Frage an Burkhard Balz von Manfred Willi R. bezüglich Verbraucherschutz
"Schönen guten Tag nach Brüssel Herr Abgeorneter Balz.
Ich wende mich an Sie bezw. an die zuständigen Abgeordneten die in dieser Sache verantwortlich sind. Es ist beschloßen das demnächst nur noch versiegelte Olivenölfläschchen in Restaurants auf dem Tisch stehen dürfen.( http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2012:012:0014:0021:DE:PDF )
Ist ähnliches auch bei Essig- der häufig neben offenenem bzw. mittels Korken oder Glasstöpsel verschloßenem da stehenden Olivenöl zu Salatanmachzwecken mit auf dem Tisch steht geplant? Wird diese Verordnung auf Salz - und Pfefferstreuer ausgedehnt oder auf Senfschälchen in den traitionell in Bayern der süsse Senf zur Weißwurs offen und unversiegelt dargereicht wird? Wie werden Kontrollen dahingehend aussehen? Mir scheint. Gibt es bereits Bezugsquellen für Olivenöl in versiegelten Portionsfläschen und sind diese geprüft entsprechend dieser EU Verordnung? Mir scheint das sehr unausgegoren was da beschlossen wurde und praxisfern.Ich schreibe Ihnen das am Tag des Pfingstfestes, dem Fest an dem der Ausgießung des heiligen Geistes gedacht wird. Möge selbiger in diesen Tagen auch über EU Abgeordnete und Institutionen ausgegossen werden die solche Verordnungen hochbezahlt entwerfen, genehmigen und diesen Gesetzesstatus verleihen. Und hoffentlich sind die Portionsfäschen groß genug und nicht versiegelt.
Beste Grüße, M. W. Reichert
Sehr geehrter Herr Reichert,
vielen Dank für Ihre Email vom 19. Mai 2013 bezüglich des Ölkännchenverbots. Ich kann Ihren Unmut sehr gut verstehen und würde Sie daher gerne näher über den aktuellen Sachstand informieren.
Das so genannte Ölkännchen-Verbot ging auf einen Änderungsentwurf der Europäischen Kommission zur Durchführungsverordnung (EU) Nr. 29/2012 "Vermarktungsvorschriften Olivenöl" vom 13. Januar 2012 zurück. Die von der Kommission vorgeschlagenen Änderungen sahen eine Verschärfung der Olivenöl-Kontrollbestimmungen vor, sowie erstmals auch Olivenöl-Vermarktungsvorschriften für den Gastronomiesektor. Im Herbst 2012 legte die Europäische Kommission den Entwurf zur Abstimmung dem Verwaltungsausschuss Obst und Gemüse vor, ein Gremium, in das die europäischen Regierungen Experten entsenden. Die Entscheidungsfindung oblag den Beamten der Mitgliedsstaaten und den Beamten der Europäischen Kommission. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments wurden nicht mit einbezogen.
Neu sowie kritisch zu betrachten bei diesem Entwurf war die Erstreckung der Olivenöl -Vermarktungsvorschriften vom Einzelhandel auf die Gastronomie. Nach der ursprünglichen Verordnung Nr. 29/2012 der Europäischen Kommission müssen die Öle im Einzelhandel eine bestimmte Größe einhalten, sowie mit einem geeigneten Verschluss und bestimmter Etikettierung versehen sein. Diese Bestimmungen sollten mit Inkraftsetzung des Änderungsentwurfs ab 2014 auch in der Gastronomiebranche bindend werden. Ab Beginn nächsten Jahres hätte das altbekannte Ölkännchen europaweit durch etikettierte Einweggebinde ersetzt werden müssen. Die fragwürdige Erneuerung begründete die Kommission mit dem Verbraucherschutz: Nur so könne die Echtheit und Qualität der Öle gewissenhaft gewährleistet werden.
Im Verwaltungsausschuss konnte auf Grund des Widerstandes von Deutschland und zahlreichen weiteren EU-Mitgliedstaaten keine qualifizierte Mehrheit gefunden werden. Die Kommission hat schließlich gemäß Artikel 5, Absatz 4 der EU Verordnung Nr. 182/2011 vom 16. Februar 2011, eigenständig über die Umsetzung des Verbots entschieden. Am 23. Mai 2013 meldete der Agrarkommissar Ciolos, dass die Kommission das umstrittene Verbot von Ölkännchen angesichts heftiger Kritik seitens der europäischen Öffentlichkeit sowie des Europäischen Parlaments zurückziehen würde. Maßgeblich beigetragen zur Entscheidung der Europäischen Kommission hatte ein offener Brief einer Gruppe von Europaabgeordneten an Kommissionspräsident Barroso, Agrarkommissar Ciolos sowie Umweltkommissar Potocnkik und Verbraucherkommissar Borg, den ich ebenfalls mit unterzeichnet habe. In dem Brief appellierten wir an die Kommission bei ihrer Entscheidungsfindung Rücksicht auf die öffentliche Wahrnehmung der EU sowie Umweltbelastungen hinsichtlich anfallenden Verpackungsmülls, zu nehmen. Praxisferne Bürokratiehürden, Lebensmittelverschwendungen sowie Umweltverschmutzungen können nicht der Preis für vermeintlich verbesserte Vermarktungsnormen seien.
Nach meinem Verständnis muss es in jeder Europäischen Institution, obgleich Parlament Kommission, oder Rat, stets von Priorität sein die Interessen der europäischen Bevölkerung mit Blick auf Verhältnismäßigkeit und Praktikabilität bestmöglich umzusetzen, um so politische sowie wirtschaftliche Fragen effizient und nachhaltig lösen zu können. Sinnfreie und realitätsferne Verbote senden dabei jedoch gegenteilige Signale aus und verstärken lediglich das Bild der Europäischen Union als regelwütige Bürokratie. Als christdemokratische Europaabgeordnete konnten wir erfolgreich verhindern, dass die Kommission für uns politisch sowie ökologisch untragbare Entscheidungen über den Köpfen der europäischen Bevölkerung hinweg traf.
Die Zukunft des Ölkännchens ist somit gesichert. Auch ein Verbot von Essigfläschchen, Salz- und Pfefferstreuern oder Senfgläschen ist nicht zu befürchten.
Ich hoffe, dass ich Ihnen hiermit einen guten Überblick verschaffen konnte. Bei Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Burkhard Balz