Frage an Burkhard Blienert von Sönke S. bezüglich Kultur
Sehr geehrter Herr Blienert,
der Entwurf des Kulturgutschutzgesetzes der Bundesregierung, erarbeitet von Frau Prof. Monika Grütters (Beauftragte für Kultur und Medien) wurde jüngst dem deutschen Bundestag zugespielt, im Annex des Entwurfs befindet sich eine Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrats, die vor hohen Kosten und mehr Bürokratie warnt sowie eine Stellungnahme des Bundesrats, welche Verfassungswidrigkeiten des Gesetzesentwurfs (Beschneidung der Kulturhoheit der Länder) rügt. Nach den Gegenstellungnahmen der Bundesregierung ist diese Kritik nicht im Geringsten ausgeräumt. Auf den Deutschen Bundestag kommt viel Arbeit zu, zumal die Kritik von NNK und Bundesländern die Kritik des Kunsthandels z.T. ignorieren und auch die Kritik aus der Naturwissenschaft noch unberücksichtigt blieb.
Per Definition werden in § 2 Abs. 1 Nr. 9 sämtliche Objekte von "paläontologischem Wert" und sämtliche Objekte "von wissenschaftlichem Wert" als Kulturgut definiert und somit allen nachfolgenden Regeln unterworfen. Die Bundesregierung hat ein "Hintergrundpapier Paläontologie" herausgegeben, dem jedoch weiterhin eine steife Brise an inhaltlicher Kritik aus den Naturwissenschaften entgegenweht. Nach meiner Kenntnis wurden keine Kritikpunkte von Paläontologen am bisherigen Regierungsentwurf berücksichtigt und auf das rechtzeitige Einholen von Expertenrat vollständig verzichtet, was sich als schwerer Fehler der Staatssekretärin erweist.
Wird sich die SPD im parlamentarischen Verfahren ausführlich mit Naturwissenschaftlern und Sammlern naturwissenschaftlicher Objekte beraten, um negative Auswirkungen durch ein handwerklich schlecht gemachtes Gesetz zu verhindern?
Wären Sie bereit, interfraktionelle Änderungsanträge notfalls zusammen mit den Oppositionsparteien auch gegen den Widerstand aus der CDU durchzusetzen, soweit ihr Sinn und Zweck im naturw./geow. Bereich unstrittig ist?
Mit freundlichen Grüßen
Sönke Simonsen (Hobby-Paläontologe und Betreiber der Fossilien-Community www.steinkern.de)
Sehr geehrter Herr Simonsen,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage zu den Auswirkungen der geplanten Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes (KGSG) auf Paläontologische Güter.
Die SPD und CDU/CSU haben sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, ein einheitliches und kohärentes Gesetz zu schaffen, welches Kulturgut in Deutschland maßgeblich stärkt. Dieses soll verbesserte Einfuhr- und Ausfuhrbestimmungen umfassen, um deutsches Kulturgut besser vor Abwanderung ins Ausland zu schützen und um unrechtmäßig verbrachtes Kulturgut anderer Staaten effektiver an diese zurückzugeben.
Die Neuregelung des Kulturgutschutzgesetzes in Deutschland soll die EU-Richtlinie 2014/60 vom Mai 2014 zur Kulturgüterrückgabe in nationales Recht umsetzten. Dazu ist Deutschland wie alle 28 Mitgliedsstaaten verpflichtet. Hierbei gilt es die von der EU verwandte Definition von „Kulturgut“ in deutsches Recht umzusetzen, die dezidiert auch paläontologische Güter mit einbezieht.
Ich verstehe den Gesetzentwurf, der am 15.10.2015 vom Bundeskabinett verabschiedet worden ist allerdings so, dass das Gesetz auf die überwiegende Mehrheit paläontologischer Kulturgüter keine praktische Anwendung finden wird. Vielmehr soll das bereits existierende Schutzregime auf herausragende paläontologische Einzelstücke wie z.B. den Archäopteryx in Bayern erweitert werden. Gleichzeitig sollen zukünftig öffentliche Sammlungen, auch paläontologische Sammlungen wie im Naturkundemuseum Berlin, durch Rückgabeansprüche auf Grundlage von Völker- und EU-Recht besser geschützt werden.
Gleichwohl teile ich Ihre Einschätzung, dass es aktuell einige schwierige Details in der Diskussion gibt, die z.T. noch unklar sind und in einem Dialog mit den Beteiligten geklärt werden müssen. Die kontroverse, öffentliche Diskussion erfordert es, im Rahmen des nun beginnenden parlamentarischen Verfahrens sorgfältig die kritischen Einwände zu prüfen.
Aus diesem Grund ist Siegmund Ehrmann, MdB, als zuständiger Berichterstatter unserer Fraktion bereits im Rahmen verschiedenen Formate mit Betroffenen im Gespräch. Darüber hinaus hat er ein unabhängiges Gutachten bei den wissenschaftlichen Diensten des Bundestages in Auftrag gegeben, um die Auswirkungen des jetzt existierenden Gesetzentwurfs auf die Naturwissenschaftler und Paläontologen zu prüfen, das auch die von Ihnen genannten Punkte aufgreift. Zudem wird es hierzu am 25.02.2016 ein Gespräch mit Herrn Ehrmann und Vertretern von Naturwissenschaftlern und Paläontologen geben.
Mit freundlichen Grüßen
Burkhard Blienert, MdB