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Frage von Johannes B. •

Frage an Brigitte Zypries von Johannes B. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Zypries,

ich bin Jugendschöffe und Ausbilder von Jugendlichen und habe da mal eine Frage zu unserem Rechtsverständnis unseres Rechtsstaates:

Stimmen Sie der Aussage zu, dass das Recht eines der Grundpfeiler des inneren Friedens eines Gemeinwesens darstellt, auch und gerade um Gewalt (Selbstjustiz) der ansonsten Ohnmächtigen zu vermeiden?

Aus Ihrer unterstellten Zustimmung drängen sich dann allerdings geradezu folgende Fragwürdigkeiten (im Wortsinn "würdig zu fragen" ) auf:

Die Justiz ist in jeder Phase des Verfahrens aufgerufen auf eine - so genannte - gütliche Einigung (Vergleich) hinzuwirken und somit ihren eigentlichen Auftrag der "Rechtsprechung" letztlich zu verhindern. Richtig?

Berufungen finden darüber hinaus in der Regel nicht mehr als Überprüfung richterlicher Überzeugungen der Vorinstanz statt. Richtig?

Richter sind in Ihren be-Urteil-ungen nach ihrer "freien Überzeugung" frei. Richtig?

Absprachen zwischen Prozessbeteiligten - sogenannte "Deals" - werden von der Ausnahme zur rechtsprechungsunterlaufenden Regel. Richtig.

Wie ist dann sichergestellt, dass ein - sagen wir mal kess - "Richter Faulpelz" sein Recht auf "freie Überzeugung" nicht als seine "Freiheit zur eigeninteressenverfolgenden Willkür" missbrauchen kann?

Konkret:
In welchem Verhältnis stehen Urteile zu LASTEN derjenigen Partei die einen richterlichen Vergleichsvorschlag ablehnte, zu denen die dann trotzdem zu deren Gunsten ausfielen?

Wieviele Verurteilungen von Richtern wegen Rechtsbeugung gab es in den letzten 20 Jahren in Deutschland?

Herzlichen Dank für Ihre Antwort, die sich bestimmt auf die Qualität meiner als Multiplikator wirkenden Arbeit auswirken wird.

Mit freundlichen Grüßen
Johannes Bard

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Bard,

Ihre Thesen zur Rechtspflege teile ich weitestgehend nicht. Auf Ihre konkreten Fragen möchte ich Ihnen Folgendes mitteilen:

Daten zur Rechtspflege werden auf Ebene der Länder erhoben und von dem Statistischen Bundesamt herausgegeben. Die Statistik weist in erster Linie Daten zur Geschäftsbelastung der Gerichte sowie zum Umfang und zur Art der Erledigung aus. Allerdings wird darin nur der Anteil der durch Vergleich erledigten Verfahren ausgewiesen. Die Fälle, in denen ein gerichtlicher Vergleichsvorschlag abgelehnt wurde, werden statistisch nicht erfasst. Dementsprechend existieren auch keine Zahlen dazu, zu wessen Gunsten ein Urteil ausging, das nach Ablehnung eines gerichtlichen Vergleichsvorschlages erlassen wurde.

In den Jahren 1996 bis 2006 gab es 90 Verurteilungen wegen Rechtsbeugung . Bis zum Jahre 1995 einschließlich wurden Verurteilungen wegen dieses Deliktes in der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Strafverfolgungsstatistik nicht gesondert erfasst, so dass für den vor 1996 liegenden Zeitraum keine Angaben gemacht werden können. Zu beachten ist jedoch, dass sich die Zahlen ausschließlich auf das Gebiet der früheren Bundesrepublik einschließlich Gesamt-Berlin beziehen. Die Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind in dieser Statistik nicht erfasst. Des Weiteren wird in der Statistik nicht danach differenziert, ob es sich bei der verurteilten Person um einen Richter oder eine andere in § 339 StGB benannte Person (Amtsträger oder Schiedsrichter) handelt. Der Statistik ist demnach nicht zu entnehmen, wie viele Richter wegen Rechtsbeugung verurteilt worden sind. Weitere Angaben liegen nicht vor.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries