Frage an Carola Reimann von Dirk J. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Dr. Reimann,
leider bekommen werdende Eltern im Zuge der Schwangerenvorsorge keine Informationen über das Risiko einer konnatalen Cytomegalieinfektion.
Vor über einem Jahr habe ich den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) direkt und auch indirekt über die zugelassenen Patientenverbände auf die Problematik hingewiesen.
In den Mutterschaftsrichtlinien, die der G-BA festlegt, ist bis heute kein Wort über CMV zu finden! Laut einer Studie könnte die deutsche Gesellschaft -nicht die Krankenkassen!- 80.000.000 € einsparen, wenn ein CMV-Screening eingeführt würde!
http://www.ipf-ac.at/pdf/aktuell/CMV_Paris_E_Walter.pdf
Selbst das Robert Koch-Institut, als Fachbehörde des Bundesministeriums für Gesundheit, sieht Handlungsbedarf!
Ist der Umstand etisch und ökonomisch vertretbar?
Was werden Sie in der Angelegenheit unternehmen?
Mit freundlichen Grüßen
D. Junge
"Da Schwangere bisher nicht regelmäßig über eine CMV-Infektion aufgeklärt werden und ihr CMV-Serostatus nur selten geprüft wird, steht eine Verbesserung der Informationspolitik im Vordergrund, um intrauterine CMV-Infektionen zu reduzieren. Studien haben gezeigt, dass durch eine Aufklärung über die Infektion sowie eine Hygieneschulung von Schwangeren die Rate an CMV-Primärinfektionen erheblich gesenkt werden kann.
...Auch sollten Schwangere, deren CMV-Serostatus negativ oder unbekannt ist, einen sehr engen Kontakt mit Kindern vermeiden, die zwischen 1 und 2 ½ Jahre alt sind und Betreuungseinrichtungen wie Kindergärten besuchen. Durch das Einhalten dieser Maßregeln könnten zahlreiche Infektionen und unnötiges Leid vermieden und darüber hinaus Behandlungskosten gesenkt werden. Die Prävention der konnatalen CMVInfektion sollte deshalb im öffentlichen Gesundheitswesen eine größere Aufmerksamkeit erfahren."
Quelle: Fortbildung für den Öffentlichen Gesundheitsdienst 2008
3.5 Die konnatale Cytomegalie: Ein unterschätztes Gesundheitsrisiko
Dr. Sebastian Voigt
PD Dr. Wolfram Brune
Robert Koch-Institut
Sehr geehrter Herr Junge,
vielen Dank für Ihr Schreiben auf abgeordnetenwatch.de!
Bereits im Oktober 2010 richteten Sie sich in einer Petition an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags mit der Aufforderung, er möge beschließen, dass der Umfang der Schwangerschaftsvorsorge nicht nur durch den Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) festgelegt werden kann, sondern auch durch den Deutschen Bundestag. Weiter forderten Sie einen Beschluss des Deutschen Bundestags, der eine Untersuchung des CMV-Status und eine Beratung verpflichtend für die Schwangerenvorsorge macht.
Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages hat Ihr Petitionsverfahren im Dezember 2010 beraten und sich dazu entschieden, dass Ihrem Anliegen zumindest in dieser Form nicht entsprochen werden kann und ich teile seine Begründung.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das oberste Entscheidungsgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Krankenkassen, Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten und Krankenhäusern in der gesetzlichen Krankenversicherung. Er ist vom Gesetzgeber beauftragt, den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung in rechtsverbindlichen Richtlinien zu konkretisieren. Unter der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Gesundheit beschließt der G-BA einheitliche Vorgaben für die konkrete Umsetzung von Recht und Gesetz in der Praxis und legt fest, welche Leistungen, z. B. welche neuen ambulanten Behandlungsmethoden von den Krankenkassen übernommen werden. Er berücksichtigt den aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse und untersucht den diagnostischen oder therapeutischen Nutzen, die medizinische Notwendigkeit sowie die Wirtschaftlichkeit einer Leistung. Und speziell für die CMV-Vorsorge wichtig: In die Beratungen zu Vorsorgeuntersuchungen werden insbesondere auch die Möglichkeiten einer medizinischen Behandlung der jeweiligen Erkrankung einbezogen.
Um dies noch einmal hervorzuheben: Während der Bundestag den rechtlichen Rahmen für die medizinische Versorgung der Bundesbürger absteckt, konkretisiert der G-BA als Sachverständigengremium den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung. Ich möchte an dieser Stelle genauso wie der Petitionsausschuss zum Ausdruck bringen, dass ich großes Vertrauen in die Fachkunde und in die sorgfältige Arbeitsweise des G-BA habe.
Eine Vorsorgeuntersuchung auf CMV klärt Schwangere über die Risiken von CMV auf und gibt Gewissheit über eine bereits zurückliegende oder akute Infektion. Die Untersuchung ist derzeit eine sogenannte IGel-Leistung und muss vom Versicherungsnehmer selbst bezahlt werden. Die Einführung dieser Untersuchung als routinemäßige Vorsorgeuntersuchung ist sicherlich erstrebenswert und ich habe Verständnis für Ihre Forderung. Offen bleiben jedoch die Folgen einer diagnostizierten Infektion: Solange es keine zugelassenen Heilmittel gegen eine akute CMV-Infektion gibt, wird die Diagnostik die Schwangere in erster Linie in einen Schwangerschaftskonflikt führen.
Wir werden deshalb weiterhin die aktuellen Entwicklungen in diesem Bereich beobachten, in der Hoffnung, dass in Zukunft auch eine Therapie verfügbar ist.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carola Reimann, MdB