Portrait von Carola Reimann
Carola Reimann
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Carola Reimann zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Dirk R. •

Frage an Carola Reimann von Dirk R. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Dr. Reimann,

seit 2007 besteht der Beschluss des gemeinsamen Bundesausschusses zum Thema Spezialisierte ambulante Palliativversorgung mit der relativ mageren Aussage "die Belange von Kindern sind im besonderen Maße zu berücksichtigen".
Nachwievor basiert die Versorgung sterbender Kinder in fast allen Regionen Deutschlands auf Ehrenamtlichkeit, Spenden, Pilotprojekten oder ähnlichem, wird jedenfalls nicht durch die Leistungen der eigentlich Zuständigen, den Krankenkassen, getragen.
Trotz der Vorlage von Konzepten zu SAPV-Teams mit der besonderen Spezialisierung für Kinder und Jugendlichen (z.B. in Niedersachsen, Bayern, NRW, Hamburg, Hessen etc.) kommt es durch die Kostenträger immer wieder zu Verzögerungen, deren Intention nicht besonders kommentiert werden muss.
So wurden bereits in dem einen oder anderen Bundesland unterschriftsreife Vereinbarungen mit den Vertretern/innen aller gesetzl. Kassen erarbeitet (z.B. in Niedersachsen), nur um dann komplett von den Kassen wieder umgestoßen und in Frage gestellt zu werden (=mehrmonatige Verzögerung oder Scheitern).
Somit gehen wir bereits in das dritte Jahr, in dem der gesetzliche Anspruch von Kindern und Jugendlichen, die ein Recht auf eine bestmögliche, spezialisierte Versorgung haben, nicht entsprochen wird. Die gerichtliche Durchsetzung der Ansprüche ist in einer solchen Situation weder den Familien noch den Patienten zuzumuten (und käme gff. zu spät).
Wie beurteilen Sie bzw. wie beurteilt der Gesundheitsausschuss des Bundestages, diese Situation?
Gibt es Aktivitäten, den Kindern hier zu helfen? Wenn ja, welche?
Vielen Dank für Ihre Stellungnahme.

Prof. Dr. D. Reinhardt, Kinderarzt, Päd. Hämatologie und Onkologie, Vorsitzender "Netzwerk für die Betreuung schwerkranker Kinder und Jugendlicher e.V.(Niedersachsen/Bremen),
Sprecher der pädiatrischen Palliativ-AG Niedersachsen/Bremen

Portrait von Carola Reimann
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Reinhardt,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Palliativmedizin.

Im Rahmen der Gesundheitsreform 2007 wurde durch die große Koalition auf Betreiben der SPD-Bundestagsfraktion für Betroffene einen Anspruch auf spezialisierte ambulante Palliativversorgung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung verankert. Die Palliativversorgung zielt darauf ab, die Lebensqualität und die Selbstbestimmung schwerstkranker Menschen, die an einer nicht heilbaren, fortgeschrittenen Krankheiten leiden, zu verbessern. Insbesondere für Kinder und Jugendliche sollten dabei Angebote geschaffen werden, die ihren besonderen Be-langen gerecht werden. Mit der Verankerung des Leistungsanspruches ist es er-klärtes Ziel gewesen, eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Palliativversorgung in Deutschland zu etablieren.

Die Umsetzung der Palliativversorgung obliegt im Rahmen der gemeinsamen Selbstverwaltung den Krankenkassen und den Leistungsträgern. Auf Grundlage der vom Gemeinsamen Bundesausschuss verabschiedeten Verordnung zur spezialisierten ambulanten Palliativversorgung sollen zwischen Krankenkassen und Leistungsträger entsprechende Verträge zur flächendeckenden Versorgung abgeschlossen werden.

Die Umsetzung durch entsprechende Vertragsabschlüsse insbesondere für Kinder und Jugendliche, gestaltet sich laut Bericht des Gemeinsamen Bundesausschusses mit dem Stichtag 30. September 2008 differenziert. Auf Grundlage einer Befragung von 128 von insgesamt 186 aller Krankenkassen gaben ca. 60% an, dass es besondere vertragliche Regelungen zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen gibt. Allerdings wurden in vielen Fällen keine weiteren Ausführungen bezüglich des Inhalts dieser besonderen Verträge gemacht, sondern lediglich auf geplante Verträge verwiesen.

Ich kann nachvollziehen, dass Sie die bisherige Umsetzung der Verträge für Kinder und Jugendliche kritisieren. Auch die Ergebnisse G-BA-Berichtes zeigen, dass das Ziel einer flächendeckenenden Palliativversorgung noch nicht erreicht wurde. Zudem sehe ich angesichts der Tatsache, dass mit bedarfsgerechter Palliativversorgung die Lebensqualität von betroffenen Kindern und Jugendlichen wesentlich gehoben werden kann, eine besondere Dringlichkeit für den Abschluss entsprechender Verträge. Hier sind insbesondere Krankenkassen und Leistungsträger in der Pflicht, endlich im Rahmen der Selbstverwaltung ihrer Verantwortung nachzukommen.

Weil wir mit der bisherigen Umsetzung unzufrieden sind, haben wir Anfang Januar 2009 im Rahmen einer Anhörung im Ausschuss für Gesundheit unseren Unmut über die derzeitigen Situation gegenüber den Vertretern der Krankenkassen und Leistungserbringer zum Ausdruck gebracht. Auch erhielten Verbandsvertreter aus dem Bereich der Palliativmedizin die Gelegenheit, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Wir werden uns als SPD-Bundestagsfraktion weiterhin für den Ausbau der Palliativversorgung einsetzen und fordern zudem verstärkte Anstrengungen in der Aus- und Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten sowie von Pflegekräften.

Sie können sich sicher sein, dass ich die weitere Umsetzung der Palliativversorgung genau beobachten werde und mich zudem im Rahmen meines Amtes als Ausschussvorsitzende dafür einsetze, dass die Ergebnisse weiterhin kritisch im Ausschuss für Gesundheit diskutiert werden.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carola Reimann MdB