Frage an Cansel Kiziltepe von Lars C. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrte Frau Kiziltepe,
als Abgeordnete des Wahlbezirks Kreuzberg/Friedrichshain sind Sie sicherlich mit den Entwicklungen und den Problemen rund um den Begriff der Gentrifizierung bestens vertraut.
Gerade in unserem Bezirk lässt sich eine unglaubliche Nachfrage und Spekulation mit Immobilien feststellen, die letztlich zu rasant steigenden (Neu-)Mieten führt und erhebliche soziale Härten und Gefährung der sozialen Mischung Kreuzbergs mit sich bringt.
Diese horrenden Immobilien- und Mietpreise verlocken die Vermieter natürlich dazu, ihre alten, wenig zahlenden Mieter "loszuwerden" und neue, besser zahlende Mietverträge abzuschließen oder die Wohnung als Eigentumswohnung teuer zu verkaufen.
Ein beliebtes Mittel der Vermieter ihre Mieter "loszuwerden", stellen Mieterhöhungen aufgrund von Modernisierungsmaßnahmen nach § 559 BGB dar, wobei der Vermieter eine Maßnahme zur Wertsteigerung der Immobilie dazu nutzen darf, den Mietpreis zu erhöhen.
Meine Fragen lautet daher:
1. Teilen Sie meine Meinung, wonach gerade § 559 BGB das Problem der Gentrifizierung verschärft?
2.Welche konkreten Pläne und politische Ansätze haben Sie persönlich/ hat Ihre Partei zum Thema "bezahlbarer Wohnraum"?
Mit freundlichen Grüßen
Lars Conrad
Sehr geehrter Herr Conrad,
herzlichen Dank für Ihre Fragen.
Zu 1.)
Ich teile Ihre Meinung, wonach der § 559 BGB das Problem der Gentrifizierung verschärft. Wir haben im Wahlkampf eine Absenkung der höchstmöglichen jährlichen Mieterhöhung auf 9% der Modernisierungskosten gefordert. In der Koalition mit der vermieterfreundlichen Union konnten wir im Koalitionsvertrag immerhin eine Absenkung auf 10% erreichen, außerdem haben wir beschlossen dass in Zukunft nach Amortisierung der Modernisierungskosten die Mieterhöhung wieder zurückgenommen werden muss. Diese beiden Maßnahmen werden im Frühjahr 2015 in ein Gesetzespaket einfließen und wohl Anfang 2016 Gesetz werden.
Zu 2.)
Die SPD hat die Mietpreisbremse auf den Weg gebracht. Demnach dürfen Mieten bei Wiedervermietung nicht höher als 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Gerade die von Ihnen angesprochenen exorbitanten Anstiege in Szenevierteln wie Friedrichshain Kreuzberg werden damit von den Mietern entschieden bekämpft werden können. Des Weiteren wird von nun an die Maklergebühr von demjenigen übernommen, der diesen auch bestellt hat. Die Mietpreisbremse wird nach der Zustimmung des Bundesrats im April 2015 in Kraft treten, das Bestellerprinzip bei Maklergebühren am 1.Juni 2015.
Unter Druck der SPD wurden 2014 die Mittel für Städtebauförderung auf 700 Millionen erhöht. Wir haben das Programm „Soziale Stadt“ revitalisiert, um der sozialen Spaltung in arme und reichere Stadtteile entgegenzuwirken. Als Leitprogramm im Rahmen der Städtebauförderung ist die „Soziale Stadt“ mit 150 Millionen Euro Bundesmittel ausgestattet. Wir haben durchgesetzt, dass dieses Programm nach den Kürzungen auf nur noch 28,5 (2011) bzw. 40 Millionen Euro (2012/13) durch Schwarz/Gelb wieder auf ein Niveau kommt, das Quartiere, die besonders von sozialen Problemen geprägt sind, substantiell unterstützt.
Im Haushalt 2015 konnten wir die Mittel für Wohngeld von 500 auf 530 Millionen steigern. Darüber hinaus wurde von unserer SPD-Ministerin Dr. Barbara Hendricks das Bündnis für bezahlbares Wohnen ins Leben gerufen, das Strategien entwickeln wird, wie man in Ballungsgebieten erschwinglichen Neubau schaffen kann, um Druck vom Wohnungsmarkt zu nehmen.
Auf Landesebene setzt sich die SPD-Berlin seit langem intensiv für eine soziale Mietpolitik ein ein. Für den Neubau bezahlbarer Wohnungen wurde ein Fonds von 320 Mio. Euro aufgesetzt, der privaten und vor allem genossenschaftlichen Wohnungsbau unterstützt. Mit der Einführung des Zweckentfremdungsverbots haben wir ein Instrument geschaffen, das der Verknappung von Wohnraum Einhalt gebietet. Seit 2012 haben wir auf Berlinebene ein eigenes Bündnis für soziale Wohnungsbaupolitik und bezahlbare Mieten. Wir haben beschlossen 30.000 Wohnungen für das Land Berlin bis 2016 zuzukaufen um auf 300.000 landeseigene Wohnungen zu kommen, die wir sozialverträglich vermieten können. Außerdem haben wir Kappungsgrenzen bei den Mieterhöhungen in Berlin eingeführt. Damit wird sichergestellt, dass die Miete über einen Zeitraum von 3 Jahren nicht um mehr als 15% erhöht werden kann. Durch die Ausrufung von Milieuschutzgebieten haben wir Mieterhöhungen durch Luxusmodernisierungen unterbunden. Unser neuer Stadtentwicklungssenator, Andreas Geisel, arbeitet gerade an einer Umwandlungsverbotsverordnung, die es in bestimmten Milieuschutzgebieten darüber hinaus untersagt, Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln.
Wir haben also einiges auf den Weg gebracht, nichtsdestotrotz setze auch ich mich dafür ein, dass wir hier in Zukunft noch weit mehr machen sollten. Ziel muss es sein den sozialen Wohnungsbau weit stärker anzukurbeln als bisher, den staatseigenen Wohnungsbestand zu erhöhen und das Instrument Mietpreisbremse noch schlagkräftiger und einfacher zu machen. Dafür werde ich mich in meiner Tätigkeit als Bundestagsabgeordnete in den nächsten Jahren einsetzen.
Ich gehe davon aus, dass ich Ihre Fragen zufriedenstellend
beantwortet habe und verbleibe
mit solidarischen Grüßen
Cansel Kiziltepe