Frage an Brigitte Zypries von Udo V. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Zypries,
Sie werden heute auf heise.de im Zusammenhang mit den Internetsperren wie folgt zitiert [1]:
"Eine Strafbarkeit liege schon in dem Moment vor, wenn nicht nachgewiesen werden könne, dass es sich um ein Versehen oder eine automatische Weiterleitung gehandelt habe."
Ich habe zu dieser Aussage (ich gehe davon aus, dass Sie richtig ztiert worden sind), die folgenden Frage, um deren konkrete Beantwortung ich bitte:
Ich bin kein Jurist, jedoch erscheint mir ihre oben zitierte Aussage eklatant der Unschuldsvermutung zu widersprechen. Ich bin bislang davon ausgegangen, dass es ein grundlegendes Prinzip unseres Rechtsstaates und der Menschenrechte im allgemeinen ist, dass niemand seine Unschuld beweisen muss, sondern dass ihm vielmehr eine Schuld nachgewiesen werden muss. Könnten Sie mir dies im Zusammenhang mit Ihrer obigen Aussage erläutern? Welchen Grund hat es, dass Sie die Aussage dieser Form, und nicht etwa in der Form: "Eine Strafbarkeit liegt vor, sofern nachgewiesen werden kann, dass die Webseite besucht wurde, um sich kinderpornografische Bilder und Schriften zu beschaffen?"
Vielen Dank und freundliche Grüße,
Sehr geehrter Herr Vogt,
leider werden Äußerungen in den Medien oft überspitzt dargestellt. Selbstverständlich muss niemand seine Unschuld nachweisen, das würde fundamentalen Prinzipien des Rechtsstaats widersprechen. Für eine Strafbarkeit nach § 184b Abs. 4 Satz 1 des Strafgesetzbuches (Erwerb kinderpornographischer Schriften) muss dem Beschuldigten daher nachgewiesen werden, dass er es vorsätzlich unternommen hat, sich den Besitz von Schriften (hierzu zählen auch Abbildungen, Filme und Datenspeicher) zu verschaffen, die sexuelle Handlungen von, an oder vor Personen unter 14 Jahren zum Gegenstand haben und ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben. Ob das der Fall ist, ist jeweils eine Frage der genauen Umstände des Einzelfalles.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries