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Burkhardt Müller-Sönksen
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Frage von Daniel F. •

Frage an Burkhardt Müller-Sönksen von Daniel F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo,
wie haben Sie bei der Abstimmung zum Melderecht am 28.06.2012 abgestimmt?
Warum war der Bundestag überhaupt noch beschlussfähig, wenn kaum noch Abgeordnete anwesend waren, wie z.B. die Tagesschau* berichtet?
Warum waren überhaupt kaum Abgeordnete anwesend bei einer normalen Sitzung?

Gruß
Daniel Frank

* http://www.tagesschau.de/inland/meldewesen102.html

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Frank,

vielen Dank für Ihre Frage zur Neuregelung des Melderechts.

Ich setze mich, zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen der bayrischen Landesgruppe der FDP dafür ein , dass ein Vermittlungsverfahren zwischen Bundesrat und Bundestag eingeleitet wird. Wir wollen auf diesem Weg die Einwilligungslösung in das Gesetz bringen. Die Einwilligungslösung war von Anfang meine bevorzugte Lösung der FDP.
Gerne möchte ich Ihnen kurz die Entstehungsgeschichte des Gesetzes darlegen:
Im Rahmen der Föderalismusreform wurde das Meldewesen in die ausschließliche Gesetzgebung des Bundes überführt. Vor dieser Änderung war das Meldewesen Teil der so genannten Rahmengesetzgebung, bei der der Bund für die Länder Richtlinien erlässt, die jedoch nur einen Rahmen darstellen, den die Ländern mit eigenen Gesetzen ausfüllen mussten. Aus diesem Grund gab es bis bisher nur das Melderechtsrahmengesetz (MRRG) und die darauf basierenden Landesgesetze der sechzehn Bundesländer. Die Melderegisterauskunft an Private gab es auch bereits nach der alten Rechtslage im MRRG und war im § 21 geregelt. Demnach wird zwischen mehreren Registerauskünften unterschieden: Die einfache Melderegisterauskunft umfasst Namen und Adressen und wird bedingungslos erteilt, etwa an Adressbuchverlage oder auch andere Privatpersonen oder Unternehmen. Die erweiterte Melderegisterauskunft, die weitere Daten, z.B. das Geburtsdatum enthält, setzt die Glaubhaftmachung eines berechtigten Interesses, also etwa einer vertraglichen Forderung oder der gerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen, des Anfragenden voraus. Gruppenauskünfte über eine Vielzahl von Einwohnern können nach Zugehörigkeit zu bestimmten Merkmalen, z.B. Geburtsdatum, Geschlecht und Anschrift erteilt werden. Die einzelnen Länder haben das MRRG jeweils in Landesrecht gegossen. Hierin gab es meist nur in einzelnen Sonderfällen Widerspruchsmöglichkeiten, das sogenannte Opt-Out, und nie die Möglichkeit einer ausdrücklichen Einwilligung, genannt Opt-In!

Nach der neuen Rechtslage wären ab dem 1.1.2014 Auskünfte aus dem Melderegister zum Zwecke der Werbung und des Adresshandels nur noch zulässig sind, wenn bei der Anfrage dieser Zweck angegeben wurde (§ 44 MeldFortG). Damit wird die Möglichkeit der Melderegisterabfragen eingeschränkt und die Transparenz erhöht. Genau dieser Weitergabe könnten Sie mit dem neuen Gesetz explizit widersprechen. Auf diese Weise stellen Sie sicher, dass die Behörde keine ihrer Daten weitergeben. Sie erhalten somit künftig die Möglichkeit einer Weitergabe der Adresse für Werbezwecke zu widersprechen, entweder bei der Anmeldung, bei der darauf hingewiesen werden muss, oder auch zu jeder anderen Zeit.

Einzige Ausnahme ist § 44 Absatz 3 MeldFortG, in dem geregelt ist, dass Daten, die ein Kunde freiwillig einem Unternehmen überlassen hat auf Anfrage des Unternehmens aktualisiert werden können. Die Grenzen dieser Auskünfte liegen im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), welches sowohl für Behörden, als auch für private Unternehmen gilt. Das BDSG bietet – zu Recht – ein sehr hohes Datenschutzniveau und bestimmt, "Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten sind nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat." (§ 4 BDSG). Darüber hinaus bietet § 35 BDSG jetzt und zukünftig die Möglichkeit der "Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten", die Sie selber bei jedem Unternehmen verlangen können.

Sollte eine Firma entgegen der oben genannte Vorschriften handeln, wäre nach dem neuen Gesetz eine Strafe bis zu 100.000 € möglich. Hinzu kommt, dass auch das BDSG noch weitere Bußgeldvorschriften enthält. Diese empfindlichen Strafen und lautere Geschäftspraktiken werden seriöse Firmen immer davon abhalten, Daten zu veruntreuen.

Ursprünglich war im Regierungsentwurf vorgesehen, dass der Bürger hätte einwilligen müssen, die sogenannte Einwilligungslösung. Dies wurde jedoch im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie in das jetzt beschlossene Widerspruchsrecht geändert.
Ich persönlich hätte die ursprüngliche Fassung bevorzugt, die eine Einwilligung anstelle des Widerspruchs vorgesehen hatte. Dennoch stellt auch das vorgelegte Verfahren der Widerspruchslösung immer noch eine erhebliche Verbesserung zur früheren Rechtslage dar. Dies ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung , auf den aber aus meiner Sicht weitere Schritte folgen sollten.
Auch wenn der Eindruck entstanden sein mag, so ist das Gesetz nicht durch den Bundestag "gepeitscht“ worden. Die erste Lesung hat im Bundestag im April stattgefunden und es ist dann in den Ausschüssen für Innen, Recht und Wirtschaft und Technologie in einem normalen Verfahren beraten worden.

Ich selber war zur Zeit der Abstimmung nicht im Plenum, da ich einen wichtigen Gesprächstermin wahrgenommen habe, denn ich lange bevor die Tagesordnung des Bundestages feststand vereinbart hatte. Grundsätzlich bin ich bemüht nicht nur zu den Debatten zu meinen Fachthemen Kultur-, Medien- und Sicherheitspolitik, sondern auch zu allen Grundsatzdebatten im Plenum des Bundestages anwesend zu sein. Leider ist dies jedoch, aufgrund der Fülle an Terminen, nicht immer möglich. Als Mitglied des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien und des Verteidigungsausschusses ist es für mich besonders wichtig in meinen Fachthemen besonders gut informiert zu sein. Nur durch gute Information und Sachkenntnis sehe ich mich in der Lage die richtigen Entscheidungen im Sinne der Bürgerinnen und Bürger zu treffen. Dieses hat im Umkehrschluss leider zur Folge, dass ich nicht an jeder der Bundestagsdebatten zu anderen Fachthemen teilnehmen kann. Meist bin ich zur gleichem Zeit in Gesprächen mit Bürgern, Wissenschaftlern und vielen weiteren Personen oder ich arbeite mich in die Gesetzestexte ein. Da die Bundestagssitzungen donnerstags in der Regel mehr als fünfzehn Stunden dauern, ist eine dauerhafte Präsenz im Plenarsaal den Abgeordneten die ihre Themengebiete ernstnehmen somit nicht möglich und es entsteht leider der Eindruck, dass die Abgeordneten durch ihre Nicht-Präsenz ihr Mandat nicht ernstnehmen, da sie nicht im Fernsehbild zu sehen sind.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen sehr gerne jederzeit zur Verfügung!

Mit freundlichen Grüßen,
Burkhardt Müller-Sönksen