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Frage von Matthias P. •

Frage an Carola Reimann von Matthias P. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Dr. Reimann,

im Interview "Wir wollen keine Verharmlosung" auf mitmischen.de sind folgende Aussagen von Ihnen zu lesen:

(1) "Bei einer Legalisierung fallen natürlich viele Dinge weg: die hohen Preise oder die kriminellen Milieus. Das bedeutet aber auch, dass man überhaupt keine staatliche Kontrolle mehr hat."

Folglich treten Sie für ein Alkoholverbot ein, um diese Substanz endlich der staatlichen Kontrolle zu unterstellen?

Des Weiteren sehen Sie den Wegfall drogenspezifischer krimineller Milieus als einen zu vernachlässigenden Effekt einer Legalisierung?

(2) "[…] wir wollen sehr wohl eine Entkriminalisierung der Konsumenten. Deshalb haben wir diese rechtliche Konstruktion. Was die straffreie Menge des Besitzes angeht, […]."

Daraus lese ich, daß Sie den Antrag "Eigengebrauch von Cannabis wirksam entkriminalisieren – Nationale und internationale Drogenpolitik evaluieren" von Bündnis 90/Die Grünen [1] unterstützen?

§ 31a BtMG stellt eine "Kann" Regelung dar, von der häufig genug nicht Gebrauch gemacht wird. Wie kommen Sie zu der Aussage, es gäbe eine per se straffreie "geringe" Mange?

(3) "In Holland ist natürlich die Legalisierung von Cannabis die Grundlage."

Sowohl der Besitz von Cannabis, als auch Coffeeshops werden in den Niederlanden lediglich toleriert, indem ihnen durch die Strafverfolgung eine sehr niedrige Priorität zugewiesen wird [2].

Können Sie meine Schwierigkeiten nachvollziehen zu verstehen, daß eine Expertin, wie Sie es sind, Aussagen über einen Themenbereich ihrer Expertise tätigt, die nicht den Tatsachen entsprechen? Wurden Sie falsch zitiert? Oder muß ich Ihnen bestenfalls Unwissenheit unterstellen?

Vielen Dank im voraus für Ihre Erklärungen!

Mit freundlichen Grüßen,
Matthias Pfahl

[1] http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/099/1709948.pdf
[2] http://www.emcdda.europa.eu/html.cfm/index5174EN.html?pluginMethod=eldd.countryprofiles&country=NL

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Pfahl,

vielen Dank für Ihr Schreiben mit Bezug auf das Interview „Wir wollen keine Verharmlosung“ über abgeordnetenwatch.de.

Auch ich nehme Alkoholsucht und missbräuchlichen Konsum als ein ernstzunehmendes Problem wahr. Daher müssten wir bei der Suchtprävention noch viel stärker als bisher gegen den übermäßigen und schädlichen Konsum von Alkohol vorgehen. Der Schaden, den ein solcher übermäßiger Alkoholkonsum mit sich bringt, bietet aus meiner Sicht allerdings keine argumentative oder logische Grundlage für die Legalisierung einer weiteren Droge.

Für eine (teilweise) Legalisierung von Cannabis gibt es sicherlich Gründe, aber eben auch gewichtige Argumente dagegen. Meiner Meinung nach ist es – wie im Interview und auch hier auf abgordnetenwatch.de vielfach dargestellt – eine Abwägungsfrage. Insofern sehe ich den Wegfall drogenspezifischer Milieus keinesfalls als einen zu vernachlässigenden Effekt einer Legalisierung von Cannabis an. Allerdings würde eine Regelung, die über die von der SPD angestrebte straffreie bundeseinheitlichen „geringe Menge“ hinaus ginge, ein falsches gesellschaftliches Signal in Form einer aus unserer Sicht unzulässigen Verharmlosung von Cannabis aussenden. Insbesondere bei den besonders schutzbedürftigen Jugendlichen würde eine Legalisierung einen falschen Eindruck hinsichtlich der gesundheitlichen und sozialen Gefahren erwecken, die von regelmäßigem Cannabiskonsum ausgehen. Aus diesem Grunde versuchen die drogenpolitische Sprecherin der SPD, Angelika Graf, und ich gemeinsam, auf eine Entkriminalisierung von Konsumenten ohne gleichzeitige Legalisierung hinzuarbeiten und plädieren zu diesem Zwecke für einen Mittelweg im Sinne einer bundeseinheitlichen Regelung in Bezug auf die straffreie geringe Menge des Besitzes.

Der Antrag der Grünen („Eigengebrauch von Cannabis wirksam entkriminalisieren – Nationale und internationale Drogenpolitik evaluieren“) kritisiert völlig zu Recht die aktuelle Rechtspraxis, doch schießt er aus meiner Sicht in Teilen über das Ziel hinaus. Ist die Forderung nach einer Kommission zur Evaluierung des Betäubungsmittelgesetzes noch verständlich und unterstützenswert, so ist die Forderung nach einem Gesetzentwurf, der den Anbau von Cannabis ohne transparente und exakte Grenze straffrei stellen soll, eher unrealistisch und naiv. Abgesehen von der nicht hinnehmbaren Bagatellisierung der Gesundheitsgefährdungen durch regelmäßigen Cannabiskonsum, die eine Legalisierung bedeuten würde, ist der Antrag aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion zu kurzsichtig und zu wenig konsequent hinsichtlich der daraus entstehenden Schwierigkeiten, um ihn unterstützen zu können. Die Grünen geben beispielsweise weder eine glaubhafte Begründung für die Frage, wie der Anbau zum Eigenverbrauch definiert bzw. kontrolliert werden soll, noch für den Umgang mit Folgeproblemen.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Carola Reimann MdB