Frage an Burkhard Peters von Martin L. bezüglich Recht
Lieber Burkhard,
mit Interesse habe ich Deine Antwort auf die Anfrage von Reinhard Pohl vom 25.11.2012 gelsen, in der Du sagtst:
"Zu 1): Eine Spezialbehandlung von Asylanträgen von Roma beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Sinne eines unterstandartmäßigen Schnellverfahrens lehne ich ab."
Dazu meine Frage:
Warum lehnst Du diese Asyl-Schnellverfahren für Roma ab? Weil die doof sind? Oder weil ggf. entscheidende rechtliche Vorbehalte bestehen? ist das vom BAMF gegenüber Roma seit Kurzem betriebene Asyl-Schnellverfahren - innerhalb von 5 Tagen zur Entscheideung bzw. regelmäßig zu Ablehnung des Asylbegeherens wegen nicht asylrelevanten Vortragen zu kommen - Deines Erachtens rechtlich in Ordnung? Oder bestehen verfassungsrechtliche Vorbehalte, weil im Zuge eines solchen Verfahens dem Asylsuchenden nicht die gebotene ausführliche Einbringung eingeräumt wird, das Amt unter diesen Bedingungen außer Stande ist, den Vortrag in aller Ausführlichkeit und zu prüfen und individuell zu entscheiden (allgemeine Textbausteine dominieren die Bescheide ohne ausführlich zum individuellen Vortrag Bezug zu nehmen) und damit regelmäßig der Amtermittlungsgrundsatz verstoßen wird? Ist den an diesem Verfahren beteiligten sonstigen Behörden wie z.B. dem durch Zuführung am Verfahren beteiligten Landesamt für Ausländerangelegenheiten ggf. Kollaboration bei verfassunsgwidrigem Verwaltungshandeln vorzuwerfen?
Oder was meinst Du mit "lehne ich ab"?
Beste Grüße
Martin Link
Lieber Martin Link,
ich lehne die offenbar bereits eingeleitete Entscheidungpraxis des BAMF bei Roma aus Serbien und Mazedonien aus den von Dir dargelegten Gründen ab. Es besteht die erhebliche Besorgnis, dass dem verfassungsrechtlich begründeten Gebot der ausreichenden Gewährung des rechtlichen Gehörs im Rahmen der Amtsermittlung nicht nachgekommen wird. Ein faires Verfahren ist nicht gegeben, wenn das Ergebnis von vornherein feststeht und ohne Erforschung der individuellen Beonderheiten des Einzelfalles eine Textbausteinentscheidung ergeht. Dies kann sich im Einzelfall aber nur aus den entsprechenden Verfahrensakten, insbesondere Anhörungsprotokollen ergeben. In meiner Antwort auf die Frage 4) von Reinhard Pohl hatte ich dargelegt, dass es wegen der extremen Diskriminierung der Betroffenen in ihren Herkunftsländern sehr wohl auf die Erforschung der Beonderheiten des Einzelfalles ankommen muss.Ob die Entscheidungspraxis des BAMF unter den gegenwärtigen Bedingungen wegen Verstoßes gegen die Aufklärungspflicht so verfahrensfehlerhaft ist, dass die entsprechenden Ablehungsbescheide bereits aus diesem Grund rechtswidrig, wenn nicht sogar nichtig sind, muss allerdings im gerichtlichen Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO geprüft werden. Es müsste dieser rechtliche Gesichtspunkt jedoch auch im Gerichtsverfahren vorgetragen werden, weil ich nicht annehme, dass das VG Schleswig von selbst darauf kommt.
Ich würde nicht so weit gehen, dem Landesamt für Ausländerangelegenheiten vorwerfbare Kollaboration zum Verfassungsbruch vorzuwerfen, weil die Zuständigkeitsverteilung zwischen den Behörden nicht dazu führt, dass die eine Behörde die Verfassungsmäßigkeit des Handelns der anderen überprüfen muss. Sollte im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ein Offensichtlich-unbegründet-Entscheidung des BAMF allerdings mit der Begründung des Verstoßes gegen die Amtsermittlungsverpflichtung aufgehoben werden, könnte man bei Fortsetzung der entsprechenden Praxis damit argumentieren.
Herzliche Grüße
Burkhard Peters