Frage an Burkhard Peters von Reinhard P. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Peters,
lieber Burkhard,
seit einiger Zeit treffen in Neumünster vermehrt Flüchtlinge aus Serbien und Mazedonien ein. Zahlenmäßig sind es zwar weniger als die ebenfalls großen Gruppen von Flüchtlingen aus Afghanistan oder Iran, allerdings gibt es dennoch viele öffentliche Diskussionen. CDU/CSU schlagen auf Bundesebene vor, die Visum-Regeln für die beiden Herkunftsländer zu verschärfen und ein spezielles "Schnell-Verfahren" für Visumanträge einzuführen. Außerdem gibt es Vorschläge, das aktuelle Urteil des Verfassungsgerichtes, bei den Sozialleistungen die Menschenwürde zu achten, unterlaufen werden sollte.
Hintergrund scheint vor allem zu sein, dass es sich um Roma handelt.
Die GRÜNEN setzen sich traditionell für Flüchtlinge und für Minderheiten ein. Vermutlich hat es Dich nicht überrascht, dass gerade Roma aus Serbien und Mazedonien seit Herstellung der Visumfreiheit einreisen und Asyl beantragen.
Meine Fragen dazu:
• Wie beurteilst Du die Haltung der Landesregierung, namentlich von Andreas Breitner, der eine Beschleunigung von Asylverfahren speziell für Roma anscheinend positiv gegenübersteht?
• Wie beurteilst Du die Aufspaltung der Frage der "Menschenwürde" in der öffentlichen Diskussion? Siehst Du es auch so, dass bei Roma leichter eine Einschränkung gefordert werden kann als bei anderen Flüchtlingen, ohne auf viel Widerspruch zu stoßen?
• In Neumünster (Landesunterkunft mit Außenstelle des BAMF zur Durchführung des Asylverfahrens) sind jetzt die Asylverfahren für Flüchtlinge aus Syrien ausgesetzt worden, was deren Anerkennung mit dem Recht auf Familiennachzug um Monate verzögert, um Asylanträge von Flüchtlinge aus Serbien und Mazedonien vorzuziehen. Welche Alternative dazu siehst Du?
• Für welche Politik stehen die GRÜNEN in diesem Themenbereich?
Freundliche Grüße
Reinhard Pohl
Lieber Reinhard Pohl,
vielen Dank für die Fragen, die ich wie folgt beantworte:
Zu 1): Eine Spezialbehandlung von Asylanträgen von Roma beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Sinne eines unterstandartmäßigen Schnellverfahrens lehne ich ab.
Zu 2): Menschenwürde ist unteilbar. Diesen eigentlich selbstverständlichen Befund hat zuletzt das Bundesverfassungegericht in seiner Entscheidung zum Asylbewerberleistungsgesetz dem Bundesgesetzgeber noch einmal mit aller Deutlichkeit ins Stammbuch geschrieben. Wenn die CDU zum wiederholten Male meint, in der Bevölkerung latent vorhandene Ressentiments gegen Roma zur Durchsetzung politischer Ziele instrumentalisieren zu müssen (wie z.B. in der Asyldebatte der 90-er Jahre), werde ich dem, wo immer es notwendig ist, entgegentreten.
Zu 3): Ein Aussetzen von Asylverfahren von Flüchtlingen aus Syrien im Interesse des Vorziehens von Entscheidungen über Anträge von Roma aus Serbien und Mazedonien ist nicht hinzunehmen. Die Lage in Syrien ist derartig katastrophal, dass die Flüchtlinge aus diesem Land Anspruch auf eine angemessen zeitnahe Entscheidung haben. Wenn die Behörde zügiger Arbeiten soll, ist mehr Personal vorzuhalten.
Zu 4): Die Grünen stehen für eine Politik der strikten Gleichbehandlung der Roma im Rahmen des Asylverfahrens. Es kommt bei diesen Verfahren sehr wohl auf eine sorgfältige Einzelfallprüfung an, schon allein deswegen, weil das BAMF auch die Fragen des humanitären Abschiebungsverbotes gem. § 60 Abs. 7 AufenthG zu prüfen hat. Angesichts der ausgrenzenden Diskriminierung von Roma in Serbien und Mazedonien in allen Lebensbereichen (Wohnen, Bildung, Gesundheit, Grundversorgung mit Lebensmitteln wie sauberes Wasser etc.) wird in vielen Fällen eine Leibes- und Lebensgefahr im Falle einer Abschiebung in den Wintermonaten geprüft werden müssen.
Herzliche Grüße
Burkhard Peters