Frage an Carola Reimann von Helga W. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Dr. Reimann,
seit fünf Jahren verfolge ich bereits die politischen Bemühungen um ein Patientenverfügungsgesetz. Es gab dabei viele Verzögerungen, Durststrecken, aber auch interessante Ansätze. Nun scheint das Vorhaben zu scheitern - und das an politischen Eitelkeiten. Das will ich nicht hinnehmen!
Bei diesem Thema geht es um mein Leben und um mein Sterben und darum, beides zu gestalten. Es muss endlich Sicherheit geben. Ich möchte ein Dokument verfassen können, das dann verbindlich ist, wenn ich mich selbst nicht mehr äußern kann.
Im Augenblick versinken Betroffene, Angehörige, Ärzte und Vormundschaftsrichter tief im ethischen und juristischen Treibsand. Denn es hängt vom Richter und damit vom Zufall ab, wie Entscheidungen über lebensverlängernde Maßnahmen ausfallen.
Bitte denken Sie an die mehr als neun Millionen Menschen, die bereits eine Patientenverfügung verfasst haben! Ich bin mir sicher: Weit mehr hätten gern ein solches Dokument, bezweifeln aber, dass sich Ärzte im Ernstfall daran halten würden. Das sind unhaltbare Zustände, die nur durch ein Gesetz geändert werden können. Jeder der in den Bundestag eingebrachten Gesetzentwürfe bedeutet eine Verbesserung gegenüber der derzeitigen Praxis.
Nehmen Sie Autonomie und Fürsorge am Lebensende ernst, und entscheiden Sie jetzt! Es ist Ihre Pflicht, sich dafür einzusetzen, dass noch in dieser Legislaturperiode ein Patientenverfügungsgesetz verabschiedet wird!
Bitte informieren Sie mich über Ihre Position zu diesem Thema - und wie Sie weiter vorgehen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Helga Welz
Sehr geehrte Frau Welz,
vielen Dank für Ihre Frage über abgeordnetenwatch.de.
Wie Sie vielleicht schon den Medien entnommen haben, hat der Deutsche Bundestag am vergangenen Donnerstag den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts, bekannt als so genannter Stünker-Entwurf, mit großer Mehrheit verabschiedet. Auch ich habe diesen Antrag unterstützt. Der fraktionsübergreifende Gesetzentwurf, der von SPD, FDP, Linken und Grünen getragen wird, erkennt dem Patienten unabhängig von Art und Stadium seiner Krankheit das Recht zu, über Einleitung und Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen selbst zu entscheiden.
Ihre Befürchtung, dass eine gesetzliche Regelung zur Patientenverfügung im letzten Moment doch noch scheitert, ist glücklicherweise nicht eingetreten. Nach jahrelangen intensiven Diskussionen über die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Patient vorab verbindlich festlegen kann, ob im Falle seiner späteren Äußerungsunfähigkeit lebenserhaltende Maßnahmen durchgeführt werden, hat der Gesetzgeber dies nun endlich im Sinne einer am Patientenwillen orientierten Regelung entschieden. Damit haben auch die schätzungsweise neun Millionen Menschen, die bereits eine Patientenverfügung verfasst haben, mehr Rechtssicherheit. Auch für die Angehörigen, Ärzte, Pfleger und die rechtlichen Vertreter des Sterbenden haben wir jetzt einen klaren rechtlichen Rahmen geschaffen.
Nach dem jetzt verabschiedeten Entwurf ist der sicher festgestellte Patientenwille für den Arzt bindend. Zuvor hat der Betreuer jedoch zu prüfen, ob der Patient in der Patientenverfügung Festlegungen gerade für die Lebens- und Behandlungssituation getroffen hat, über die nun zu entscheiden ist. Kommen Betreuer und Arzt hier zu unterschiedlichen Einschätzungen, so ist das Vormundschaftsgericht einzuschalten. Die Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden. Eine vorhergehende Beratung und eine in Abständen erfolgende Aktualisierung werden empfohlen, sind jedoch keine Wirksamkeitsvoraussetzung.
Ich denke, dass wir nun eine gute gesetzliche Grundlage geschaffen haben, die Rechtsklarheit bringt und das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen in den Mittelpunkt stellt. Der Gesetzentwurf wird voraussichtlich am 10. Juli den Bundesrat passieren und soll am 1. September 2009 in Kraft treten.
Den Entwurf des Gesetzes finden Sie unter folgendem Link:
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carola Reimann MdB