Wie kann in Zukunft die Pflege der Menschen - angesichts einer alternden Gesellschaft - gesichert werden?
Hallo Frau Hundesrügge,
leider sind sie noch nicht dazu gekommen, meine Frage von vor einer Woche - die Einzige, die hier überhaupt an Sie gestellt wird - zu beantworten. Daher erlaube ich mir ein Nachhaken und möchte dabei meine Fragestellung konkretisieren. Heute sind bereits über 4,1 Mio. Menschen in Deutschland pflegebedürftig. Davon werden 3,3 Mio. zu Hause gepflegt (Zahlen von 2019: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/187679/umfrage/anzahl-der-pflegebeduerftigen-in-deutschland/. Angesichts der geburtenstarken Jahrgänge der 1960er Jahre und der nach wie vor fehlenden Pflegekräfte ist mit einer deutlichen Steigerung der Anzahl absolut, insbesondere der zu Hause gepflegten, zu rechnen. Was tut Ihre Partei im Falle einer Regierungsbeteiligung, damit dieses "System" nicht kollabiert und zu Pflegende schlichtweg nicht mehr versorgt werden?
Sehr geehrte Frau Reutner,
danke für Ihr Interesse an den Positionen der FDP. Bitte finden Sie hier den Auszug aus unserem Wahlprogramm zum Thema Pflege:
Pflegebedürftigkeit kann jede und jeden treffen – ob durch Unfall, Krankheit oder im Alter. Dann vertrauen wir auf eine menschliche und qualitativ hochwertige Pflege. Allerdings haben wir in Deutschland einen dramatischen Mangel an Pflegefachkräften, die dadurch oftmals überlastet sind und den eigenen Ansprüchen an ihre Arbeit nicht gerecht werden können. Das ist frustrierend und führt nicht selten zu Burn-out und zur Berufsaufgabe. Wir Freie Demokraten wollen dem entgegenwirken und wieder mehr Zeit für Zuwendung ermöglichen – durch einen umfassenden Bürokratieabbau, bessere Arbeitsbedingungen und die Nutzung digitaler Potentiale im Pflegebereich. Wichtig ist uns dabei vor allem eines: Die beruflich Pflegenden an zentraler Stelle in die Erarbeitung der nötigen Reformen einzubinden und so ihre fachliche Expertise zu nutzen.
Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessern
Wir Freie Demokraten fordern bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege. Darum wollen wir von der Bildung über eine bedarfsgerechte Personalbemessung bis hin zu mehr Karrierechancen dafür sorgen, dass der Beruf wieder attraktiver wird. Nur so können wir den Personalmangel an seinem Ursprung angreifen und mehr Personal in die Versorgung bringen. Geben wir den Pflegenden wieder Zeit und Raum für ihre Arbeit!
Reform der Pflegeausbildung
Wir Freie Demokraten wollen mehr digitale Inhalte, eine Stärkung der pflegerischen Kompetenzen und eine leistungsgerechte Durchlässigkeit in Pflegeberufen. Denn Pflege ist ein hoch anspruchsvoller Beruf: empathisch und sozial, aber gleichzeitig zunehmend durch technologische Entwicklung geprägt. Das muss sich auch in der Ausbildung wiederfinden. Wir wollen Pflegenden ihre Berufsbiographie von der Assistenzkraft bis zur Pflegeprofessur selbst in die Hand legen. Machen wir den Weg frei für diese Entwicklung! Wir setzen uns zudem für die Ausweitung von Pflegewissenschaften an den Hochschulen ein, sodass auch ein (duales) Studium für den Pflegebereich das Berufsfeld für neue Personengruppen öffnen kann. Der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen darf nicht zulasten der Auszubildenden gehen. Diese müssen die Möglichkeit bekommen, adäquat praktisch ausgebildet zu werden. Sie dürfen nicht zu „Lückenbüßern” werden. Zur Berechnung des Pflegeschlüssels sollen Auszubildende künftig nicht mehr herangezogen werden.
Bedarfsgerechte Pflege statt starrer Quoten
Wir Freie Demokraten setzen uns für eine bedarfsgerechte Versorgung ein und fordern die Abkehr von reinen Pflegepersonal-Untergrenzen. Pflege muss sich am Bedarf der Menschen orientieren, nicht an starren Regeln. Daher brauchen wir ein Instrument wie die „Pflegepersonal-Regelung 2.0“ und einen ausgewogenen Qualifikationsmix.
Digitalisierungsschub und Entbürokratisierung für die Pflege
Wir Freie Demokraten wollen die Arbeit in der Pflege durch digitale Anwendungen, Automatisierung sowie Robotik unterstützen und Pflegende dadurch entlasten. Von der elektronischen Patientenkurve über die automatisierte Medikamentenausgabe bis hin zu robotischen Lagerungshilfen ist vieles möglich. Digitale Anwendungen können maßgeblich zur Erleichterung des Arbeitsalltags pflegender Personen beitragen. Sie helfen gleichzeitig, Risiken für Pflegebedürftige, beispielsweise bei Medikationsänderungen, zu vermeiden.
Pflegende Angehörige entlasten
Wir Freie Demokraten fordern den Ausbau von Kurzzeitpflegeplätzen. Denn pflegende Angehörige sind eine tragende Säule der pflegerischen Versorgung in unserem Land. Sie benötigen dringend mehr Unterstützung und niedrigschwellige Beratungsangebote. Kurzzeitpflegeplätze sollten über ein Online-Register einsehbar sein. Insbesondere zur Unterstützung der Betreuung von Menschen mit Demenz braucht es mehr aufsuchende Beratung und den Ausbau demenzfreundlicher Quartiere. Und auch in der häuslichen Versorgung kann mit digitalen Anwendungen und Telepflege eine Entlastung geschaffen werden. Gerade in ländlichen Gebieten könnten wir dadurch eine gute Versorgung im gewohnten Umfeld länger möglich machen.
Liberales Pflegebudget einführen
Wir Freie Demokraten fordern die Einführung des Liberalen Pflegebudgets. Jede Person soll selbst entscheiden können, welche Hilfe und Leistungen bei der Gestaltung des Alltags am besten sind. Dazu wollen wir alle Leistungsansprüche der jeweiligen Pflegegrade in ein monatliches Pflegebudget überführen, über das unbürokratisch und transparent verfügt werden kann.
Drei-Säulen-Modell für Pflege
Wir Freie Demokraten setzen uns für eine nachhaltige, generationengerechte Finanzierung der Pflege ein. An der Pflegeversicherung als Teilleistung ist festzuhalten und sie ist zudem durch Kapitaldeckungselemente zu ergänzen. Wie auch bei der Rente wollen wir ein Drei-Säulen-Modell für die Pflege einführen – bestehend aus der sozialen Pflegeversicherung sowie aus privater und betrieblicher Vorsorge. Insbesondere der Ausbau von betrieblichen Modellen zur Pflegezusatzvorsorge ist zu unterstützen. Eigenverantwortung endet nicht bei der Pflegebedürftigkeit. Mit Blick auf den demographischen Wandel sowie die Entwicklung der Sozialabgaben ist es unvertretbar, die Pflegefinanzierung allein auf zukünftige Generationen abzuwälzen.
Beste Grüße von
Britta Hundesrügge