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Carola Reimann
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Frage von Frank Di B. •

Frage an Carola Reimann von Frank Di B. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrte Frau Dr. Reimann,

mit einigem Interesse habe ich die Diskussion um die Änderung der Bachelor- und Master-Studiengänge verfolgt. Dazu habe ich eine eher grundsätzliche Frage. Im Gegensatz zu (den meisten) anderen Staaten gibt es in Deutschland das duales System der Berufsausbildung. In anderen Staaten, die seit langem mit dem Bachelor-/Mastersystem arbeiten, gibt es meines Wissen im Prinzip zwei Kategorien von Mitarbeitern/Arbeitnehmern: Ungelernte Arbeitnehmer und Arbeitnehmer mit Bachelor- bzw. mit Masterabschluss. Jetzt frage ich mich, inwieweit bei der Berechnung des deutschen Anspruchs auf Akademiker-Quoten die Berufsausbildungsabsolventen Berücksichtigung fanden, da diese zwar nicht an einer Hochschule waren, aber ebenso wie der Bachelor über einen (ersten) berufsqualifizierenden Abschluss verfügen. Falls die Berufsausbildungsabsolventen keine Berücksichtigung fanden, dann interessiert mich, warum nicht.
Ich bin gespannt auf Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen aus Braunschweig
Frank Di Bartolo

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Di Bartolo,

vielen Dank für Ihre Frage über abgeordnetenwatch.de. Darin sprechen Sie das sehr schwierige Problem der internationalen Vergleichbarkeit bildungspolitischer Kenngrößen an. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) betreibt etwa in ihren jährlichen Bildungsberichten einen hohen Aufwand, um die nationalen und regionalen Besonderheiten in den Bildungssystemen über Neuberechnungen oder eine plausible Indexbildung vergleichbar zu machen. Dabei ist der Faktor duales Berufsbildungssystem nur einer unter vielen. Die OECD ordnet die Abschlüsse nach einem System ISCED (Level 0-6). In diesem sind auch Berufsbildungsabsolventen (ISCED 3, Fortbildungen wie Meister oder Techniker auch 4) sowie BA-Absolventen verortet (ISCED 5). Doch auch dies sichert keine volle Vergleichbarkeit, da bereits innerhalb Europas, wie Sie zurecht sagen, erhebliche Unterschiede bestehen, inwieweit gleiche Berufe (z.B. Lehrer oder Krankenschwester) über akademische bzw. über nichtakademische Bildungsgänge erlernt werden. Die Akademikerquoten sind daher kaum direkt vergleichbar. Im übrigen haben auch Staaten ohne duales Berufsbildungssystem eigene, oft schulische Berufsbildungssysteme oder zumindest Regelungen zur Anerkennung von informell erworbenen Berufsqualifikationen. Der Begriff "ungelernt" trifft die Wirklichkeit daher auch nur zum (kleineren) Teil. Lassen Sie sich hier bitte nicht vom Begriff "berufsqualifizierend" in die Irre führen: Der Begriff bestimmt nicht die nationale/internationale Einstufung, sondern, ob mit dem Abschluss ein Zugang zum ersten Arbeitsmarkt eröffnet wird, also eine Nachfrage nach dem erlernten Beruf besteht. Auf die Frage der Akademikerquote selbst hat der Begriff keinen Einfluss und eine Einbeziehung der Berufsbildungsabsolventen erscheint weder notwendig noch sachlich geboten.

In der Hoffnung, Ihnen die Untiefen internationaler Bildungsvergleiche
näher gebracht zu haben, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Dr. Carola Reimann MdB