Frage an Brigitte Zypries von Frank B. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Zypries,
ich beglückwünsche Sie nachträglich zu der Entscheidung, dass sich Europa zukünftig härter gegen Rassismus einsetzt. http://www.dolomiten.it/nachrichten/artikel.asp?ArtID=128866&p=4&KatID=f
Warum dauert die Umsetzung auf Mitgliedstaatenebene so lange? Gibt es Widerstand im Bundestag?
Erfreulich finde ich den Zusatz: „Ähnlich soll bestraft werden, wer einen Völkermord oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet oder verharmlost.“
Wie hat die türkische Regierung auf diese Entscheidung reagiert? Gibt es dazu schon die ersten Reaktionen? In einem Artikel der Welt ( http://www.welt.de/wams_print/article2628125/Brauchen-wir-organisierte-Islamkritiker-in-NRW.html ) konnte ich vor Monaten folgende Zeilen lesen: „DITIB-Imame werden vor ihrer Entsendung nach Deutschland geschult, den türkischen Völkermord an bis zu 1,5 Millionen christlichen Armeniern und Chaldäern zu leugnen.“
Wie wird sich das neue Gesetz auf die Imame in den DITIB-Moscheen auswirken? Müssen Imame eine Verhaftung befürchten, wenn sie weiterhin den Völkermord an den Armeniern leugnen?
In wiefern wird sich der § 130 StGb ändern? Beabsichtigen Sie zukünftig Deutschenfeindlichkeit unter Strafe zu stellen? Warum fehlte es unseren Gesetzgebern bisher an Entschlossenheit, etwas gegen Deutschenfeindlichkeit zu unternehmen? Sollen verbale Anfeindungen durch Ausländer an Deutsche weiterhin hinnehmbar sein? Warum ist in Deutschland eine Beleidigung durch Ausländer an Deutsche straffrei, aber umgekehrt eine Beleidigung oder gar Volksverhetzung?
In der Hoffnung, dass das Gesetz gegen Rassismus die Artikel 3 und 5 berücksichtigt, verbleibe ich
mit freundlichen grüßen.
Frank Borgmann
Sehr geehrter Herr Borgmann,
Ihre Freude über die Verabschiedung des Rahmenbeschlusses zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksweisen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit durch den Rat der Justiz- und Innenminister am 28. November 2008 teile ich. Die Europäische Union hat mit dem Rahmenbeschluss die klare politische Botschaft abgegeben, dass Europa den Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gemeinsam führt und ernst nimmt. Bis November 2010 müssen die Mitgliedstaaten den Rahmenbeschluss in nationales Recht umgesetzt haben. Das deutsche Strafrecht entspricht den Vorgaben des Rahmenbeschlusses bereits weitgehend.
Die Leugnung von Völkermord kann in Deutschland, je nachdem wie und in welchem Zusammenhang entsprechende Äußerungen getätigt werden, durch §130 (Volksverhetzung), § 131 (Gewaltdarstellung), § 140 Nr. 2 (Belohnung und Billigung von Straftaten), §§ 185, 194 (Beleidigung) oder § 189 (Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener) des Strafgesetzbuches (StGB) sanktioniert werden. Die Strafbarkeit nach diesen Vorschriften ist unabhängig davon, ob der Täter Deutscher oder Ausländer ist.
Für die Strafbarkeit macht es selbstverständlich keinen Unterschied, ob sich die Beleidigung gegen einen Deutschen oder gegen einen Menschen anderer Staatsangehörigkeit richtet. Anders als Sie meinen, ist deshalb eine Beleidigung eines Deutschen durch einen Ausländer keineswegs straffrei.
Für die Einführung eines Straftatbestands, der explizit Deutschenfeindlichkeit unter Strafe stellt, besteht folglich keine Notwendigkeit. Es gibt auch keinen Straftatbestand der speziell „Ausländerfeindlichkeit“ unter Strafe stellt.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries