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Carola Reimann
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Frage von Hans-Jürgen S. •

Frage an Carola Reimann von Hans-Jürgen S. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Dr. Reimann,

ich leide seit 33 Jahren durch einen unverschuldeten Verkehrsunfall an s.g. neuropatischen Schmerzen. Diese Schmerzen sind auf Grund ihrer Komplexität und ihres Entstehungsortes, nur mit Medikamenten zu behandeln, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Zumindest ist es in meinem Fall muß ich Morphin einnehmen, dass mehr schlecht als recht hilft. Nun gibt es eine Möglichkeit meine Schmerzen gegen Null zu reduzieren. Das ist möglich mit Dronabinol. Leider verwährt mir die Krankenkasse dieses Medikament, weil es zu teuer und zu unerforscht ist. Es wird aber bei z.B. HIV-Patienten oder Krebs-Patienten angewndet und die Kasse übernimmt in diesen Fällen auch die Kosten. Dazu muß man wissen, dass Dronabinol der Hauptwirkstoff im Cannabis ist. Ich würde nach Aussage meines Arztes Dronabinol im Wert von ca. 1.000 EURO im Monat benötigen.
Nun meine Frage: Warum bekomme ich nicht die Möglichkeit Dronabinol einzunehmen, obwohl ich die gleichen Schmerzen wie ein HIV oder Krebspatient habe. Warum wird immer noch nach Krankheitsursprung und nicht nach den Krankheitsfolgen entschieden, wer solch ein Medikament einnehmen darf. Die Schmerzmedizin ist der Meinung, dass solch ein Medikament, bzw. Cannabis als generelles Schmerzmedikament die besten Hilfseigenschaften hat. Wieso wird mir dann das Medikament verwehrt wenn klar ist, dass ich mit diesem Medikament meine Lebensqualität wieder normalisieren könnte und sogar wieder Arbeiten gehen könnte. Das wäre doch nicht nur für mich, sondern auch für die Gesellschaft nicht nur ein finanzieller sondern auch ein gesundheitspolitischer Vorteil.
Frau Dr. Reimann, bitte sind Sie so nett und beantworten mir meine Frage. Sie können davon ausgehen, dass in Deutschland ca. 1 Mio. Menschen die gleichen Beschwerden haben wie ich. Sie würden alle gern ohne Schmerzen leben. Und es wäre möglich. Die Politik müsste nur ein Einsehen haben.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Scholz,

vielen Dank für Ihre Frage zum Wirkstoff Dronabinol.

Wie Sie schreiben, handelt es sich bei Dronabinol um einen Wirkstoff der Cannabispflanze. Momentan gibt es in Deutschland kein zugelassenes Fertigarzneimittel mit diesem Wirkstoff. Die Zulassung von Arzneimittel erfolgt durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf Antrag des Herstellers. Dabei werden die Wirksamkeit, die Unbedenklichkeit und die pharmazeutische Qualität des Arzneimittels geprüft. Nach Zulassung durch das BfArM sind patentgeschützte Arzneimittel grundsätzlich erstattungsfähig durch die Gesetzliche Krankenversicherung. Momentan liegen sowohl beim BfArM als auch bei einigen europäischen Staaten Anträge auf Zulassung von Fertigarzneimitteln mit dem Wirkstoff Dronabinol vor.

Wie Sie richtig schreiben, wird Dronabinol momentan nicht von der Gesetzlichen Krankenversicherung erstattet, weil bisher, wie oben bereits erwähnt, kein Arzneimittel mit diesem Wirkstoff zugelassen ist. Aufgrund der Rechtsprechung durch das Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 6.12.2005, Aktenzeichen BvR 347/98) wurden allerdings Ausnahmen definiert, unter denen bestimmte Patienten die Kosten für Dronabinol erstattet bekommen. Die Übernahme der Kosten wird dann gewährleistet, wenn der Patient unter einer lebensbedrohlichen Krankheit leidet, eine Behandlung nach allgemein anerkannten medizinischen Standard nicht zur Verfügung steht und der behandelnde Arzt den Einsatz der Therapie als positiv für den weiteren Krankheitsfall einschätzt. Die Kostenerstattung von Dronabinol erfolgt momentan also aufgrund seines noch nicht ausreichend nachgewiesenen Nutzens nur für Patienten, die an einer lebensbedrohlichen Krankheit wie HIV oder Krebs leiden.

Ich habe volles Verständnis dafür, dass Sie sich angesichts Ihrer gesundheitlichen Situation ein wirksames Schmerzmittel wünschen. Auch kann ich nachvollziehen, dass Sie ein Interesse an der Erstattung der Kosten durch Ihre gesetzliche Krankenkasse haben. Allerdings kann Dronabinol nur erstattungsfähig werden, wenn die Prüfung durch das BfArM erfolgreich ist. Da die Kosten für die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung von der Versichertengemeinschaft ge-tragen werden, muss die medizinische Wirksamkeit auf Basis von wissenschaftlichen Studien bewiesen sein. Hintergrund dafür ist die Verpflichtung der gesetzlichen Krankenkassen, die Beitragsgeldern der Versicherten wirtschaftlich zu verwenden. Zudem müssen die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Not-wendigen nicht überschreiten.

An dieser Stelle möchte ich zudem betonen, dass das Zulassungsverfahren des BfArM auch die Arzneimittelsicherheit erhöht. Eine entsprechende Prüfung gewährleistet, dass Betroffene neue Arzneimittel nur erhalten, wenn sie medizinisch unbedenklich sind und die Gesundheit nicht gefährden.

Wir als SPD-Bundestagsfraktion würden eine arzneimittelrechtliche Zulassung von dronabinolhaltigen Fertigarzneimittel als positiv bewerten. Allerdings müssten sich diese dann natürlich auch der Prüfung durch das BfArM unterziehen, um die Wirksamkeit und Sicherheit festzustellen. Eine Kostenübernahme der gesetzlichen Krankenversicherung ohne entsprechenden Beleg steht den Interessen der Solidargemeinschaft entgegen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carola Reimann MdB