Frage an Carola Reimann von Martin J. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Reimann,
die Vorlage des Gendiagnostikgesetzes wirft eine Menge Fragen auf, diese Fragen beziehen sich nur auf die reinen Abstammungstests :
1.) Reicht in Zukunft das schriftliche Einverständnis aller Beteiligten oder muss immer ein Arzt Zeuge sein ? Kann eine Behörde oder ein Labor auch als Zeuge fungieren ?
2.) Sollte das nur über den Arzt möglich sein, wird es bzgl. einer Ahnenforschung extrem schwer für Menschen mehr über sich und die eigene Herkunft herauszufinden. Darf ich dann noch die Briefmarke meines verstorben Urgroßvaters zu einem Test heranziehen, oder ist das schon illegal ?
3.) Wenn mein Bruder und ich uns testen lassen wollen, muss da auch der Arzt involviert werden, den geht das an sich nichts an?!
4.) Wenn alles nur noch über Gericht oder Arzt laufen muss, kann niemand das bezahlen, dann fehlen Richtlinien für die Ärzte, die Menschen werden dann wirklich ins Ausland wandern mit Ihren Problemen.
5.) Bisher haben Soldaten Ihr Genmaterial hinterlegt, ein Vergleich nach einem Tode wäre nach dem jetzigen Gesetzesentwurf verboten, oder ?
Bei einem Abstammungsgutachten erhält man keine Infos über Eigenschaften von Personen , am Ende haben Sie nur eine Liste mit Zahlen, durch die eine Person beschrieben wird. In anderen Ländern werden Menschen direkt nach der Geburt getestet (nach Gesetz vorgeschrieben), wieso hat man hier eine derartige Angst davor ?
Es würde doch reichen, wenn im Gesetz geregelt ist, dass für die Anerkennung bei Behörden ein bezeugter Identitätsnachweis durch Behörde, Arzt, Labor zwingend notwendig; bei privaten Tests (außergerichtlich) eine Einverständniserklärung aller Beteiligten vorliegen muss.
Oder sagt das Gesetz genau das ?
Vielen Dank
Mit freundlichen Grüßen
Martin Johannes
Sehr geehrter Herr Johannes,
Abstammungsgutachten bzw. sog. Vaterschaftstests sind nicht zentraler Regelungsbereich des Gendiagnostikgesetzes (GenDG). Vielmehr regelt das GenDG ganz allgemein den Umgang mit genetischen Daten. Da es sich aber bei Vaterschaftstests auch um genetische Untersuchungen handelt, sind diese Tests von diesem Gesetz mit erfasst und - wie alle heimlichen genetischen Tests - mit Bußgeld oder Strafen bewehrt. Schwerpunktmäßig befasst sich das GenDG mit genetischen Untersuchungen zu medizinischen Zwecken. Für diese Untersuchungen ist der von Ihnen erwähnte Arztvorbehalt wesentliche Voraussetzung. Im Bereich der Abstammungsuntersuchungen sollen genetische Untersuchungen nur von dafür qualifizierten Personen oder Einrichtungen durchgeführt werden.
Für die von Ihnen angesprochenen Fragestellungen zu Klärung der Abstammung ist aber das seit 01.04.2008 geltende "Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren" maßgeblich. Seitdem ist es möglich, die genetische Abstammung eines Kindes unabhängig von der Anfechtung der Vaterschaft feststellen zu lassen. Grundlage dieses Gesetzes ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Februar 2007, das das Klärungsinteresse von Kindern, Müttern und Vätern verfassungsrechtlich geschützt hat. Das o.g. Gesetz trägt diesen Klärungsinteressen Rechnung, indem Vätern, Müttern und Kindern jeweils gegenüber den anderen beiden Familienangehörigen ein Anspruch auf Klärung der Abstammung eingeräumt wird. Die Betroffenen müssen in die genetische Abstammungsuntersuchung einwilligen und die Entnahme der erforderlichen Proben dulden. Willigen die anderen Familienangehörigen nicht in die Abstammungsuntersuchung ein, wird ihre Einwilligung grundsätzlich vom Familiengericht ersetzt. Um dem Kindeswohl in außergewöhnlichen Fällen (besondere Lebenslagen und Entwicklungsphasen) Rechnung zu tragen, kann das Verfahren ausgesetzt werden. Damit wird sichergestellt, dass der Anspruch nicht ohne Rücksicht auf das minderjährige Kind zu einem ungünstigen Zeitpunkt durchgesetzt werden kann. Eine ausführliche Erläuterung des Gesetzes ist im Rahmen dieser Antwort leider nicht möglich, Sie finden aber im Internet eine ausführliche Darstellung, z.B. auf der Homepage des Bundesjustizministeriums:
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carola Reimann MdB