Frage an Carola Reimann von Agneta B. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Dr. Reiman,
ich hoffe Sie können mir als Vorsitzende des Gesundheitsausschusses in einer Sache weiterhelfen, die ich sehr bestürzend finde.
Heute las ich auf Tagesschau.de den folgenden Artikel ( http://www.tagesschau.de/kommentar/sawicki104.html, aufgerufen am 22.01.10 ):
"[...] FDP-Gesundheitsminister Philipp Rösler hat einen wichtigen Lobbyisten der Privatversicherer in seinem Haus als Abteilungsleiter platziert. [...] So dass sich die Frage aufdrängt, ob nach den Steuergeschenken für Hoteliers bald Rabatte für Pharmaindustrie, Apotheker und die private Versicherungswirtschaft folgen - und wann sich der Gesundheitsminister um das Schicksal der 70 Millionen gesetzlich Versicherten kümmert? Erstaunlich ist nicht nur die Dreistigkeit in diesem Fall, sondern auch, dass die Union da überhaupt mitmacht und ihrem kleineren Partner FDP komplett freie Hand lässt."
Und nun frage ich mich, wie ist so etwas eigentlich möglich? Wieso kann Herr Dr. Rösler es sich erlauben, solch einen (international!) anerkannten Experten zu diffamieren um ihn loszuwerden? Haben Sie auch den Eindruck, dass da etwas nicht ganz stimmt??? Werden diese Vorfälle im Bundestag oder im Gesundheitsausschuss zur Diskussion kommen?
Mit freundlichen Grüßen,
Agneta Bock
Sehr geehrte Frau Bock,
vielen Dank für Ihre Frage über abgeordnetenwatch.de.
Ihre Empörung über die Absetzung des Chefs des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Peter Sawicki, kann ich sehr gut nachvollziehen. Auch ich habe mich geärgert, dass dieser international anerkannte, fachlich höchst kompetente und dazu unabhängige Experte gehen muss. Seine Ablösung war seit der Regierungsübernahme von Schwarz-Gelb absehbar. Bereits im Koalitionsvertrag wurde angekündigt, die Arbeit des IQWiG zu „überprüfen“. Dieses Vorgehen fügt sich nahtlos in eine bislang beispiellose Klientelpolitik von Minister Rösler ein: zu nennen sind hier zum Beispiel die Berufung eines hochrangigen PKV-Lobbyisten an die Ministeriums-Spitze sowie die zahlreichen Klientelgeschenke im Koalitionsvertrag insbesondere für Ärzte, Apotheker und die Pharmaindustrie. Insofern war es klar, dass der pharmakritische IQWiG-Chef abtreten musste.
Problematisch ist die Ablösung Sawickis auch deshalb, weil sich nun die Frage nach einer ebenbürtigen Nachfolge stellt. Gerade im milliardenschweren Gesundheitsbereich sind fachlich versierte und zugleich unabhängige Experten wie Herr Sawicki äußerst selten.
Es bedarf keiner großen Fantasie um sich auszumalen, dass die Kosten im Gesundheitsbereich ohne unabhängige Kontrolle nun noch stärker ansteigen werden als bisher.
Deswegen habe ich als Vorsitzende des Ausschusses für Gesundheit im Deutschen Bundestag das Thema der Kosten-Nutzen-Bewertungen und die Vorgänge im IQWiG oben auf der Agenda angesiedelt. Sie können sicher sein, dass sich der Ausschuss unter meiner Leitung in den kommenden Wochen intensiv mit dem Thema befassen wird. Schon für diese Woche habe ich das Thema auf die Tagesordnung des Ausschusses gesetzt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carola Reimann MdB