Frage an Carola Reimann von Max M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Dr. Reiman,
ich habe auf ZDF Videotext gelesen, dass Sie Herrn Dr. Rösler Untätigkeit in Sachen GKV (Zusatzbeiträte und überteuerte Medikamentpreise in der BRD vorwerfen.
Hat nicht Frau Ula Schmidt mit Ihrer Zustimmung 2009 den Gesundheitsfond eingeführt und auch die Zusatzbeiträge an die Arbeitnehmer und Rentner abgewälzt.
Soviel ich weiß war Ihre Partei 12 Jahre an der Regierung beteiligt.
Wieso haben Sie diese 12 Jahre nicht genutzt den Pharmakonzernen wegen der überteuerten Medikamentenpreise auf die Füße zu klopfen.
Mit freundlichen Grüßen
Max Mayerhofer
Sehr geehrter Herr Mayerhofer,
vielen Dank für Ihr Schreiben über „abgeordnetenwatch.de“.
Ich habe Minister Rösler aufgefordert Maßnahmen zu ergreifen, um die Kostensteigerungen insbesondere im Arzneimittelbereich einzudämmen, weil die Ausgaben in diesem Bereich besonders stark gestiegen sind. Leider hat der Minister bis heute keine einzige konkrete Maßnahme vorgelegt, um die Kosten einzudämmen. Die Folge: Im Jahr 2010 wird eine erhebliche Zahl an Versicherten von Zusatzbeiträge betroffen sein, weil die schwarz-gelbe Bundesregierung lieber die Bedürfnisse der Pharmaindustrie und der privaten Krankenversicherungen erfüllt, als die Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen vor ungebremst wachsenden Ausgaben zu schützen.
Es kann nicht sein, dass in Zeiten einer schweren Wirtschaftskrise Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und auch Rentnerinnen und Rentner die Lasten schultern müssen, indem sie die von FDP und Union gewollte kleine Kopfpauschale zahlen müssen, während die Ausgaben für Arzneimittel (+ 5,2%), für Ärzte (+ 8,9%) und für Krankenhäuser (+ 6,4%) steigen und steigen.
Herrn Rösler ist vorzuwerfen, dass er dieser Entwicklung monatelang untätig zugesehen hat. Die Zusatzbeiträge wären vermeidbar gewesen, wenn Herr Rösler rechtzeitig gehandelt hätte, statt immer neuer leerer Phrasen und Verweise auf die Ergebnisse der Regierungskommission. Mit dieser Haltung stehe ich im übrigen nicht allein: Selbst der Regierungspartner CSU hat Herrn Rösler Untätigkeit vorgeworfen.
Die SPD hat in den 11 Jahren an der Regierung zahlreiche Maßnahmen eingeleitet, um den Ausgabensteigerungen im Arzneimittelbereich entgegenzuwirken. Dazu zählen unter anderem die Einführung von Rabattverträgen, die Einrichtung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), sowie eine Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln. Vor allem letzteres gegen den erbitterten Widerstand der Union. Das sind alles wirksame Instrumente zur Ausgabenbegrenzung, die nun von Schwarz-Gelb wieder in Frage gestellt werden. Erstes deutliches Anzeigen dafür ist die Absetzung des Chefs des IQWiG, Peter Sawicki. Der international anerkannte, fachlich höchst kompetente und dazu unabhängige Experte war der Pharmaindustrie schon lange ein Dorn im Auge, weil durch die von ihm forcierte kritische Arzneimittelprüfung Milliarden für die gesetzliche Krankenversicherung und so für die Versicherten eingespart werden konnten - auf Kosten der Pharmaindustrie.
Richtig ist natürlich, dass die SPD der letzten Gesundheitsreform zugestimmt hat und somit auch der Möglichkeit zur Erhebung von Zusatzbeiträgen. Festzuhalten ist jedoch, dass die Zusatzbeiträge damals gegen den erklärten Willen der SPD von der Union durchgesetzt worden sind. Da die Reform ein Kompromiss zwischen der Bürgerversicherung der SPD und der Kopfpauschale der Union war, musste die SPD diese Kröte schlucken, um ihrerseits z. B. einen besseren Risikostrukturausgleich zwischen den Kassen und die Öffnung der hochspezialisierten Krankenhausambulanzen für gesetzlich krankenversicherte schwerkranke Patienten durchzusetzen. CDU/CSU wollten, dass diese auch weiterhin nur privat Versicherten zur Verfügung stehen. Dies hielt die SPD für ungerecht und unethisch.
Obwohl die SPD die Zusatzbeiträge nicht verhindern konnte, ist es uns gelungen, zumindest einige Sicherungen einzuziehen, die eine noch ungerechtere Belastung der Versicherten verhindern. So dürfen die Zusatzbeiträge z. B. grundsätzlich nicht mehr als 1% des beitragspflichtigen Einkommens eines Mitglieds betragen. Trotzdem sind die Zusatzbeiträge ungerecht. Sie belasten Arme stärker als Reiche und sie müssen alleine von Rentnerinnen und Rentnern sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gezahlt werden. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bleiben dagegen verschont. Gerade in Zeiten, in denen Unternehmen wie Schlecker Mini-Löhne zahlen, können wir nicht zulassen, dass die Unternehmer auch noch bei den Krankenkassenkosten entlastet werden und die Mitglieder der Kassen die Lasten der Wirtschaftkrise alleine tragen müssen.
Aus Gründen der Gerechtigkeit müssen die Zusatzbeiträge deshalb wieder abgeschafft werden.
Die SPD hat sich bereits im Wahlkampf dafür ausgesprochen, dass es eine Rückkehr zur paritätischen Finanzierung geben muss. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern müssen wieder zu gleichen Teilen und gemeinsam die Beiträge für die gesetzlichen Krankenkassen aufbringen. Dafür werde ich mich gemeinsam mit meinen Fraktionskolleginnen und -kollegen im Gesundheitsausschuss stark machen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carola Reimann MdB