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Carola Reimann
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Frage von Achim L. •

Frage an Carola Reimann von Achim L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dr. Carola Reimann,

hier eine Meldung von Herrn Müntering: Zitat: Abweichler? Die gibt es nicht, sagt SPD-Chef Müntefering und verspricht: Alle SPD-Wahlleute werden in der Bundesversammlung Schwan wählen – bis zum Sieg. Zitat Ende: Quelle: http://www.focus.de/politik/deutschland/muentefering-ueber-schwan-durchwaehlen-bis-sie-gewonnen-hat_aid_396010.html

Was ist das für ein Demokratieverständnis? Kann ein Abgeordneter nicht nach seinem Gewissen abstimmen? Ist der Fraktionszwang höher zu werten als die persönliche Meinung eines Abgeordneten?

Ich bin sehr auf Ihre Meinung gespannt.

Mit freundlichen Grüßen
Achim Lürken

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Lürken,

vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Bundespräsidentinnen- bzw. Bundespräsidentenwahl.

Der Parteivorsitzende der SPD sagt in dem von Ihnen zitierten Focus-Artikel, dass er davon ausgeht, dass alle SPD-Wahlleute in der Bundesversammlung Gesine Schwan wählen werden. Dies war Frank Münteferings Reaktion auf den am Wochenende in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung veröffentlichten Artikel, der besagte, dass Gesine Schwan nicht mit allen Stimmen der SPD-Wahlfrauen und –Männer rechnen könne.

Bei der Wahl der Bundespräsidentin bzw. des Bundespräsidenten sind die Abgeordneten nur ihrem Gewissen unterworfen. Der Begriff „Fraktionszwang“ beschreibt im engeren Sinne eine direkte Möglichkeit der Fraktion, Abgeordnete zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten zu bewegen. Diese Möglichkeit gibt es in der Bundesrepublik Deutschland nicht, denn nach § 38 GG sind Abgeordnete „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“. Das Grundgesetz garantiert also, dass jeder Abgeordnete freie Entscheidungen nach eigenem Gewissen treffen kann, ohne Konsequenzen bei abweichenden Verhalten befürchten zu müssen.
Trotzdem geben Fraktionen den Abgeordneten bei manchen Abstimmungen bestimmte Linien vor – so auch die SPD-Bundestagsfraktion. Die Bundestagsabgeordneten sind für eine Partei zur Wahl angetreten, die für einen bestimmten Kurs steht. Die Wählerinnen und Wähler erwarten, dass wir Abgeordnete von der SPD-Bundestagsfraktion uns gemeinsam für die Beschlüsse und Ziele der SPD einsetzen und diese umsetzen. In der Anlage zur Geschäftsordnung der SPD-Bundestagsfraktion findet sich ein Beschluss zum Selbstverständnis der Fraktion, in dem bestimmt ist, dass die Absicht abweichend vom Beschluss der Fraktion zu stimmen, in der vorherigen Fraktionssitzung bekanntzugeben ist. Wir verstehen die Fraktionssitzung als Ort der Diskussion, der die Möglichkeit bietet, andere Abgeordnete von der eigenen Position zu überzeugen. Allerdings gibt es auch Abstimmungen, bei denen die Abgeordneten die Fraktionsbeschlüsse nicht beachten müssen. Dies war beispielsweise bei ethisch komplexen Sachverhalten wie bei der Abstimmung zum Stammzellengesetz der Fall.

Keinem Mitglied der Bundesversammlung wird vorgeschrieben, einen bestimmten der drei KandidatInnen zu wählen. Die Wahl ist zudem geheim, d.h. es kann nicht überprüft werden, wer welche Kandidatin bzw Kandidaten gewählt hat. Dass der SPD-Vorsitzende dafür wirbt, bei der Wahl zur Bundespräsidentin bzw. Bundespräsidenten für die SPD-Kandidatin zu stimmen, liegt auf der Hand.

Ich werde am 23. Mai 2009 Gesine Schwan wählen. Und ich setze darauf, dass sehr viele andere Mitglieder der Bundesversammlung so wie ich stimmen werden. Denn Gesine Schwan ist eine hervorragende Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin. Sie versteht es, die großen Zusammenhänge in der Politik kompetent zu deuten und unabhängig von alltäglichen parteipolitischen Konflikten konsequent ihre Positionen zu vertreten.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carola Reimann MdB