Frage an Cansel Kiziltepe von Alina L. bezüglich Migration und Aufenthaltsrecht
Warum haben Sie am 04.03.2020 gegen die Aufnahme von nur (!) 5000 besonders schutzbedürftigen Geflüchteten aus dem Lager Moria gestimmt und was gedenken Sie jetzt nach dem Brand zu tun? Wie Sie sicherlich wissen, sagen zahlreiche Kommunen seit Jahren, dass sie genug Platz, Geld und Kapazitäten haben um diese Geflüchteten aufzunehmen. Dass es in Moria zu einer Katastrophe kommen wird, war abzusehen. Jetzt 1.500 Geflüchtete von 13.000 aufzunehmen, ist nicht genug. Bitte nennen Sie mir konkrete Schritte, wie Sie diese für Europa unwürdige Situation beenden.
Sehr geehrte Frau Lebherz,
vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr Engagement.
Wie Sie entsetzt mich die Situation in den griechischen Flüchtlingslagern. Die Bilder und Berichte, die uns seit vielen Monaten erreichen, zeugen von unmenschlichen Zuständen. Die Ausbreitung der Krankheit COVID-19 kam erschwerend hinzu und stellt eine lebensbedrohliche Gefahr dar. Auch ich bin überzeugt, dass wir entschlossen handeln müssen. Unsere Solidarität darf nicht an den nationalen oder europäischen Grenzen enden.
Ich möchte Ihnen verdeutlichen, dass wir uns in der SPD einig sind. Viele sozialdemokratisch regierte Bundesländer und zahlreiche sozialdemokratisch geführte Kommunen wollen mehr Geflüchtete aufnehmen. Auch die SPD Berlin fordert die Aufnahme von mehr Geflüchteten. Weil Bundesinnenminister Seehofer noch immer die Berliner Landesaufnahmeprogramme blockiert, erhebt die Berliner Senatsverwaltung für Inneres sogar Klage gegen das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Auch das Forum Demokratische Linke 21, dessen Vorstand ich angehöre, und die Parlamentarische Linke in der SPD-Bundestagsfraktion fordern die Evakuierung der griechischen Camps. Uns ist bewusst, dass es nicht ausreicht, vereinzelt Geflüchtete aus den überfüllten Camps zu evakuieren und dass sich die Bundesregierung geschlossen für eine humane, solidarische und rechtssichere EU-Asylpolitik einsetzen muss.
Die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag ist sich einig, dass Deutschland deutlich mehr Geflüchtete aufnehmen und jetzt schnell und unbürokratisch handeln muss. Leider sperrt sich die CDU/CSU-Fraktion als größerer Koalitionspartner weiterhin dagegen. Es ist ein Irrglaube, dass die SPD-Bundestagsfraktion einfach nur dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zustimmen müsste und schon kämen die Menschen nach Deutschland. Es ist leider klar, dass für einen solchen Antrag keine Mehrheit gefunden werden kann. Denn es gibt derzeit keine Mehrheit für eine progressive Asylpolitik im Bundestag.
Für mich steht fest, dass wir mehr tun können und müssen. Überzeugt werden müssen der Bundesinnenminister und die CDU/CSU-Fraktion.
Ich danke Ihnen aufrichtig für Ihr Engagement! Selbstverständlich werde ich mich auch weiterhin mit meiner ganzen Kraft für eine menschliche Migrationspolitik einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Cansel Kiziltepe