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Frage von Christoph K. •

Frage an Carola Reimann von Christoph K. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Dr. Reimann,

unverheiratete Väter werden in Deutschland beim Sorgerecht diskriminiert. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Bundesregierung diesbezüglich Anfang Dezember 2009 bereits verklagt. Eine Gleichstellung beim Sorgerecht zwischen Vätern und Müttern sollte Praxis werden.
Die Regierungskoalition aus CDU/FDP hat bereits eine Gleichstellung nach Auswertung einer Studie aus dem Justizministerium in Aussicht gestellt. Ebenso sind im Koalitionsvertrag die Zusammenarbeit mit Väterorganisationen verankert.

Wie ist die Position der SPD zur Gleichstellung bei unverheirateten Vätern beim Sorgerecht?
Gerade im Hinblick auf die kommende Wahl in NRW ist für viele Familien und Väter die Position der SPD zu diesem Theam ein Gradmesser für gute Familienpolitik.

Gerne höre ich.

Mit freundlichen Grüßen

C. Kulm

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kulm,

vielen Dank für Ihre Frage zum Sorgerecht für unverheiratete Eltern.

Nach geltendem Recht steht das Sorgerecht für ein Kind beiden Eltern gemeinsam zu, wenn die Eltern verheiratet sind oder übereinstimmend erklären, dass sie die gemeinsame Sorge nach § 1626a BGB übernehmen wollen. Bei nicht verheirateten Eltern ist die gemeinsame Sorge nur mit Zustimmung der Mutter möglich. Verweigert sie ihre Zustimmung, hat sie die Alleinsorge. Die notwendige Zustimmung der Mutter kann bisher auch nicht durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt werden.

Hintergrund dieser Entscheidung durch den Gesetzgeber war die Überlegung, dass Beziehungen zwischen unverheirateten Eltern nicht immer verbindlich sind, sondern auch flüchtig sein können. Allerdings wird auch davon ausgegangen, dass sich die Eltern auf ein gemeinsames Sorgerecht einigen, wenn keine schwerwiegenden Gründe, die das Kindeswohl gefährden, dagegen sprechen. Wie Sie bereits in Ihrem Schreiben erwähnt haben, hat 2008 das damals SPD-geführte Bundesjustizministerium ein Forschungsvorhaben in Auftrag gegeben, um herauszufinden, ob und unter welchen Bedingungen unverheiratete Eltern tatsächlich ein gemeinsames Sorgerecht beantragen können. Die Ergebnisse der Studie liegen bisher noch nicht vor.

In der von Ihnen angeführten Entscheidung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wurde nicht die Ansicht vertreten, nach der unverheiratete Eltern ohne Voraussetzung mit verheirateten Eltern im Sorgerecht gleich gestellt werden sollten. Vielmehr bezeichnete der Europäische Gerichtshof die Entscheidung, dass die notwendige Zustimmung der Mutter bei unverheirateten Eltern nicht gerichtlich überprüft werden darf, als unverhältnismäßig.

Wir als SPD-Bundestagsfraktion erachten es insofern als sinnvoll, wenn das mütterliche Zustimmungserfordernis in Fällen, in denen ein gemeinsames Sorgerecht für das Kindeswohl förderlich ist, gerichtlich überprüft werden kann. Mit dieser Regelung würde man einerseits Einzelfällen gerecht werden und andererseits bekämen Väter, die sich wirklich kontinuierlich und intensiv um ihr Kind kümmern, eine bessere Unterstützung.

Die Gleichstellung mit verheirateten Eltern durch eine gemeinsame Sorge der Eltern ohne jegliche Voraussetzungen lehnen wir allerdings ab. Leider gibt es eine nicht zu unterschätzende Anzahl von Kindern, die aus flüchtigen oder instabilen Beziehungen stammen und deren Vätern keine oder keine nennenswerte Verantwortung für ihre Kinder übernehmen. Diesen Vätern durch die gemeinsame Sorge die Möglichkeit zu geben, an wichtigen Entscheidungen teilzunehmen und damit den Müttern in ihren Handlungsmöglichkeiten einzuschränken, würde die ohnehin schwierige Konstellation zusätzlich belasten und insbesondere die betroffenen Kinder stark beeinträchtigen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carola Reimann MdB