Frage an Brigitte Zypries von Gerda F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Zypries,
es hat mich sehr gefreut, zu lesen, dass Sie die vielfach geäußerten Bedenken, die "Kinderporno"-Sperren könnten Begehrlichkeiten bei anderen Organisationen mit Interesse an zensurähnlichen Infrastrukturen wecken, teilen. So viel Weitblick zeigen leider einige Ihrer Kollegen nicht. Ich bin gespannt und zuversichtlich gegenüber den Maßnahmen, die Sie deshalb ergreifen werden. Ich möchte jedoch auch in Frage stellen, ob die Schaffung derartig missbrauchsgefährdeter Mechanismen in einem Rechtsstaat angemessen ist. Besonders die fehlende Überprüfbarkeit der Sperrlisten halte ich hierbei für bedenklich. Transparenz ist meines Erachtens ein Grundpfeiler einer modernen Demokratie. Eine vergleichbare Intransparenz ist mir in Deutschland bislang nur von laufenden Ermittlungen bekannt, wo sie nach einem Anfangsverdacht zum Schaden der Betroffenen wirkt. Hierbei ist die Verhältnismäßigkeit glücklicherweise meist sichergestellt. Die nun debattierte Verfahrensweise macht jedoch große Teile der Bevölkerung pauschal zu Geschädigten einer nicht überprüfbaren Maßnahme.
Haben Sie Vorschläge oder besser noch konkrete politische Vorhaben, um diese Problematik anzugehen und die Maßnahme für die Bürger vertrauenswürdiger zu gestalten? Was spräche gegen einen Richtervorbehalt für die zeitweilige Aufnahme einer Internet-Adresse auf die Sperrliste? Der Richter könnte hierbei die Rechtmäßigkeit prüfen, sowie Möglichkeiten von zielgerichteteren Maßnahmen.
Ich bedanke mich im Vorfeld schon für Ihre Aufmerksamkeit. Ich bin mir sicher, dass Sie kompetent und sachbezogen dazu Stellung nehmen werden, da Sie durch Ihre bisherigen Antworten auf abgeordnetenwatch.de bereits bewiesen haben, dass Ihnen ein offener Dialog mit Bürgern am Herzen zu liegen scheint. Ich rechne Ihnen das hoch an, da so ein wertvoller Schritt gegen Politikverdrossenheit und hin zu mehr Demokratie gegangen wird.
Mit freundlichen Grüßen,
Gerda Feldmaier
Sehr geehrte Frau Feldmaier,
vielen Dank für Ihre freundlichen Zeilen. Ich kann verstehen, dass der Entwurf des Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen in der öffentlichen Diskussion erheblichen Vorwürfen ausgesetzt ist. Zu diesen möchte ich Sie auf die Antwort an Herrn Jaksch auf dessen Frage vom 18. April 2009 verweisen.
Mein Haus prüft derzeit weitere Möglichkeiten, um das Verfahren transparenter zu gestalten - denn ich teile Ihre Meinung, dass Transparenz die beste Sicherheit für die Verhinderung von Mißbrauch ist.
Ein Richtervorbehalt erscheint mir allerdings nicht zwingend geboten. Eine solche Prüfung durch eine neutrale Instanz ist insbesondere bei Maßnahmen von Bedeutung, die geheim sind und daher niemandem – insbesondere nicht dem Betroffenen – bekannt werden. Ein solcher Fall liegt hier aber gerade nicht vor, da die gelisteten Seiten für alle deutschen Nutzer unter ausdrücklichem Hinweis auf die Sperrung unzugänglich sind, was sicher stellt, dass eine breite Öffentlichkeit von der Maßnahme Kenntnis erlangen kann, darunter auch der Betreiber der gesperrten Seite. Auch kann dieser nach dem Gesetzentwurf Auskunft vom BKA darüber erhalten, ob und in welchem Zeitraum sein Angebot gelistet ist oder war. Es muss zudem bezweifelt werden, dass eine solche richterliche Prüfung vor der Listung angesichts der (werk-)täglichen Überarbeitung der Liste im Sinne eines wirkungsvollen Rechtschutzes zu realisieren wäre.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries