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Frage von Pierre K. •

Frage an Brigitte Zypries von Pierre K. bezüglich Verbraucherschutz

Frau Ministerin,

nachfolgende Frage kann derzeit kein Rechtsanwalt beantworten. Einzelne Kanzleien mahnen Verstöße gegen das UrhG ab. Um jetzt das “gewerblichen Ausmaß“ zu erreichen, wird der eine Künstler unter Verwendung des Titels auf einer Sampler genannt, um an den begehrten Richterbeschluss zu gelangen. Aber es werden hier regelmäßig durch die sog. Logg-Firma der komplette Sampler zur Beweissicherung ganz oder teilweise heruntergeladen, aber nur der einzelne Titel später abgemahnt - da man nur an diesen die Rechte inne hat-.
Jetzt gibt es zwei Meinungen.

(1) Abmahner/rin:

- Da diese Handlung im Übrigen auch im Interesse der betroffenen Rechteinhaber ist, ist wohl auch nicht damit zu rechnen, dass Rechteinhaber den nach § 109 UrhG erforderlichen Strafantrag stellen oder eine Strafermittlungsbehörde ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung für gegeben erachten wird. Warum sollte das Urheberrecht die legitime und gebotene Verfolgung der vom Urheberrecht geschützten Interessen behindern, wenn hierdurch wirtschaftlicher Interessen Dritter materiell gar nicht berührt werden sowie umgekehrt besitzt auch jedes dieser Label das Recht, gegen ein derartiges illegales Angebot vorzugehen und dazu die notwendigen Beweise zu erheben. Im Zivilrecht und im Strafrecht gibt es Rechtfertigungsgründe, die nicht nur eine Bestrafung ausschließen, sondern dazu führen, dass bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen überhaupt keine Rechtsverletzung vorliegt, obwohl in die Rechte anderer eingegriffen wurde.

(2) Betroffene:

Das Gesetz gilt für alle sowie vor den Gesetz sind alle gleich. Man darf nicht, um einen Verstoß zu verhindern bzw. zu dokumentieren, selbst Verstöße gegen anderen ihre Rechte tätigen. Das würde bedeuten, ein V-Mann darf im verdeckten Einsatz viele Personen töten um einen Mörder zu überführen. Jetzt meine Frage. Darf ein Rechteinhaber, um eigene Verstöße zu verfolgen und zu dokumentieren, selbst Urheberrechtsverletzungen tätigen und fallen diese Beweise?

P. K.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Kräußlich,

wer ohne Erlaubnis des Rechtsinhabers urheberrechtlich geschützte Werke nutzt, indem er diese Werke aus dem Internet herunterlädt und speichert, handelt grundsätzlich rechtswidrig. Nur wenn eine Schranke des Urheberrechts eingreift, fehlt es schon am Tatbestand einer Urheberrechtsverletzung. Wenn keine Schranke eingreift, kann das eigentlich rechtswidrige Handeln dennoch unter bestimmten Umständen im Einzelfall gerechtfertigt sein. Hierfür muss ein Rechtfertigungsgrund eingreifen.

Das von ihnen beschriebene Handeln bestimmter Ermittler wird in der Regel im Hinblick auf die Werke rechtswidrig sein, an denen der Auftraggeber des Ermittlers keine Rechte hat. Das Handeln des Ermittlers fällt jedenfalls unter keine Schranke des Urheberrechts. Auch nach den allgemeinen Regeln des Zivilrechts ist das Verhalten nicht gerechtfertigt, da kein Rechtfertigungsgrund wie etwa der Notstand nach § 228 BGB Anwendung findet.

Allerdings kann der Rechtsinhaber, dessen Werke betroffen sind, das Handeln der ermittelnden Firma bzw. das Handeln der Mitarbeiter im Nachhinein genehmigen. Mit der nachträglichen Genehmigung besteht keine Rechtswidrigkeit mehr.

Grundsätzlich gilt, dass für die Beweismittel, die eine Partei rechtswidrig erlangt hat, nicht in jedem Fall ein Verwertungsverbot vor Gericht besteht. Vielmehr entscheiden die Gerichte diese Frage jeweils im konkreten Fall. Hierfür hat sich zu bestimmten Fallgruppen eine Judikatur herausgebildet, an der sich die Praxis in der Regel orientiert. Bitte haben Sie Verständnis dafür, wenn ich den konkreten Fall in meiner Eigenschaft als Bundesjustizministerin nicht bewerten kann. Dies ist grundsätzlich Aufgabe der rechtsberatenden Berufsgruppen.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries