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Carola Reimann
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Frage von Mirja W. •

Frage an Carola Reimann von Mirja W. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Dr. Reimann,

die Politik hat es in Hamburg ebenso wie auf Bundesebene bisher nicht geschafft eine zufriedenstellende Lösung für die gesundheitliche Versorgung illegaler Flüchtlinge zu entwickeln.

In meiner Heimatstadt Hamburg leben schätzungsweise bis zu 22.000 illegale Flüchtlinge, die keinen legalen Zugang zu medizinischer Versorgung haben. Die gesundheitlichen Probleme, die sich daraus ergeben sind z.T. immens. Von verschiedenen Seiten wurde in der Vergangenheit die Forderung erhoben, hier Abhilfe zu schaffen. Vorgeschlagen wurde u.a. die Einführung eines anonymen Krankenscheines für sog. Illegale. Meines Wissens ist dies noch in keinem Bundesland verwirklicht worden.

Ich würde mich freuen, wenn Sie mir kurz mitteilen, ob und inwieweit ihr Ausschuß sich mit dieser Frage beschäftigt, welche Positionen Sie, bzw. Ihre Partei in dieser Sache vertreten und welche Initiativen Sie ggf. in Zukunft auf den Weg bringen werden.

Mit freundlichen Grüßen
Mirja Wolke

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Wolke,

vielen Dank für Ihre Frage zum Thema medizinische Versorgung illegaler Flüchtlinge.

Der fehlende legale Zugang zu medizinischer Versorgung für gesundheitlich angeschlagene Personen ohne gültige Aufenthaltserlaubnis beschäftigte mich und auch den Gesundheitsausschuss immer wieder in den vergangenen Jahren, zuletzt bei den Beratungen zur Gesundheitsreform.

Wir wollen und müssen die Lebenssituation von Ausländern, die weder einen legalen Aufenthaltsstatus noch eine Duldung haben, verbessern. Derzeit können sich illegale Flüchtlinge nur an Hilfsorganisationen wie der Caritas, der Malteser Migranten Medizin oder in Hamburg an den interkulturellen Verein Verikom wenden, um Hilfe bei der Organisation eines anonymen Arztbesuches zu erhalten. In solch einem Fall bewegen sich jedoch alle Beteiligten in einer rechtlichen Grauzone.

Die bisher in Deutschland geltende aufenthaltsrechtliche Meldepflicht ist europaweit einmalig. Sie verpflichtet jede öffentliche Stelle, sich sofort bei der Ausländerbehörde zu melden, wenn sie im Rahmen ihrer Aufgaben Kenntnis erhält, dass sich ein Ausländer illegal in Deutschland aufhält. Das wirkt sich auf den Alltag der Betroffenen verheerend aus. Ausländer ohne Aufenthaltsstatus oder Duldung haben zwar ein Recht auf Gesundheitsversorgung. Doch müssen sie jeden Arztbesuch beim Sozialamt beantragen. Das Sozialamt muss die Ausländerbehörde informieren. Aus Angst vor der Abschiebung gehen die Betroffenen nicht zum Sozialamt, und damit auch nicht zum Arzt.

Wir möchten, dass sie ohne Angst vor Entdeckung den Arzt aufsuchen oder auch ihre Kinder in die Schule schicken und ihren Lohn einklagen können. Deshalb haben wir als SPD-Bundestagsfraktion zu Beginn dieser Wahlperiode ein Gesetz in den Bundestag eingebracht, dass die aufenthaltsrechtliche Meldepflicht einschränkt und derzeit federführend vom Innenausschuss beraten wird.

Künftig sollen nicht mehr alle öffentlichen Stellen zur Meldung verpflichtet sein, sondern allein Polizei- und Ordnungsbehörden sowie öffentliche Stellen mit der Aufgabe der Strafverfolgung und -vollstreckung. Wir sagen: Behörden, deren Aufgabe die Gefahrenabwehr ist, sollen auch künftig den illegalen Aufenthalt melden können. Aber aufenthaltsrechtliche Sicherheitsinteressen dürfen nicht auf Kosten elementarer Menschenrechte gehen. Ärzte und Pflegekräfte, die Mitarbeiter der Krankenhausverwaltung und Sozialämter dürfen nicht länger zur Gefahrenabwehr instrumentalisiert werden.

Es ist unerträglich, dass tödliche Krankheiten verschleppt werden, weil Kranke sich nicht zum Arzt trauen. Ein Ausländer mag kein Aufenthaltsrecht haben - trotzdem kann er nicht rechtlos sein. Denn Menschenrechte gelten für alle.

Neben der Verbesserung der rechtlichen Situation für die Nothilfe bei illegalen Flüchtlingen müssen wir aber auch grundsätzlich über weitere Maßnahmen nachdenken, die den Zugang zur medizinischen Versorgung unbürokratisch und zeitnah ermöglichen. Meine Fachkollegen und ich werden dazu in Zukunft weiterhin an Lösungen auf bundes- und landespolitischer Ebene arbeiten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Carola Reimann MdB