Frage an Burkhard Blienert von Thomas W. bezüglich Kultur
Sehr geehrter Herr Blienert,
zurzeit befindet sich die Novellierung des Bundesarchivgesetzes in der parlamentarischen Diskussion.
Als in Westfalen tätiger Archivar würde ich gerne Ihre Einschätzung zu folgenden strittigen Punkten kennenlernen:
1) Kollision von Informationsfreiheitsgesetz (IFG) und Archivgesetz
Die archivrechtliche Schutzfritz auf Archivgut, dass bereits nach dem IFG genutzt wurde, ist einer der Kritikpunkte bei der Novellierung des Archivgesetzes hier sollte im Gesetz selbst oder in den Ausführungsbestimmungen m. E. eine Regelung gefunden werden, die das Archivgut sofort benutzbar macht.
2) BND-Klausel
Es ist aus meiner archivischen Sicht nicht hinnehmbar, dass der BND nicht an das Bundesarchiv abliefern muss. Wer kontrolliert denn dann den BND und das "Spezial"-Archiv, dass sich dann im BND bilden wird. bzw. vermutlich schon gebildet hat?
3) Kassation ohne Zustimmung des Archivs ist ein Offizialdelikt
In der medialen Diskussion wird über eine bußgeldbewährte ordnungsgemäße Aktenführung gestritten. Aus archivischer Sicht ist dies zwar wünschenswert, aber m. E. zu einem schwer durchsetzbar und zu anderen ein möglicher zweiter Schritt in die richtige Richtung. Viel dringender erscheint mit, dass die Aktenvernichtung ohne Zustimmung des Archivs als eigener Strafbtatbestand ein Offizialdelikt wird - wie dies z. B. in Australien und Island schon der Fall ist.
Ihrer Antwort sehe ich mit Interesse entgegen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Thomas Wolf
Sehr geehrter Herr Wolf,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Bundesarchivgesetz. Ich habe mich in der Sache mit der zuständigen Berichterstatterin, MdB Hiltrud Lotze, in Verbindung gesetzt.
Die Novellierung des Bundesarchivgesetz hat das Ziel, die aus dem Jahr 1988 stammenden Bestimmungen, den Anforderungen der modernen Informationsgesellschaft anzupassen und das Bundesarchivrecht insgesamt nutzerfreundlicher zu gestalten. Deswegen werden durch die Neuregelung zum Beispiel Schutzfristen verkürzt und eine Anbietungspflicht implementiert.
Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich zurzeit intensiv mit dem Gesetzentwurf auseinander und hat dabei auch die von ihnen genannten Punkte im Blick. Hier müssen verschiedenen Interessen abgewogen werden – in Bezug auf die Abgabe von Unterlagen der Bundesnachrichtendienste zum Beispiel der Wunsch nach Transparenz und Nachvollziehbarkeit mit innen- und sicherheitspolitischen Bedenken.
Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens hat am 19. Oktober bereits eine öffentliche Anhörung zum vorgelegten Gesetzentwurf stattgefunden, dort wurden auch einige der von Ihnen genannten Punkte angesprochen. Sie können sich die Sitzung hier online ansehen: https://www.bundestag.de/ausschuesse18/a22/oeffentliche_sitzungen/bundesarchivrecht/474656. Zurzeit sind wir in Gesprächen mit der Union und der Beauftragten für Kultur und Medien dabei, für die SPD kritische Punkte am Gesetzentwurf nachzubessern. Dazu gehört zum Beispiel auch die Vereinbarkeit von Informationsfreiheitsgesetz und Archivgesetz. Als SPD sind wir der Überzeugung, dass durch die Novellierung kein Rückschritt in Bezug auf Transparenz und Informationsfreiheit erfolgen darf.
Ich hoffe, Ihnen hiermit erst einmal weitergeholfen zu haben und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Burkhard Blienert, MdB