer,
gerne nehme ich Bezug auf Ihre erneute Anfrage auf abgeordnetenwatch.de.
Ich stimme Ihnen zu, dass die globale Finanz- und Wirtschaftskrise die Europäische Union vor neue Herausforderungen stellt. Das gilt auch und gerade für die Auswirkungen der Krise auf die soziale Gerechtigkeit innerhalb der Union. Wir möchten die soziale Dimension auf europäischer Ebene stärken, indem wir die Währungsunion zu einer Wirtschafts- und Sozialunion weiterentwickeln. Alle Maßnahmen der EU müssen auch auf ihre sozialen Auswirkungen hin überprüft werden.
Die SPD setzt sich dafür ein, den Währungsraum nicht zerbrechen zu lassen. Das wäre das falsche Signal. Die Auswirkungen auf die Wirtschaft und damit zwangsläufig auch auf den Arbeitsmarkt wären katastrophal. Deutschland hat der Euro-Einführung insgesamt rund ein Drittel seines Wirtschaftswachstums seit 1999 zu verdanken. Fast 60 Prozent der deutschen Exporte gehen in die EU, 40 Prozent in die Eurozone. Etwa 4,4 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland hängen von Ausfuhren in die EU-Staaten ab, darunter drei Millionen vom Export in die Eurozone.
Die Wachstumsvorteile des Euro für Deutschland belaufen sich laut einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung auf fast 1,2 Billionen Euro für den Zeitraum von 2013 bis 2025. Ohne den Euro gäbe es in Deutschland 200.000 Arbeitsplätze weniger. Ein ungeordnetes Auseinanderbrechen des Währungsraums darf und kann sich Deutschland nicht leisten. Klar ist aber auch, dass die Strukturreformen in allen Ländern Europas weitergeführt werden müssen. Solide Haushaltsführung sowie nachhaltige und zukunftsweisende Investitionen in Europa müssen unseren Kontinent fit machen für den globalen Wettbewerb.
Um die soziale Gerechtigkeit in Europa zu fördern, muss vor allem der Banken- und Finanzsektor reguliert und an den Kosten der Krise beteiligt werden. Dazu hat die SPD weitreichende Vorschläge gemacht: Eine europäische Bankenaufsicht mit starken Kontroll- und Zugriffsrechten und ein europäischer Bankenabwicklungsfonds, der sich aus Abgaben der Banken selbst speist, muss schnellstmöglich eingerichtet werden. Eine direkte Rekapitalisierung der Banken aus dem Staatenrettungsschirm ESM lehnen wir im Gegensatz zur Bundesregierung ab. Risiko und Haftung müssen in einer sozialen Marktwirtschaft zusammengehören.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carola Reimann MdB