Frage an Brigitte Zypries von Manfred P. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Justizministerin.
Am Donnerstag, den 2.4.09 gab es im ARD-Magazin „Monitor“ (sollte übrigens immer von Politikern angesehen werden) einen Beitrag, wie die Arbeitsverwaltung eine Verkäuferin dazu genötigt hat, eine Arbeitstelle zum Stundenlohn von € 4,50 anzunehmen.
Erst nach einem Prozess von 2 Jahren (!), stellte das Landesarbeitsgericht fest, dass es einem Arbeitnehmer unzumutbar ist, einen solchen Dumpinglohn zu akzeptieren.
Erst daraufhin zeigte der zuständige Behördenleiter etwas Reue, allerdings sehr gedämpft.
Dieser Vorgang zeigt mal wieder, wie Behörden – speziell die Arbeitsverwaltung, aber auch andere - schamlos und unverfroren Druck auf Bürger ausüben. Das trifft besonders deshalb zu, weil sich Behörden oft mit einem Gerichtsurteil in erster Instanz nicht zufrieden geben, sondern – koste es den Steuerzahler was es wolle – versuchen, in zweiter Instanz doch noch ihre Fehlentscheidung bestätigt zu bekommen. Dieser Rechtszug wird sehr oft schon allein deswegen ausgenutzt, weil darauf spekuliert wird, dass dem Bürger vorher finanziell die Luft ausgeht.
Meine Frage an Sie, Frau Minister:
Halten Sie ein solches Verfahren für sozial vertretbar?
Wäre es nicht aus vielen Gründen besser, einer Behörde wäre der 2. Rechtszug nicht möglich? (Vielleicht mag es genau definierte Ausnahmefälle geben.)
Wäre das nicht auch eine weitere Möglichkeit, die deutschen Gerichte zu entlasten?
Würden Sie sich vielleicht bemühen, diese bestehende Regelung abzuschaffen?
Wenn Sie Beispiele benötigen, wie diese Möglichkeit dauernd von Behörden gegen den Bürger ausgenutzt werden, kann ich Sie damit ausreichend versorgen – ein Freund von mir ist als Sozialanwalt tätig.
Mit freundlichem Gruß
Manfred Pfirrmann
Sehr geehrter Herr Pfirrmann,
die von Ihnen vorgeschlagene Änderung, bei gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Bürgern und Behörden für die Behörde grundsätzlich die Möglichkeit auszuschließen, gegen erstinsanzliche Entscheidungen Rechtsmittel einzulegen, halte ich nicht für sinnvoll.
Der von Ihnen zur Begründung herangezogene Druck, den die Kosten für eine weitere Instanz für die Bürger mit sich bringen, wird über die Regelung zur Prozesskostenhilfe ausgeglichen. Danach wird auch mittellosen Bürgern der Rechtsschutz vor allen gerichtlichen Instanzen ermöglicht. Zudem hat die Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen in einer höheren Instanz wichtige Funktionen. Die Urteile von Obergerichten sind beispielsweise bedeutsam für die Fortbildung des Rechts und für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung. Im übrigen haben Behörden die Aufgabe, nach Maßgabe der Gesetze öffentliche Interessen zu vertreten und durchzusetzen. Daher ist es ein Gebot der Gleichheit, dass Behörden gegen Entscheidungen, die sie aus ihrer fachlichen Sicht nicht akzeptieren können, auch Rechtsmittel einlegen dürfen. Eine Beschränkung der Rechtsmittelmöglichkeiten für Behörden scheint mir daher nicht der richtige Weg zu sein, auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Entlastung der Gerichte. Sofern Sie auf die Dauer des gerichtlichen Verfahrens in dem von Ihnen angeführten Sachverhalt hinweisen, kann ich Ihnen versichern, dass die Justiz in Deutschland in der überwiegenden Zahl der Fälle zügig arbeitet. Verfahrensstatistiken belegen, dass sich die Dauer der gerichtlichen Verfahren im Rahmen dessen bewegt, was als schnelle Erledigung bezeichnet werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries